Die Fortführung der Wärmewende wird 2025 eine zentrale Aufgabe für die neue Bundesregierung. Die Debatte um das Heizungsgesetz und die Tonalität der Diskussion haben zuletzt dem gemeinsamen Ziel einer klimafreundlichen Wärmeversorgung in Deutschland geschadet.
Dabei waren die letzten Jahre auch von vielen positiven Entwicklungen geprägt: Das Thema klimaneutrale Wärme wurde endlich politisch angegangen; die vielfältigen lokalen erneuerbaren Energiepotenziale Deutschlands sind entdeckt und durch kommunale Wärmeplanungen sichtbar geworden; schließlich sind vielerorts nun gerade die Stadtwerke zu zentralen Protagonisten der lokalen Wärmewende geworden.
Abwasserwärme: Lokale Quelle als Joker im urbanen Raum
Für diese lokale Wärmewende sollten die Stadtwerke noch viel stärker die Abwasserwärme nutzen. Sie hat noch großes Potenzial, ist erprobt und bietet eine hohe Wirtschaftlichkeit. Bis zu 15% des Wärmebedarfs im Gebäudesektor in Deutschland können mit der lokalen erneuerbaren Energiequelle Abwasser aus Kanälen und Kläranlagen gedeckt werden. Das ist Wärme für 4 bis 12 Millionen Menschen.
Die Nutzung der Abwasserwärme ist dabei vor allem für Städte bzw. dichter besiedelte Kommunen relevant. Dort fallen ein hohes Abwasseraufkommen und damit die verfügbare Energie mit dem Energiebedarf lokal eng zusammen. Gerade in dicht besiedelten Gebieten fehlt es zudem häufig an alternativen Quellen und der unterirdische Abwasserkanal mit dem kontinuierlichen Abwasserfluss kann so zum Joker für die lokale Wärmeversorgung werden. D.h. wo z.B. heute noch ein BHKW betrieben wird, kann dies schon bald durch eine Wärmepumpe mit der Quelle Abwasser ersetzt werden.
Stadtwerke sollten Abwasserwärme strategisch erschließen
Stadtwerke sollten idealerweise auch direkt groß denken: Die Abwasserinfrastruktur ist vorhanden und die benötigten Daten zur Ermittlung des Energiepotenzials ebenfalls bzw. vergleichsweise leicht erhebbar. Damit ist eine strategische Erschließung der Quelle möglich – die Hotspots des Kanalnetzes lassen sich identifizieren und mit den Bedarfsträgern der Wärmeversorgung abgleichen. So lassen sich die Energiepotenziale der Abwasserwärme umfassend heben und gleichzeitig wird die höchste Wirtschaftlichkeit erreicht. Ein solches strategisches Vorgehen kann man heute beginnen und bis zum Jahresende handfeste Ergebnisse erzielen und sofort in die Umsetzung gehen.
In Richtung der kommenden Bundesregierung wäre es wünschenswert, wenn mit zwei Maßnahmen ein wichtiger Beitrag zur Aktivierung der Abwasserwärme geleistet würde:
- Ausbauziel für Abwasserwärme in Deutschland: 10 TWh bis 2030
Ein deutschlandweites Ausbauziel ist ein klares politisches Signal an den Energie- und Wassersektor, sich für die breite Nutzung der Abwasserwärme zu engagieren. Die Politik sollte die relevanten Akteure für die gemeinsame Formulierung des Ziels einbinden – 10TWh bis 2030 wären technisch und wirtschaftlich realistisch erreichbar. Als Vorbild kann die Initiative Abwasserwärme NRW dienen, die im Oktober 2024 gestartet wurde. - Runder Tisch Abwasserwärme
Wärmegewinnung aus Abwasser wird punktuell bereits erfolgreich umgesetzt. Die technischen Lösungen sind ausgereift, in der Breite mangelt es in Deutschland aber noch an Informationen und Expertise. Um Abwasserwärme zu aktivieren, sollte durch die Politik ein „Runder Tisch“ eingerichtet werden, der einen Dialog und die Wissensvermittlung sicherstellt. Teilnehmen sollten u.a. DWA, BDEW, VKU und DENA. Sie vertreten genau die Akteure, die zusammenarbeiten müssen, um Rahmenbedingungen förderlich zu gestalten, Wissen zu verbreiten und damit das Potenzial zu heben.
