Gas neu denken

In Deutschland und Europa ist er fester Bestandteil der Energieversorgung und wird es auch in Zukunft bleiben: Der Energieträger Gas. Jeder zweite deutsche Haushalt heizt mit Gas. Der größte Abnehmer von Erdgas ist allerdings die Industrie: Dort ist Erdgas der wichtigste Energieträger und auch in der Stromerzeugung spielt Gas eine wichtige Rolle.

Sich die Relevanz des Energieträgers für unser Energiesystem vors Auge zu führen ist in der aktuellen Situation besonders wichtig: Denn es verdeutlicht, wie dringend wir jetzt Lösungen benötigen – um kurz- und mittelfristig die Energieversorgung zu sichern und um langfristig ein widerstandsfähiges und klimaneutrales Energiesystem aufzubauen.

Die Substitution der russischen Gasmengen läuft bereits auf Hochtouren, damit die Gasversorgung zunächst für diesen und den nächsten Winter gesichert wird. Dabei ist LNG, also verflüssigtes Erdgas, ein wichtiger Baustein. Um dieses zu beschaffen, müssen wir jetzt neue Energiepartnerschaften aufbauen. Doch trotz der Reisen des Bundeswirtschaftsministers nach Norwegen, Katar und Kanada, haben bisher nur die USA größere LNG-Liefermengen zugesichert. Anderen Ländern fehlt die Langfristperspektive.

Langfristperspektive bedeutet vor allem, dass wir Gas neu denken und vor dem Hintergrund der Versorgungssicherheit, die Klimaziele nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Wo heute LNG geliefert wird, kann morgen grüner Wasserstoff, zum Beispiel in Form von Ammoniak geliefert werden. Die geplanten LNG-Terminals in Deutschland, z.B. in Stade oder Wilhelmshaven, haben bereits eine klare Vision von einer klimaneutralen Zukunft, dank wasserstoffbasierter Brennstoffe, CO2-Leitungen für CCS-Technologie oder der Nutzung von Abwärme nahgelegener Industrie.

Gleichzeitig muss der Ausbau der Erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Denn wir werden auch künftig beides brauchen: Elektronen und Moleküle. Durch den Ausstieg aus Kohle und Kernenergie werden wir auch in den nächsten Jahren einen signifikanten Gasverbrauch sehen. In Zukunft wird Wasserstoff Erdgas ersetzen. Eine langfristige Perspektive brauchen daher nicht nur die LNG-Terminals, sondern die gesamte Gasinfrastruktur. Denn heute geplante Gaskraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen müssen bereits Wasserstoff-ready sein.

Die Gasbranche arbeitet mit Hochdruck an der Transformation des Energieträgers: Auf dem Weg von Erdgas hin zu klimaneutralem Wasserstoff bietet die Krise dabei die Chance für einen Investitions- und Innovationsschub, der uns in eine klimaneutrale Zukunft führt.