Die Zukunft der Alterssicherung: Kapitalmärkte im Fokus

Artikel aus dem Handelsblatt Journal „Betriebliche Altersversorge und Kapitalanlage“ vom 20.06.2024

Wir wollen die Altersvorsorge stärken, damit Sparerinnen und Sparer im Alter eine höhere Alterssicherung verbleibt. Dazu werden wir die kapitalgedeckte Altersvorsoge ausbauen und so die Renditechancen der internationalen Kapitalmärkte künftig besser nutzen. Dieser Ansatz betrifft alle drei Säulen der Alterssicherung, neben der gesetzlichen Rentenversicherung also auch die betriebliche Altersversorgung und die private Altersvorsorge.

Das Generationenkapital: Ein Paradigmenwechsel in der gesetzlichen Rentenversicherung

In der gesetzlichen Rentenversicherung bedeutet der bevorstehende Einstieg in die Kapitaldeckung einen Paradigmenwechsel: Mit dem geplanten „Generationenkapital“ erweitern wir deren finanzielle Basis um eine kapitalgedeckte Komponente (neben Beitragszahlungen und Bundesmitteln). Damit machen wir die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung unabhängiger von der demografischen Entwicklung. Ab dem Jahr 2036 sollen Erträge des Generationenkapitals in Höhe von durchschnittlich 10 Mrd. Euro jährlich an die gesetzliche Rentenversicherung ausgeschüttet werden. Der langfristige Planungshorizont des Bundes für das Generationenkapital relativiert das Risiko kurzfristiger Kursschwankungen am Aktienmarkt.

Betriebliche Altersversorgung: Höhere Renditen und mehr Verbreitung ermöglichen

Die betriebliche Altersversorgung wollen wir unter anderem durch die Erlaubnis von Anlagemöglichkeiten mit höheren Renditen und eine Weiterentwicklung des Sozialpartnermodells für Beschäftigte und Arbeitgeber attraktiver gestalten. Im Fachdialog zur Stärkung der Betriebsrente wurden Umsetzungsmöglichkeiten dafür diskutiert. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist im Rahmen des Reformprojekts für Anpassungen im Arbeitsrecht zuständig, das Bundesministerium der Finanzen für das Steuer- und Finanzaufsichtsrecht. Nach unserer gemeinsamen Auffassung muss es das Ziel sein, das Sozialpartnermodell in die Breite zu bekommen, auch durch eine Öffnung für nicht-tarifgebundene Dritte. Im Steuerrecht steht vor allem eine Verbesserung der Geringverdienerförderung des § 100 Einkommensteuergesetz im Zentrum der Überlegungen. Im Finanzaufsichtsrecht geht es um die Ermöglichung von Anlagen mit höheren Renditemöglichkeiten, zum Beispiel durch Anpassungen der Bedeckungsvorschriften.

Grundlegende Reform der privaten Altersvorsorge

Die private Altersvorsorge wollen wir grundlegend reformieren. Die Fokusgruppe private Altersvorsorge hat dazu im Sommer 2023 ihren Abschlussbericht mit Empfehlungen für höhere Renditen, geringere Kosten und mehr Transparenz vorgelegt. Daran wollen wir uns bei unserem Reformvorschlag orientieren. Eine zentrale Empfehlung der Fokusgruppe ist die Öffnung der Förderung für Altersvorsorgedepots ohne Garantieversprechen: So könnten Vorsorgende zum Beispiel in kostengünstige ETFs investieren und die Renditechancen der Kapitalmärkte für ihre Altersvorsorge nutzen. Diese neuen Anlagemöglichkeiten sind ein guter Grund – vor allem für jüngere Leute – mit der privaten Altersvorsorge anzufangen. Daneben sollen weiterhin Produkte mit Garantien angeboten werden können, zugunsten chancenreicherer Kapitalanlagemöglichkeiten auch mit einer eingeschränkten Beitragserhaltungszusage.

Eine weitere Empfehlung ist, Altersvorsorgenden künftig neben einer lebenslangen Rentenzahlung auch Auszahlungspläne ohne Restverrentung zu ermöglichen. Hintergrund ist, dass viele Riester-Vorsorgende sich durch die aktuell verpflichtende Teilkapitalverrentung ab spätestens dem 85. Lebensjahr unverhältnismäßig stark eingeschränkt fühlen. Wer freiwillig und eigenverantwortlich vorsorgt, sollte künftig auch in größerem Umfang eigenverantwortlich über die Auszahlungen entscheiden können. Das ist international vielerorts üblich und kann auch in Deutschland die Attraktivität der privaten Altersvorsorge erhöhen. Man muss dabei bedenken: Die private Altersvorsorge dient nicht der Grundabsicherung, sondern ist ein freiwilliges Angebot zur Sicherung des Lebensstandards im Alter. Ein Auszahlplan, bei dem das angesparte Kapital beispielsweise bis zum 85. Lebensjahr nach und nach ausgezahlt wird, leistet auf jeden Fall einen wichtigen Beitrag zum Einkommen im Alter. Auf diesem Wege sind höhere Auszahlungsraten möglich, als dies bei einer lebenslangen Leibrente der Fall wäre.

Wer sich aber für eine lebenslang garantierte Leibrente entscheiden möchte, kann dies natürlich auch künftig tun.

Die Reformen in allen drei Säulen wollen wir in diesem Jahr auf den Weg bringen, mit dem Generationenkapital haben wir begonnen. 2024 wird für die Zukunft der Alterssicherung in Deutschland also ein richtungsweisendes Jahr.

Wir werden die kapitalgedeckte Altersvorsoge ausbauen und so die Renditechancen der internationalen Kapitalmärkte künftig besser nutzen.

Dr. Florian Toncar, MdBParlamentarischer Staatssekretär, Bundesministerium der Finanzen
Das aktuelle Handelsblatt Journal
Dieser Artikel ist im aktuellen Handelsblatt Journal „Betriebliche Altersversorge und Kapitalanlage“ erschienen. Das vollständige Journal können Sie sich hier kostenlos herunterladen:
Zum Journal