Artikel aus dem Handelsblatt Journal Banking vom 20.09.2023
Wandel als Erfolgsfaktor in bewegten Märkten
Kriege, Dürren, Waldbrände, Überschwemmungen: Das sind nur einige der aktuellen Nachrichten. Dazu Preissteigerungen, Lieferketten-Probleme, ungewisse politische Rahmenbedingungen. In Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gehört die Rede von multiplen Krisen schon fast zum Smalltalk. Wer spricht noch übers Wetter, wenn auf dem Handy die nächste Unwetterwarnung erscheint?
Immerhin bleiben in Deutschland die befürchteten wirtschaftlichen Katastrophen bislang weitgehend aus. Es gab bisher keine Insolvenzwellen. Die deutsche Wirtschaft steht vielleicht nicht so gut da wie von manchen erhofft, aber doch – und auch das nicht für alle überraschend – durchaus stabil. Deutschlands Unternehmen stellen ihre Resilienz erneut unter Beweis. Das verbreitete Szenario einer kommenden Deindustrialisierung Deutschlands wird durch Neuansiedlungen und Erweiterungen von großen Industrie-Unternehmen wie Tesla, Intel oder TSMC auch und gerade in Ostdeutschland spektakulär und sehr konkret widerlegt.
Bewährungsproben reißen nicht ab
Doch Corona-Krise, Ukraine-Krise, Energie-Krise – sie waren und sind nur erste Bewährungsproben. Rohstoffengpässe oder zunehmende Marktturbulenzen sind nur ein Vorgeschmack. Die Folgen der menschengemachten Klimakrise sind nicht mehr zu verhindern, nur noch im Ausmaß zu begrenzen – und das mit enormer Anstrengung. Eines steht also fest: Die Bewährungsproben werden nicht abreißen. Wenn die Welt instabil und die Märkte volatil sind, bedeutet das für Unternehmen Stress in vielerlei Hinsicht: immer noch unsichere Lieferketten, hohe Energiekosten, Verlust oder Veränderung von Absatzmärkten und in manchen Fällen Verlagerung von Produktionsstandorten im Zuge des Nearshorings ins Ausland. Diese eingeschränkte Planbarkeit geht Hand in Hand mit einer verringerten Kalkulationssicherheit.
In stürmischen Zeiten eine sichere Bank
Nichts wird in solch stürmischen Zeiten so dringend benötigt wie eine sichere Bank. Das ist unser Auftrag. Das ist unser Anspruch. Die Finanzbranche ist der Schlüssel zur Finanzierung der Energiewende. Die Finanzbranche ist der Schlüssel zur ESG-Transformation deutscher Unternehmen. Die Finanzbranche ist der Schlüssel, wenn Digitalisierung finanziert werden muss oder Unternehmen ihre betrieblichen Aktivitäten zurück ins nahegelegene, innereuropäische Ausland verlagern wollen. Ihre unterstützende Kraft entfalten die Geldinstitute, indem sie auf stabilem Fundament stehen und ihren Kund:innen geeignete Finanzierungslösungen und Beratungsdienstleistungen zur Verfügung stellen.
Veränderungen werden zu Chancen
Insofern ist es beruhigend, dass die Finanzbranche in Deutschland und Europa solide aufgestellt ist und großteils starke Zahlen ausweist. Denn die Investitionen in die Resilienz der Wirtschaft und in notwendige Transformationen ganzer Branchen erfordern beträchtliche finanzielle Mittel. Banken sorgen dafür, dass Kapitalströme nicht abreißen und tragen damit auch dazu bei, Krisenzeiten zu überstehen. Die Schaffung spezialisierter Finanzinstrumente wie grüne Anleihen oder nachhaltige Investmentfonds erleichtert es Anleger:innen, in nachhaltige Projekte zu investieren. Das haben wir in der Vergangenheit bereits gezeigt und werden es auch künftig unter Beweis stellen.
Wir Banken haben uns in den vergangenen Jahren nicht nur selbst als resilient erwiesen, sondern haben auch als Enabler für Unternehmen und Wirtschaft dazu beigetragen, dass Veränderungen bewältigt und in diversen Situationen sogar Chancen daraus wurden. Wir begleiten unsere Kund:innen, indem wir für Liquidität sorgen, Risiken abfedern und Waren- sowie Zahlungsströme absichern. Schon in der Pandemie waren wir Banken, obgleich selbst betroffen, als Partner des Staates bei der Vergabe von Überbrückungskrediten Teil der Lösung. Diese Partnerschaft gilt es aufrechtzuerhalten und angesichts global aufziehender Konflikte zu pflegen und auszubauen.
Resilienz und Stabilität als Fundament
Banken müssen weiterhin die eigene Resilienz und Stabilität sichern, um als Stabilitätsanker für ihre Kund:innen zu fungieren. Der Optimierungsbedarf wird nicht kleiner werden, das ist gewiss. Und konstante, fortlaufende Herausforderungen werden uns langfristig auf Trab halten. Ein neues Entwicklungstempo verlangt unseren Organisationen mehr ab denn je. Nur wer es kontinuierlich schafft, sich weiterzuentwickeln und mit der Veränderung Schritt zu halten, wird bestehen. In bewegten Märkten gibt es nur einen Erfolgsfaktor: den eigenen Wandel.
Die weitere Digitalisierung der Finanzbranche ist Chance und Herausforderung zugleich. Zu Komfortfaktoren wie Online-Banking, mobilen Zahlungen, End-to- End-Prozessen und Robo-Advisors gesellen sich Datenschutz, Cybersicherheit und die Notwendigkeit, den Zugang zu Finanzdienstleistungen weiterhin für alle Bevölkerungsgruppen sicherzustellen.
KI und digitaler Euro als To Do
Künstliche Intelligenz (KI) hat das Potenzial, die Analyse von Finanzdaten zu revolutionieren, könnte den Handel beschleunigen und gleichzeitig Risiken minimieren. Jedoch wirft sie ethische und rechtliche Fragen zu Transparenz und Verantwortlichkeit auf, die diskutiert und transnational beantwortet werden müssen.
Das gilt auch für den digitalen Euro als elektronisches Pendant zur physischen Währung. Er kann die europäische Souveränität stärken und Unternehmern helfen, neue Märkte zu erschließen, wenn die damit verbundenen Fragen, z. B. hinsichtlich des Datenschutzes, der Cybersicherheit und der Auswirkungen auf die Stabilität des bestehenden Finanzsystems geklärt sind. Kurz: Neben vielfältigen Veränderungen und Umbrüchen erwarten uns regulatorische, technische und interoperable Herausforderungen. Denn: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.
Wir Banken sind mit dieser Aufgabe nicht allein. Sie trifft alle Unternehmen und Marktteilnehmer. Der Unterschied zu uns? Wir Banken sind ein wesentlicher Teil der Lösung für alle anderen.