Wie lassen sich Alternative Anlagen dem Privatkundenmarkt zugängig machen?

Die EZB hob die Zinsen in diesem Jahr deutlich an und viele Privatanleger wurden dadurch verunsichert, Aktien und Anleihen waren unter Druck.

Alternative Anlagen wie zum Beispiel Private Debt, Private Equity oder Infrastruktur bieten aufgrund ihrer sehr langfristigen Orientierung einen Ausgleich, da diese Anlageklassen in der Regel weniger stark im Wert schwanken. Führten diese im Jahr 2000 noch weitgehend ein Schattendasein bei deutschen Banken, haben heutzutage bereits drei Viertel von ihnen sogenannte Alternatives in ihrem Eigenbestand (Depot A). Alternative Anlagen bieten Diversifikation, attraktive langfristige Renditen und ein Engagement für eine nachhaltigere Zukunft. Ob Windkraft oder Solarenergie, Schulen oder Krankenhäuser – oft können Großanleger damit neben einer finanziellen Rendite auch eine sogenannte Impact-Rendite erzielen. Ihre Investitionen können einen messbar positiven Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft haben.

Kleinanlegern jedoch sind diese Anlageformen bislang aus mehreren Gründen weitgehend verschlossen: Im Unterschied zu Aktien und Anleihen sind Alternatives klassische Langfristanlagen, die kaum liquide sind. Zudem wirken hohe Mindestanlagebeträge als Hürde. Hinzu kommt, dass Alternatives in der Regel ein Mindestmaß an Investmentexpertise und Risikomanagement voraussetzen, über die die Mehrheit der Privatanleger nicht verfügt.

Die Alternatives-Police könnte der Lebensversicherung das „Kümmerer-Gen“ zurückgeben

Wie wir alle wissen haben auch Kapitallebensversicherungen lange Laufzeiten. Vor dem Hintergrund einer gesicherten und stabilen Altersvorsorge sind Verträge mit 25 oder 30 Jahren keine Seltenheit. Und eine weitere Eigenschaft teilen sich Alternatives und Lebenspolicen: Sie sind deutlich weniger volatil als Aktien und Anleihen. Lebensversicherungen haben in der Niedrigzinsphase jedoch Federn gelassen, müssten jetzt aber, so die Hoffnung der Versicherer, wieder attraktiv werden, da es wieder Zinsen gibt. Das ist gut möglich. Aus Sicht der Kunden ist es aber Fakt, dass sich aufgrund der langen Vertragslaufzeiten steigende Kapitalmarktzinsen leider nur sehr langsam in der Garantieverzinsung wiederfinden. So liegt die Garantieverzinsung bei Neuabschluss, die einmal vier Prozent betrug, aktuell immer nur noch bei nur 0,25 Prozent. Hinzu kommt die Belastung der gesetzlichen Zins-Zusatz-Reserve, aus Zeiten, in denen die früheren Zinsgarantien über dem Marktzins gelegen haben. Eine laufende Verzinsung von aktuell um die zwei Prozent ist daher vielen Vorsorgesparern zu wenig. Wirklich lukrative Alternativen, die auch ein hohes Maß an Sicherheit bringen, finden sich aktuell nicht.

Demokratisierung des Alternative-Universums

Versicherer und Alternatives-Anbieter sind nun gerade dabei, eine echte Alternative zur Kapitallebensversicherung auf den Markt zu bringen. Erste Gespräche verlaufen bereits vielversprechend. Vor allem den Markt der Einmalbeitragszahler haben Produktentwickler hier im Blick: Eine Alternatives-Police sollte Versicherer in erster Linie vor Solvency II-Verpflichtungen bewahren, die bei Lebenspolicen als Belastung, vor allem bezogen auf Regulierung und Reporting-Anforderungen, gesehen werden. Eine gangbare Möglichkeit könnte etwa darin bestehen, Alternatives in Form einer Police als gut diversifizierte Multi-Asset-Lösung Anlegern zu öffnen, was von Experten als „Demokratisierung des Alternative-Universums“ bezeichnet wird.

Grundsätzlich sind alle Alternatives policentauglich, wenn man etwa das bilanzielle Setup einer Kapitallebensversicherung dafür nutzt. Diese stellen Prämieneinzahlungen den Versicherungsleistungen gegenüber, welche als ungewisse Verbindlichkeiten erfasst sind, während die Kapitalanlagen auf der Aktivseite der Bilanz stehen. Deckungsrückstellungen bilden dabei den größten Passivposten. Die bestehenden Bausteine der Versicherer lassen sich prinzipiell gut auch für alternative Anlageformen nutzen.

Für Versicherer wäre die Öffnung hin zu Alternatives auf jeden Fall mit einer Neudefinition des eigenen Selbstverständnisses verbunden: Die Assekuranz, die sich jahrzehntelang als Kümmerer und Servicedienstleister für alle Vorsorgesparer verstanden hat und spätestens seit der Jahrtausendwende sukzessive ihres „Bread-and-Butter“-Produktes verlustig gegangen ist, benötigt dringend eine Produktinnovation, die genau das auf moderne Weise vereint: Rendite, Sicherheit und die Öffnung zu neuen und nachhaltigen Anlageformen. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis Versicherer erste Policen anbieten, die mithilfe des Anlageuniversums der Alternatives gebaut wurden.