Next level für die Telematikinfrastruktur

Digitale Anwendungen erleichtern schon jetzt die Gesundheitsversorgung

Zum Arzt gehen, Karte einlesen lassen, behandelt werden – für die meisten Menschen ist die elektronische Gesundheitskarte bisher der einzige direkte Kontakt mit der digitalen Gesundheitsversorgung. Dabei leistet das dahinterstehende, hochkomplexe technische System zum sicheren Austausch der hochsensiblen Patientendaten – die Telematikinfrastruktur (TI) – schon heute deutlich mehr. So sind nach Auskunft der Hersteller der Apothekenwarenwirtschaftssysteme seit 1. September dieses Jahres alle Apotheken bundesweit mit der technischen Funktion ausgestattet, ein E-Rezept einlösen zu können, das die gesetzlich Krankenversicherte via App übermitteln bzw. vorzeigen können. Bereits seit Anfang 2021 haben letztere zudem Anspruch auf eine elektronische Patientenakte (ePA), die ihnen ihre Krankenkasse auf Wunsch zur Verfügung stellen muss. Darin können sie ihre Labordaten, Befunde, Arztbriefe und Medikationen zentral speichern lassen und weiterbehandelnden Ärzten und Einrichtungen zur Verfügung stellen.

Auf Seiten der Leistungserbringer wie Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und Apotheken, die ebenfalls von E-Rezept und ePA profitieren, bietet die TI zahlreiche zusätzliche digitale Lösungen an, die helfen sollen, Prozesse zu vereinfachen und die medizinische Versorgung zu verbessern. Mit der Anwendung KIM (Kommunikation im Medizinwesen) etwa können sie medizinische Dokumente sicher per E-Mail untereinander austauschen. Mit dem bald startenden TI-Messenger steht ihnen ein mobiler Sofortnachrichtendienst zur Verfügung, um Informationen wie bei WhatsApp & Co. in Echtzeit zu versenden – mit dem notwendigen Sicherheitsniveau, wie es Patientendaten verlangen. In der zweiten Ausbaustufe sollen auch die Versicherten über den TI-Messenger mit ihrem Hausarzt oder der Apotheke kommunizieren können.

Technologiesprung zur TI 2.0: eine komfortablere digitale Gesundheitsversorgung

All das zeigt: Die umfassende digitale Vernetzung des Gesundheitswesens schreitet längst unaufhörlich voran. Das Potenzial liegt dabei vor allem darin, die nach wie vor massiven Informationslücken zu schließen und medizinische Informationen jederzeit verfügbar zu machen, wo sie für die Patientenversorgung benötigt werden. Die gematik, die im gesetzlichen Auftrag die TI betreibt und deren Anspruch es ist, die Digitalisierung des Gesundheitswesens voranzutreiben, entwickelt daher zum einen konstant ihre Anwendungen weiter. So unterstützt sie das Vorhaben der Bundesregierung, die ePA, die derzeit proaktiv von den Versicherten eingerichtet und befüllt werden muss („Opt-in“), in eine Opt-out-ePA umzuwandeln. Eine solche „ePA für alle“ könnte die Gesundheitsversorgung spürbar erleichtern. Zum anderen sorgt die gematik für eine Weiterentwicklung der TI selbst. Das Ziel ist eine Infrastruktur, die komfortabler in der Nutzung wird bei gleichbleibend hohem Sicherheitsniveau. Der Technologiesprung zur TI 2.0 zielt auf eine Reihe neuer Möglichkeiten:

  • Elektronische Identitäten (eID): Versicherten sollen künftig mit nur noch einer Anmeldung („Single Sign-on“) alle Dienste der Gesundheitsversorgung nutzen können, so wie sie es Onlineshops oder sozialen Netzwerken gewohnt sind.
  • Universelle Erreichbarkeit: Alle Dienste sollen orts- und zeitunabhängig für alle Nutzergruppen direkt über das Internet mittels eigener Endgeräte wie dem Smartphone verfügbar sein, wie zum Beispiel beim E-Rezept.
  • Verteilte Dienste: Die TI 2.0 soll das automatische Zusammenspiel von digitalen Gesundheitsanwendungen ermöglichen. So sollen etwa die in einer Anwendung vorliegenden Daten nach Zustimmung der Versicherten automatisiert in anderen Anwendungen zur Verfügung stehen.
  • Strukturierte Daten und Standards: Mit FHIR, einem international verwendeten Standard aus der klinischen Praxis, wird ein übergreifender Standard für den Datenaustausch etabliert, sodass digitale Anwendungen untereinander reibungslos kommunizieren können.

Sicher ist, dass die Zukunft der Gesundheitsversorgung digital sein wird. Für die gematik ist dabei entscheidend, dass Digitalisierung mit Mehrwert für Versicherte und Leistungserbringer entsteht. Gemeint sind Lösungen, die die medizinischen Versorgungsprozessen spürbar verbessern und den Bedürfnissen der Nutzer entsprechen. So wird sichergestellt, dass Lösungen entstehen, die echte Lücken schließen und nachhaltig angenommen werden.