Transformation von innen – Über die Rolle positiver Konflikte in erfolgreichen Veränderungsprozessen

kummetz

Marktliberalisierung, Preisbremse, Digitalisierung und steigender Wettbewerbsdruck …und wäre das nicht genug, schwebt am Horizont das Damoklesschwert der Energiewende, von der kaum einer weiß, wie sie gelingen wird und welche Entscheidungen dafür heute die richtigen sind.

Die deutschen Stadtwerke hatten über viele Jahre den Ruf einer Behörde. Heute handelt es sich um eine Branche, die massiv von volatilen und unsicheren Rahmenbedingungen betroffen ist. Diese bis dato  ungekannte Dynamik bedroht in vielen Stadtwerken das bisherige Geschäftsmodell und die lange eingeübten Modi der Zusammenarbeit.

Organisation und Führungssystem von Unternehmen der kritischen Infrastruktur benötigen dringend ein Update
Aufbauorganisation und Führungssystem vieler Stadtwerke benötigen ein Update. Ein deutliches Zeichen dafür ist die Schneise, die Energiekrise, Preisbremse und Marktkommunikation geschlagen haben. Die hierarchie- und bereichsübergreifende Zusammenarbeit stößt im aktuellen Zusammenarbeitsmodell an ihre Grenzen: zu kompliziert, zu intransparent, zu langsam. Was aber sind die zentralen Hebel, mit denen
Stadtwerke-Lenker:innen ihr Unternehmen für die Zukunft ausrichten können?

  • Befähigen der eigenen Führungskräfte als Gestalter:innen von Veränderung
    anstelle von Führungskräften als Delegationsorgane
  • Fördern der hierarchie- und bereichsübergreifenden Zusammenarbeit
    anstelle klassischer Top-Down Silos
  • Verteilen von Verantwortungen und Entscheidungen auf alle Ebenen
    anstelle von Führungskräften als “Edel-Sachbearbeiter:innen”
  • Passgenaues integrieren moderner Projektstrukturen
    anstelle einer ziellosen Einführung von agilen Frameworks

Eines ist klar: es braucht neue Lösungen und zwar schnell. Gleichzeitig arbeiten die Mitarbeiter:innen der meisten Stadtwerke bereits heute an ihrer Belastungsgrenze und die Ressourcen (Zeit, Geld, Aufmerksamkeit) für zusätzliche Projekte sind begrenzt. Dies führt in vielen Stadtwerken zu einem klassischen Henne-Ei-Problem.

Konfliktfähigkeit als Schlüsselkompetenz für eine erfolgreiche  Transformation
Die Lösung für dieses Dilemma liegt in der Fähigkeit, auf allen Ebenen in den konstruktiven Konflikt zu gehen, bewusst “nein” zu sagen und über Hierarchien und Abteilungen hinweg, um die beste Lösung zu ringen. Die Fähigkeit, positive Konflikte auszutragen und ernsthaft zu priorisieren, wird damit zur  Schlüsselkompetenz für eine erfolgreiche Transformation der Organisation, denn wer alles auf einmal macht, macht kaum etwas richtig. Konfliktfähig ist daher nicht zufällig ein Merkmal von Organisationen, die sich durch ein hohes Maß an Verantwortungsübernahme und Selbstorganisation auf allen Ebenen auszeichnen. Genau diese Fähigkeit braucht es auch im Stadtwerk – von der Vorständin bis zum Sachbearbeiter, um unter den dynamischen Rahmenbedingungen in Zukunft erfolgreich zu sein. Ausgerechnet diese Schlüsselkompetenz ist in den meisten deutschen Stadtwerken wenig ausgeprägt. Ein Vorwurf ist daraus nicht abzuleiten, denn Struktur und Kultur entspringen einem klassisch geprägten Zusammenarbeitsmodell, das jahrzehntelang gut funktioniert hat. Heute und in Zukunft wird dies jedoch nicht mehr ausreichen, um erfolgreich zu sein.

Führungskräfte als Gestalter:innen von Veränderung befähigen
Eine Organisation nachhaltig von innen heraus zu transformieren, benötigt ca. 3 bis 5 Jahre. Der Aufbau von Schlüsselkompetenzen wie z.B. Konfliktfähigkeit, Entscheidungskompetenzen, Verantwortungsübernahme auf allen Ebenen bilden dabei die Grundlage, um eine resiliente und dauerhaft veränderungsfähige Organisation zu entwickeln. Was aber sind nun tragende Säulen in einem Transformationsprozess, der auf die Entwicklung von Zukunftskompetenzen ausgerichtet ist?

  1. Die Entwicklung einer Koalition, die von innen Veränderung bewegt
  2. Die Befähigung von Führungskräften, Veränderung zu gestalten
  3. Die partizipative Weiterentwicklung von Aufbauorganisation und Projektstrukturen

Zunächst einmal braucht es das Commitment aller relevanten Entscheider:innen und den Aufbau einer Koalition, die Richtung und Rahmen des Transformationsprozesses halten kann. In vielen Unternehmen bedeutet das den Ein- oder Ausstieg einzelner Personen. Wichtig dabei ist der gemeinsame Wille, diesen Weg nicht nur mitzugehen, sondern zu gestalten. Teil einer solchen Koalition sind in jedem Fall die Geschäftsführung bzw. der Vorstand, Führungskräfte der ersten Führungsebene und die Leitung des Betriebsrates.

Die zweite Säule umfasst die Befähigung von Führungskräften als Gestalter:innen der Unternehmensentwicklung. Im Kern steht dabei die Fähigkeit, konstruktiv-kritisch miteinander zu ringen, um auf Basis der gewonnenen Konfliktfähigkeit eine möglichst gute Lösung zu erarbeiten. Als größter Hebel für eine erfolgreiche Transformation eignen sich bereichs- und hierarchieübergreifende Führungskräfteprogramme, die Führungskräfte aller Bereiche und Ebenen in gemischten Gruppen durchlaufen – von der Vorständin bis zum Meister. So entstehen der Austausch von Perspektiven, interne Netzwerke und damit die Fähigkeit, neue Lösungen ganzheitlich und schnell zu entwickeln.

Eine Zielgerichtete Transformation integriert klassische und moderne Strukturen, und zwar in Aufbauorganisation und Projektstrukturen
Die dritte Säule umfasst die zielgerichtete Weiterentwicklung von Aufbauorganisation und Projektstrukturen. Damit verbunden sein sollte ein klar definierter partizipativer Prozess, in dem Führungskräfte und Mitarbeiter:innen die Veränderung aktiv mitgestalten und damit zu Verantwortungsträger:innen werden. Verstehen Sie mich nicht falsch. Es geht dabei nicht um basisdemokratische Entscheidungen, sondern um die ernsthafte Betrachtung unterschiedlicher Perspektiven, um die Integration wertvollen Wissens und um Transparenz hinsichtlich der finalen Entscheidungsprozesse. Alles Elemente, die dem gesunden Menschenverstand entspringen und die gleichzeitig in vielen Veränderungsprozessen ungeklärt bleiben. Mit Blick auf das Thema Projektstrukturen liegt der größte Hebel häufig in einer klaren bereichsübergreifenden Priorisierung und (Zahlen-)Transparenz, denn erst das befähigt Bereichsleitungen und Projektleitungen im Sinne einer unternehmerischen Verantwortungsübernahme zu agieren.

Fazit: Entscheidend für den Erfolg sind die Menschen im Unternehmen
Die deutschen Stadtwerke bewegen sich heute und in absehbarer Zeit in einem dynamischen und unsicheren Umfeld. Die Gewinner:innen dieser Entwicklung werden sich dadurch auszeichnen, dass sie in diesem Umfeld erfolgreich agieren können. Die Entwicklung von Kompetenzen und Strukturen, die den Umgang mit schneller Veränderungen ermöglichen, sind für das wirtschaftliche Ergebnis von  entscheidender Bedeutung. Letztlich ist es die menschliche Komponente – die Art und Weise, wie wir
führen, zusammenarbeiten und uns anpassen –, die über den Erfolg von Stadtwerken im Zeitalter von Transformation und Energiewende entscheiden wird.