Session Wärme: Wie sieht der Transformationspfad weg vom Gas aus? Was kommt nach den fossilen Energieträgern? Wo sind die Prioritäten?

Dr. Gerhard Holtmeier

Ist es wirklich so einfach einen Pfad weg vom fossilen Gas zu beschließen?

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, das der Wärmemarkt immer wieder die Signale der „Neuzeit“ hin zu Klimafreundlichkeit verstanden hat, meist aus Gründen des Komforts oder aufgrund günstigerer Preise. Einfach gesagt, erst hat Heizöl Kohle dann Erdgas Heizöl verdrängt. Aktuell sind strombasierte Systeme, insb. die Stromwärmepumpe dabei Erdgas zu verdrängen. Aber auch andere klimaneutrale Alternativen, wie Biogas, Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe drängen in den Markt.

Vergangenheit! Ist es denn heute noch so einfach wie vor einige Jahren?
Ich glaube nein. Heute sind weitere Aspekte in der Diskussion hinzugekommen: gerungen wird zwischen dezentrale und zentrale Wärmeversorgung oder auch um rein autarke Lösung. Individualisierung versus Standardisierung. Neben den klassischen Energieträgern Heizöl und Gas, auch über Kraft-Wärme-Kopplung kommen verstärkt auch Geothermie, Holzpellets und Photovoltaik ins Spiel, um einige zu nennen.

Es geht aber auch um Verteilungskämpfe um die Energieversorgung der Zukunft zwischen Industrie, Mobilität und Endkunden.

Ist Nachhaltigkeit allein ausreichend die Wärmewende erfolgreich zu meistern?
Gerade die aktuellen Krisen zeigen uns wie verletzbar der Wärmemarkt ist. Die Ausbalancierung des klassischen energiewirtschaftlichen Dreiecks hat zu einer ungeahnten Renaissance geführt. Während es früher an einer Ecke „gebrannt“ hat, bemerken wir heute, dass es an allen drei Ecken mehr als knistert.
Nachhaltigkeit ist und muss unabhängig von den aktuellen Krisen langfristig die Richtung vorgeben. Das Ziel der Klimaneutralität ist für mich gesetzt.

Die letzten Monate haben mir aber auch gezeigt, dass bekannte Verlässlichkeiten wie Versorgungssicherheit neu gedacht bzw. hinterfragt werden müssen – ohne in die nächsten nicht kontrollierbaren Abhängigkeiten zu geraten.

Und zu guter Letzt werden wir spätestens in 2023 – und wenn alles gut geht nur i.S.  intensiver Diskussionen – erleben, daß die Preisentwicklungen auf allen Energiemärkten massiv auf die Preiswürdigkeit der Wärme- und Warmwasserversorgung eingewirkt haben. Es ist gerade hier nicht 5 vor, sondern bereits 5 nach 12 Uhr. Wir dürfen nicht die Akzeptanz der Kunden und Bürger verlieren.

Was brauchen wir jetzt?
Es geht m.E. um die Erreichung des einen Zieles, das der Klimaneutralität 2045, auf dem effizientesten Weg und nicht um Technologien! Diese sind Mittel zum Zweck.

Bei aller Diskussion – es muss jetzt um die Umsetzung gehen. Wir müssen nicht nur alle Steine aus dem Weg räumen, sondern mutig die Umsetzer unterstützen. Da mag es auch Fehler oder sogar Missbrauch geben. Aber müssen deshalb 99% der Willigen leiden?

Für mich steht jetzt das „Tun“ im Vordergrund – Lassen Sie uns starten !