Digitale Rentenübersicht stellt Nutzerinnen und Nutzer in den Mittelpunkt

Artikel aus dem Handelsblatt Journal „Betriebliche Altersversorge und Kapitalanlage“ vom 25.05.2022

Verlässlich, verständlich und möglichst vergleichbar. Und am besten vollständig. – So sollen Informationen über den Stand der individuellen Absicherung im Alter nach Meinung vieler Bürgerinnen und Bürger aussehen. Es geht also um nichts weniger als einen Gesamtüberblick über die eigene Altersvorsorge.

Komplexes Altersvorsorgesystem
Wer angesichts des komplexen Systems der Altersvorsorge in Deutschland dabei an eine große Herausforderung denkt, liegt richtig: Ein umfassendes Bild der individuellen Absicherung im Alter ergibt sich regelmäßig erst aus der Zusammenschau aller erreichten und erreichbaren Ansprüche aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge. Deren Anbieter und Träger stellen zwar schon heute regelmäßig Informationen oder Standmitteilungen zur Verfügung. Allerdings weisen diese deutliche Unterschiede in der Darstellung auf, sind nicht immer leicht verständlich und nur bedingt geeignet, einen Gesamtüberblick über die individuelle Altersvorsorge zu vermitteln.

Gesetz Digitale Rentenübersicht
Mit dem Gesetz Digitale Rentenübersicht hat der Gesetzgeber auf diese Herausforderungen reagiert und die Grundlagen geschaffen für die Einführung einer säulenübergreifenden Renteninformation – die Digitale Rentenübersicht. Dabei geht er neue Wege: Die Digitale Rentenübersicht soll als zusätzliches Angebot die individuellen Informationen aus den Standmitteilungen nutzerfreundlich und übersichtlich zusammenstellen und um einen Gesamtüberblick der bereits erreichten und bis zum Renteneintritt erreichbaren Altersvorsorgeansprüche ergänzen. Mit Hilfe der Digitalen Rentenübersicht sollen Nutzer:innen etwaigen Handlungsbedarf frühzeitig erkennen und fundierte Altersvorsorgeentscheidungen treffen können. Bereitgestellt wird dieses Angebot ausschließlich elektronisch. Auf europäischer Ebene reiht sich Deutschland mit diesem Vorhaben in die Gruppe der Länder ein, die schon erste praktische Erfahrungen bei der Umsetzung von nationalen Rentenübersichten sammeln. Eine Reihe der in der sogenannten Technical Advice der European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA) zur Entwicklung von Renten-Tracking-Systemen enthaltenen Ansätze werden bei der Entwicklung der Digitalen Rentenübersicht bereits aufgegriffen.

Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht
Die Entwicklung der Digitalen Rentenübersicht und der Betrieb des elektronischen Portals, über das die Digitale Rentenübersicht abgerufen werden kann, obliegen der Zentralen Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR). Die ZfDR ist angesiedelt bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, welche bereits über Erfahrungen und Expertise im Aufbau zentraler Stellen, wie der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) oder der Zentralen Stelle für Pflegevorsorge (ZfP), verfügt.

Agile Entwicklung
Derzeit entwickelt die ZfDR die inhaltliche und technische Ausgestaltung der Digitalen Rentenübersicht sowie das Portal. Bereits im Dezember 2022 soll die erste Betriebsphase mit einer noch beschränkten Anzahl von freiwillig angebundenen Vorsorgeeinrichtungen – der Gesetzgeber versteht hierunter alle Anbieter, Träger oder Stellen, die gesetzliche, betriebliche oder private Altersvorsorgeprodukte anbieten – beginnen. Der Regelbetrieb ist ab Ende 2023 geplant. Bei der Entwicklung stützt sich die ZfDR auf agile Methoden und verfolgt einen kooperativen, iterativen und inkrementellen Ansatz. So müssen die Digitale Rentenübersicht und das Portal nicht schon von Anfang an perfekt sein. Entscheidend ist vielmehr, dass eine erste funktionale Version in der ersten Betriebsphase nutzbar ist, um die Digitale Rentenübersicht unter realen Bedingungen testen zu können. Unerfüllte Kundenbedürfnisse können auf diese Weise frühzeitig erkannt und in der weiteren Entwicklung berücksichtigt werden. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass in der Ausgangsversion noch nicht alle gewünschten Funktionalitäten zur Verfügung stehen werden. Beispielsweise wird, das ist jetzt schon absehbar, in der ersten Betriebsphase aufgrund der erheblichen Unterschiede der verschiedenen Formen der Altersvorsorge noch keine Gesamtsumme der im Alter zu erwartenden Leistungen aus der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge ausgewiesen werden können.

Konsequente Kundenorientierung
Die Digitale Rentenübersicht kann nur dann ein Erfolg werden, wenn sie vom Kunden ausgeht und dessen tatsächlich vorhandene Probleme löst. – Was so einleuchtend wie banal klingt, erfordert in der Praxis ein planmäßiges, strukturiertes Vorgehen. Um eine frühzeitige, strukturierte und dauerhafte Orientierung an den Bedürfnissen der Nutzenden zu gewährleisten, setzt die ZfDR auf eine aufgabenbezogene Gremienstruktur und die breite Einbindung externer Expertise. Fachleute der Vorsorgeeinrichtungen und der Verbände aus allen Säulen der Altersvorsorge wirken in fünf von der ZfDR eingesetzten Fachbeiräten bei der Erarbeitung von Konzepten und Lösungsvorschlägen sowie der praktischen Umsetzung mit. Bei grundlegenden Fragen der inhaltlichen Ausgestaltung der Digitalen Rentenübersicht sowie deren Darstellung im Portal wird darüber hinaus das bei der ZfDR eingerichtete Steuerungsgremium beteiligt. Dieses Gremium ist mit hochrangigen Vertretern der beteiligten Institutionen sowie des Verbraucherschutzes besetzt und gewährleistet eine enge Anbindung an die mit der Digitalen Rentenübersicht verfolgten sozialpolitischen Ziele.

Souveräne Altersvorsorgeplanung
Mit der Digitalen Rentenübersicht werden die Bürgerinnen und Bürger digital und nutzerfreundlich an einer Stelle einen Gesamtüberblick über den Stand der individuellen Alterssicherung erhalten – so vollständig, verständlich, vergleichbar und übersichtlich wie möglich. Die Nutzer:innen können durch das ergänzende Angebot ihren Kenntnisstand über die eigene Altersvorsorge verbessern und sich für das Alter gezielt absichern. Die abgerufenen Daten können sie in einem geeigneten Dateiformat herunterladen, speichern und beispielsweise für eine unabhängige Altersvorsorgeberatung verwenden. Auf diese Weise können säulenübergreifend etwaige Vorsorgelücken erkannt, die Financial Literacy im Sinne einer umfassenden Finanzkompetenz gestärkt und Nutzerinnen und Nutzern in ihren souveränen Entscheidungen zur individuellen Altersvorsorge unterstützt werden.

Fazit
Mit der Digitalen Rentenübersicht betreten wir gemeinsam Neuland. Es geht um nicht weniger als einen echten Gesamtüberblick über die individuelle Vorsorge im Alter, über alle Säulen, rein digital. Bei der Umsetzung setzt die ZfDR auf agile Methoden und verfolgt einen kooperativen, iterativen und inkrementellen Ansatz. Mit diesem Vorgehen, der gelebten Gremienstruktur und der breiten Einbindung externer Expertise sorgen wir dafür, dass sich bei der Digitalen Rentenübersicht alles um eines dreht: die Nutzenden!

Foto: Frank Nürnberger/Deutsche Rentenversicherung Bund

Es geht um nichts weniger als einen Gesamtüberblick über die eigene Altersvorsorge.

Mit Hilfe der Digitalen Rentenübersicht sollen Nutzer:innen etwaigen Handlungsbedarf frühzeitig erkennen und fundierte Altersvorsorgeentscheidungen treffen können.

Das aktuelle Handelsblatt Journal
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