Bezahlbare Strompreise für eine Zukunft mit grünem Stahl

Strombasierte Stahlproduktion und konsequentes Recycling in einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft – das sind die beiden Erfolgsfaktoren für eine massive Reduzierung des CO2-Ausstoßs bei der Herstellung von Stahl – einem der Schlüsselprodukte für die deutsche Industrie. Doch die jüngste Strompreisentwicklung gefährdet den eingeschlagenen Weg. Die Zukunft des ,,green steel made in Germany“ steht auf dem Spiel.

Die Stahlbranche in Deutschland ist für rund 30 Prozent der Industrie-Emissionen verantwortlich. Daher müssen herkömmliche Verfahren der Primärstahlproduktion durch klimafreundliche Technologien ersetzt werden. Ein wichtiger Baustein ist dabei die auf Recycling von Schrott basierende Elektrostahlproduktion. Die GMH Gruppe ist hierbei Vorreiter und setzt konsequent auf Kreislaufwirtschaft.

Recycelte Rohstoffe als Schlüssel zum Erfolg

Ein Hebel bei der Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen sind die verwendeten Rohstoffe. In der Stahlproduktion bei GMH kommen fast ausschließlich Sekundärrohstoffe zum Einsatz, genauer gesagt hochwertiger Stahlschrott. Mehr als 90 Prozent der verwendeten Rohmaterialien stammen aus dieser Quelle. Stahlschrott, beispielsweise aus der Automobilproduktion, ist eine wichtige und vor allem umweltfreundliche Ressource: Durch den konsequenten Einsatz dieser Stahlreste – der Jahresumsatz von GMH liegt bei etwa 1,5 Millionen Tonnen – werden jährlich rund 2,5 Millionen Tonnen CO2 weniger ausgestoßen im Vergleich zur Stahlherstellung aus Primärrohstoffen. Mit dieser Reduktion gehen weitere Einsparungen von Klima- und Umweltkosten von mehr als einer halben Milliarde Euro pro Jahr einher.

Regionale und umweltfreundliche Anlieferung von Schrott

Den Stahlschrott bezieht GMH über eine eigene Recycling-Gesellschaft und ein lokales Händler- und Lieferantennetzwerk. Nur in seltenen Fällen müssen die Schrotte über mehr als 200 Kilometer angeliefert werden. Weiterer Vorteil für die Umwelt: GMH wickelt die Schrott-Transporte zum Elektrostahlwerk schon heute zu einem großen Teil umweltfreundlich per Bahn ab und produziert mit hoher Effizienz, sodass pro Tonne Stahl ein möglichst geringer Energieeinsatz erforderlich ist.

Pro Jahr werden in Deutschland knapp 40 Millionen Tonnen Rohstahl produziert. Dafür setzt die Stahlindustrie inzwischen rund 20 Millionen Tonnen Stahl- und Eisenschrott ein, um daraus neue Produkte herzustellen. Stahlschrott wird heutzutage bereits flächendeckend und fast vollständig erfasst und anschließend komplett dem Recycling zugeführt.

Große CO2-Einsparung durch elektrische Schmelzöfen

Doch das konsequente Recycling im Kreislauf ist nur ein Erfolgsfaktor auf dem Weg in die angestrebte Klimaneutralität. Die Basis für die grüne Stahlproduktion ist der Produktionsprozess über die Elektrolichtbogen-Technologie (ELO). Statt traditioneller kohle- oder gasbetriebener Hochöfen laufen die ELOs über Strom, ohne jeglichen Qualitätsverlust.

Die GMH Gruppe hat den Umstieg von der traditionellen Hochofen-Route auf die ELOs bereits vor 30 Jahren eingeleitet. Das Ergebnis: Unsere Stahlwerke stoßen rund 80 Prozent weniger CO2-
Emissionen aus als bei der herkömmlichen Stahlherstellung anfällt. Das Problem ist: Die Kosten dieser alternativen Produktionsweise sind in Deutschland praktisch nicht mehr wirtschaftlich darstellbar.

Sehr hohe Strompreise gefährden die Transformation

Der Grund liegt in den deutlich gestiegenen Strompreisen, die vor allem auf den politisch induzierten drastischen Umbau des Strommarktes in Deutschland zurückzuführen sind. Die Stromnachfrage wurde erhöht (durch Elektrifizierung der Wirtschaft, Wärmepumpen und Elektromobilität), während gleichzeitig das Stromangebot reduziert wurde (durch Stilllegung von Atomkraftwerken, vorzeitiger Ausstieg aus der Kohleverstromung – bei nicht ausreichendem Ausbau erneuerbarer Energien).

Dies hat zu explodierenden Preisen für Stromerzeugung und Netzentgelte geführt. So ist der Strompreis heute in Deutschland doppelt so hoch wie noch im September 2021 und hat sich weiter vom internationalen Preisniveau entfernt. Selbst innereuropäisch können wir mit unseren Wettbewerbern aus Italien, Frankreich und Spanien nicht mehr mithalten. Ganz zu schweigen von Ländern wie China, Indien oder den USA, die nochmals deutlich günstigere Strompreise anbieten.

Gefahr der Abwanderung energieintensiver Industrien

Der Versuch, die Industrie in Deutschland vorübergehend durch einen Brückenstrompreis sowie einer Deckelung der Netzentgelte zu entlasten, wurde politisch genauso hektisch beschlossen wie wieder fallengelassen. Im Zuge der Sparvorgaben durch das Bundesverfassungsgericht hat die Bundesregierung im Dezember entschieden, die geplante Unterstützung von 5,5 Milliarden Euro doch nicht zu gewähren.

Die energieintensiven Industrien mit 850.000 Arbeitsplätzen haben keine Zukunft in einem Land mit den weltweit höchsten Strompreisen. Die Verlagerung von Industrieinvestitionen in Regionen mit niedrigeren Kosten hat längst begonnen und wird sich nach der jüngsten Entwicklung mit Sicherheit beschleunigt fortsetzen.

Dominoeffekte zu befürchten

Dieser Trend betrifft nicht nur die emissionsstarken Primärindustrien, sondern gilt auch für die Folgeindustrien, für regionale KMUs und alle Unternehmen, die von Aufträgen aus den betroffenen energieintensiven Branchen wie der Stahlindustrie abhängig sind.

Mit der jüngsten Wende in der Energiepreispolitik riskiert die Bundesregierung einen Dominoeffekt, dessen Folgen sich nicht zurückdrehen lassen. Kapitalbasierte Branchen können nicht wie Finanzdienstleister mal hier, mal da operieren, je nachdem, wo gerade Preise und Steuern günstig sind. Anlagen und Infrastruktur von Primärindustrien werden nur einmal abgebaut – eine hausgemachte Deindustrialisierung wäre damit vorprogrammiert.

Fazit

Der Weg in eine klimaneutrale Zukunft kann und muss elektrisch sein. Gemeinsame Basis einer erfolgreichen Transformation ist ein tragbarer Strompreis. Auch ein geschlossener Kreislauf des Werkstoffs Stahl innerhalb Deutschlands ist nur möglich, wenn dem einschmelzenden Stahlwerk, das Glied in der Kette, das den Kreislauf schließt, ein international wettbewerbsfähiger Strompreis zur Verfügung steht.

Circular Economy wurde von der Politik als ein wichtiger Pfeiler identifiziert, um die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen. Daher muss sie auch die Voraussetzungen schaffen, die Kreisläufe durchgängig zu schließen. Die Diskussion um einen zeitlich befristeten Brückenstrompreis, der Deckelung der Netzentgelte genauso wie die Debatte um alternative Energiequellen müssen daher dringend noch einmal geführt werden.