Versorgungswerke: ein Beitrag zu mehr Breitenwirkung

Artikel aus dem Handelsblatt Journal „Betriebliche Altersversorge und Kapitalanlage“ vom 24.05.2023

In Zeiten von Inflation und volatilen Finanzmärkten, der Transformation ganzer Branchen und des Klimawandels steht die Alterssicherung in Deutschland weiter vor großen Herausforderungen. Die betriebliche Altersversorgung nimmt deshalb eine Schlüsselrolle ein. MetallRente ist mit über einer Million Versorgungsberechtigten und mehr als 50.000 Kundenunternehmen das größte deutsche Branchenversorgungswerk. Mit der Handelsblatt Journal Redaktion sprechen die Geschäftsführer Hansjörg Müllerleile und Kerstin Schminke über die Besonderheiten von MetallRente und warum Versorgungswerke ein Zukunftsmodell für die betriebliche Altersversorgung darstellen.

Seit Januar 2022 bilden Sie zusammen die Metall- Rente-Geschäftsführung. Wie war Ihr Start und welche Bilanz ziehen Sie bisher?

Kerstin Schminke: Durch meine frühere Arbeit als politische Sekretärin und Expertin für betriebliche Altersversorgung beim Vorstand der IG Metall war mir MetallRente natürlich schon sehr vertraut. In dieser Funktion war ich bereits Mitglied in den Gremien von Metall- Rente, dem Beirat und dem Kapitalanlageausschuss, wodurch ich die Produkte und Strukturen des Versorgungswerks sehr gut kannte. Trotzdem ist es natürlich etwas anderes, nun die interne Perspektive einzunehmen. Hansjörg Müllerleile und ich haben die Geschäftsführung in einer Zeit übernommen, in der sich Zusagen und Leistungen in der betrieblichen Altersversorgung sehr dynamisch verändern. Das machte den Start sehr spannend.

Hansjörg Müllerleile: Die Rahmenbedingungen für die betriebliche Altersversorgung haben sich seit Anfang 2022 deutlich gewandelt, insbesondere mit Blick auf die Kapitalmärkte und das Zinsumfeld. Deshalb haben wir im letzten Jahr vor allem daran gearbeitet, unser Produktportfolio in der Direktversicherung und im Pensionsfonds zukunftsfähig aufzustellen. In meiner Funktion beim Bosch Pensionsfonds und auch aus meiner vorherigen Tätigkeit als Referatsleiter für betriebliche Altersversorgung bei Südwestmetall hat mich Metall- Rente ebenfalls seit vielen Jahren begleitet.

Was unterscheidet in Ihren Augen Versorgungswerke wie MetallRente von anderen bAV-Anbietern am Markt?

Kerstin Schminke: Als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Metall- und Elektroindustrie haben wir einen anderen Blick auf die Angebote der betrieblichen Altersversorgung. Der sozialpolitische Auftrag, den uns unsere Gesellschafter IG Metall und Gesamtmetall gegeben haben, lautet: Jede und jeder Beschäftigte soll Zugang zu einer Betriebsrente mit niedrigen Kosten und guten Leistungen haben sowie zu bedarfsgerechten Angeboten für den Schutz der Arbeitskraft. Wir wollen allen Menschen, die in unseren Branchen beschäftigt sind, eine optimale ergänzende Altersversorgung und damit möglichst die Sicherung ihres Lebensstandards im Alter und auch bei Verlust der Arbeitskraft bieten.

Hansjörg Müllerleile: Damit das gelingt, brauchen Arbeitgeber handhabbare und bedarfsgerechte Lösungen für alle Unternehmensgrößen. Der Auftrag unserer Gesellschafter wird durch Tarifverträge, Kollektivlösungen und unsere Konsortialstruktur abgesichert, um allwetterfeste Vorsorgeangebote zu schaffen. Unsere Gesellschafter gestalten die Angebote von MetallRente aktiv mit und kennen die Bedürfnisse unserer über 50.000 Kundenunternehmen. Durch diese Expertise und das große Kollektiv unserer mehr als eine Million Versorgungsberechtigten organisieren wir betriebliche Altersversorgung effizienter und kostengünstiger als andere Anbieter. Die Leuchtturmfunktion unserer tarifvertragskonformen Produkte bietet klare Orientierung in einem unübersichtlichen Markt. Uns ist es wichtig, mit konsequenter Fokussierung auf Kommunikation und Transparenz die Komplexität und den drohenden Options- Overload zu reduzieren. Dies wird durch Produkte mit einem klaren Qualitätsprofil und einem bedarfsgerechten Vorsorgeangebot erreicht.

Wie wichtig ist Vertrauen bei der Altersvorsorge?

Kerstin Schminke: Im letzten Jahr hat unser Bestand an Verträgen zur betrieblichen Altersversorgung um fast 6 Prozent zugelegt, während die Gesamtzahl an bAVVerträgen in Deutschland gleichgeblieben ist. Das heißt: MetallRente ist deutlich vor dem Markt gewachsen. Ich bin überzeugt, dass diese Entwicklung im Wesentlichen einem Faktor geschuldet ist: Als Versorgungswerk der Tarifvertragsparteien genießen wir großes Vertrauen bei Arbeitgebern und Beschäftigten in unseren Branchen. Im komplexen bAV-Markt sorgt der Blick unserer Gremien als Qualitätssicherung für Vertrauen in unsere Produkte.

Hansjörg Müllerleile: Unterschiedliche Beschäftigtenund Altersgruppen in den Belegschaften erfordern vor allem in der freiwilligen Entgeltumwandlung ein ausdifferenziertes Angebot. Als „Vollsortimenter“ in der sozialen Absicherung ist es wichtig, die Beschäftigten dort abzuholen, wo sie stehen und sich ihr Vertrauen immer neu zu verdienen. Als großes Branchenversorgungswerk bringen wir uns zudem in die rentenpolitische Debatte ein und legen insbesondere mit der MetallRente Jugendstudie einen Fokus auf die Vorsorge junger Menschen. Zudem arbeitet MetallRente als gemeinnützige Organisation nicht profitorientiert. Auch dadurch entsteht Vertrauen in unser Versorgungswerk.

Nicht nur Beschäftigte aus Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie können mit MetallRente vorsorgen. Wie sieht es in anderen Branchen aus?

Kerstin Schminke: Die Basis in allen Branchen bilden Tarifverträge und tarifvertragliche Leistungen. Hier engagieren sich alle Arbeitgeberverbände schon lange und bieten ihren Beschäftigten damit einen ersten Grundstein für ihre Altersversorgung. Diese Beiträge unterscheiden sich natürlich, je nachdem, was zur jeweiligen Branche, Unternehmensstruktur und auch Beschäftigtenentwicklung passt. Wir sind stolz darauf, mittlerweile in über 200 Branchen und Handwerksbereichen vertreten zu sein. Hier gilt: Überall, wo die IG Metall ist, ist auch MetallRente. Zudem profitieren bei uns alle Branchen gleichermaßen von den Großkundenkonditionen, die durch die Marktmacht von MetallRente erreicht werden können. Wichtig ist mir noch zu sagen, dass wir für alle MetallRente-Branchen auch private Angebote zum Schutz der Arbeitskraft bereitstellen. Im Vordergrund steht dabei die bedarfsgerechte und bezahlbare Absicherung des existenziellen Risikos des Verlusts der Arbeitskraft. Seit 2006 ist unser Bestand in diesem Bereich auf über 140.000 Vorsorgeverträge angewachsen. Damit zählt MetallRente zu den zehn größten BU-Versicherern in Deutschland. Allerdings haben wir noch lange nicht die Verbreitung erreicht, die sozialpolitisch notwendig und wünschenswert wäre.

Hansjörg Müllerleile: MetallRente ist 2001 im Tarifvertrag Entgeltumwandlung als Benchmark gesetzt worden, das heißt andere bAV-Anbieter müssen in der Metall- und Elektroindustrie in ihren Kosten und Leistungen mindestens die Standards von MetallRente erfüllen. Gleichzeitig haben sich die Sozialpartner in der Entgeltumwandlung bewusst dagegen entscheiden, mit Metall- Rente ein „Zwangsmodell“ einzuführen, sondern auf freiwillige Angebote gesetzt, die sich am Markt beweisen müssen. Das gibt zusätzlich Orientierung und macht uns auch für viele Handwerksbranchen und natürlich auch die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber anschlussfähig.

Die Einrichtung von Sozialpartnermodellen ist Sache der Tarifvertragsparteien. Wie schauen Sie mit Blick auf Ihre Branchen darauf?

Hansjörg Müllerleile: Der Interessenausgleich zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten, intergenerationelle Gerechtigkeit und Berücksichtigung branchenspezifischer Transformationserfordernisse sind Kerngeschäft der Tarifpolitik. Die Tarifparteien sind also die natürlichen Partner, wenn es darum geht, die betriebliche Altersversorgung auf neue zukunftsfähige Füße zu stellen. Es ist nicht unsere Haltung, Tarifverhandlungen zu kommentieren, aber sicherlich naheliegend, dass MetallRente auch heute schon alle wesentlichen Voraussetzungen erfüllt, um die erhofften Vorteile eines Sozialpartnermodells zu realisieren: Mehr Breitenwirkung, vor allem in KMU und bei Geringverdienern – eben da, wo es besonders Not tut.

Wo besteht aus Ihrer Sicht in der betrieblichen Altersversorgung aktuell besonderer Handlungsbedarf für die Politik?

Kerstin Schminke: Es gibt viele Baustellen, die angegangen werden müssen. Wir begrüßen den Fachdialog des Bundesarbeitsministeriums mit den Sozialpartnern, der im letzten Jahr gestartet ist und nun zeitnah in Vorschläge für gesetzliche Regelungen münden wird. Zu den drängendsten Handlungsfeldern gehört aus meiner Sicht der Abbau von Komplexität allgemein, aber auch für Versorgungswerke und Anbieter von betrieblicher Altersversorgung im Besonderen. Ebenso die Optimierung der Geringverdienerförderung und die Stärkung von Sozialpartnermodellen. Wesentlich ist, dass die Politik den Akteuren in der betrieblichen Altersversorgung genau zuhört und aufnimmt, was diese wirklich brauchen. Dabei sollte darauf geachtet werden, heute schon gut funktionierende Systeme zu erhalten und weiterzuentwickeln. Durch ihre Strukturen und Funktionalitäten gewährleisten Versorgungswerke wie MetallRente die Qualität, Sicherheit, Rentabilität und Verlässlichkeit, die Arbeitgeber und Beschäftigte in der betrieblichen Altersversorgung brauchen. Das sorgt für Akzeptanz und Vertrauen, sowohl bei der Politik als auch bei den Menschen, um deren Alterssicherung es am Ende geht.

Die Tarifparteien sind die natürlichen Partner, wenn es darum geht, die betriebliche Altersversorgung auf neue zukunftsfähige Füße zu stellen.

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