Nachhaltigkeit – Darum wurde der Ausschluss für Rüstung gestrichen
Für Jahre waren Investitionen in die Rüstungsindustrie für Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen auf dem deutschen Markt nahezu ausgeschlossen. Das hat sich mit der Anpassung des ESG-Zielmarktkonzeptes der Finanzverbände geändert. Was dahinter steckt, und was das für die Fondsindustrie und die Anleger bedeutet, erfahren Sie im Interview.
Frau Dr. Kuper, vor knapp vier Jahren hat der BVI gemeinsam mit den Verbänden der Kreditwirtschaft und dem Zertifikateverband im sogenannten ESG-Zielmarktkonzept vereinbart, dass als nachhaltig vertriebene Fonds nicht in Unternehmen investieren dürfen, bei denen mehr als zehn Prozent des Umsatzes auf Rüstungsgüter entfallen. Dieses Konzept haben die beteiligten Verbände überabeitet. Warum diese Änderung?
Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gibt es eine breite gesellschaftliche Debatte über einen Ausbau der Rüstungsindustrie zur Verteidigung unserer demokratischen Grundordnung. Weitere geopolitische Unsicherheiten sind seitdem hinzugekommen. Mit dem Wegfall des Ausschlusses für Rüstung im ESG-Zielmarktkonzept ist diese Debatte nun auch den Fondsmanagern und den Anlegern möglich. Hinzu kommt, dass es bei der Erstellung des Verbändekonzepts noch keine europäischen Vorgaben zu Rüstung in Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen gab. Inzwischen gibt es aber solche Vorgaben auf EU-Ebene, und wir haben diesen Mindeststandard für den deutschen Markt übernommen.
Wie sehen die EU-Vorgaben aus und seit wann gibt es sie?
Die EU-Behörde ESMA hat im Mai 2024 Leitlinien für nachhaltigkeitsbezogene Zusätze in Fondsnamen veröffentlicht, die erstmalig EU-weite Mindeststandards definiert haben. Demnach sind lediglich völkerrechtlich geächtete Waffen, wie zum Beispiel Streubomben, chemische und biologische Waffen, in als nachhaltig bezeichneten Fonds verboten. Auch aus den Bekanntmachungen der EU-Kommission ergaben sich neue Erkenntnisse, zum Beispiel zur Vereinbarkeit der EU-Taxonomie mit Investitionen in Rüstungsunternehmen. Die EU-Kommission stellte insbesondere klar, dass der EU-Rahmen zur Nachhaltigkeit keine Investitionen in Rüstungsfirmen unterbinden soll. Diesen Klarstellungen mussten wir im Mindeststandard des ESG-Zielmarktkonzepts Rechnung tragen.
Was heißt das für Anleger?
Anleger sollten sich immer genau informieren, ob ein Fonds ihren persönlichen Präferenzen zur Nachhaltigkeit entspricht. Dies gilt sowohl für Umwelt- und Sozialziele als auch für die Frage, in welche Branchen oder Aktivitäten nicht investiert werden soll.