Ökosysteme als Geschäftsmodell werden für den globalen Technologiesektor immer wichtiger – und zu einer Schlüsselfrage für die Zukunft der Maschinen- und Prozessindustrie. Neue Technologien, Geschäftsmodelle, Marktteilnehmer und veränderte Anforderungen an Führungsqualitäten werden zu Kernthemen der „Ecosystem Economy“.
Jahrzehntelang reichte es aus, sich auf die eigenen Produkte und Lösungen zu konzentrieren. Auf einzelne Komponenten, Maschinen und Prozessanlagen zum Beispiel. In Zukunft muss die Branche komplexe Fragen und Probleme unter Einbeziehung einer ganzen Palette von Produkten, Dienstleistungen, Lösungen und Know-how lösen. Deshalb sollten die Unternehmen jetzt dringend handeln. „Viele kleine und mittlere Unternehmen werden ihre Marktposition bis 2025 und darüber hinaus nicht halten können, wenn sie an ihrem derzeitigen Technologie- und Marktansatz festhalten“, prognostiziert Stephan Seifert, CEO des Körber-Konzerns.
Je mehr ein Ökosystem dem Kunden dient, desto höher ist auch der Wert für den Kunden. Eigene Darstellung Körber AG.
Für den erfolgreichen Aufbau von Ökosystemen sind nach Meinung von Stephan Seifert heute vier Faktoren entscheidend:
1. Neue Technologien
Wer ein relevanter Treiber für künftige Ökosysteme werden will, muss seine technischen Fähigkeiten und Lösungen stark ausbauen. In der digitalen Arena helfen Künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen und Cloud-Anwendungen bei der Entwicklung von Lösungen, die alle Technologieebenen integrieren. Und mit unbegrenzter Serverkapazität, 5G, Big Data und neuen Darstellungsebenen durch Augmented und Virtual Reality kann das Industrial Internet of Things (IIoT) den Unternehmen neue Arbeitsweisen ermöglichen. Innovationen wie AMR (autonome mobile Roboter) oder additive Fertigung kombinieren Hardware und digitale Lösungen – mit ungeahnten Möglichkeiten für Produktivität, Qualität und Synergien.
2. Neue Geschäftsmodelle
Innovative Servicelösungen auf partnerschaftlicher Basis durchdringen alle Branchen. Software as a Service (SaaS) wird auf viele andere Anwendungen übertragen: Output as a Service, Roboter as a Service, X…as a Service. Ein weiterer leistungsstarker Ansatz: Gain Sharing, bei dem das Partnerunternehmen nur am vordefinierten Gewinn seines Kunden beteiligt wird. Und ganz neue Möglichkeiten ergeben sich durch Co-Creation oder dem Minimum Viable Product (MVP) Ansatz. Kein Unternehmen kann dies alles allein bewerkstelligen. Der Schlüssel dafür sind Partnerschaften. Es gilt, entweder ein relevanter Partner in einem Branchen-Ökosystem zu sein oder dieses gar anzuführen. Ein Netzwerk von Partnern kann Trends besser erkennen und das Kundenerlebnis verbessern – und ein Teilnehmer innerhalb des Ökosystems wird vielleicht die nächste große Idee haben.
3. Neue Marktteilnehmer
Ein erheblicher Innovationsdruck geht von neuen B2B-Marktteilnehmern aus. In der IIoT-, KI- und Software-Welt sind es vor allem zwei: Start-ups und etablierte globale Tech-Player. Einige von ihnen entwickeln sich auch zu branchen- und vertikal führenden Ökosystem-Akteuren – zum Beispiel durch die Ausweitung von IIoT-Plattformen auf alle Branchen. Oder indem sie Automatisierungs- und Industrie-4.0-Angebote auf ein neues Niveau heben.
4. Führungsqualitäten
Unternehmen sollten ihre Rolle und die Erfolgsfaktoren im jeweiligen Ökosystem kennen. Unter den vielen Möglichkeiten, einem Ökosystem beizutreten oder selbst eines zu gründen, sind nur wenige wirklich erfolgreich. Diese fünf Fragen sollten deshalb vor dem Start beantwortet werden:
- Was ist der Nutzen und Mehrwert des jeweiligen Ökosystems für Kunden?
- Was sind die Erfolgsfaktoren dieses Ökosystems?
- Wie hoch ist der Reifegrad dieses Ökosystems?
- Was trägt mein Unternehmen zu diesem Ökosystem bei?
- Welchen Nutzen hat mein Unternehmen davon, Teil des Ökosystems zu sein?
Der Aufbau von Ökosystemen ist seit Jahren zentraler Bestandteil der Körber-Strategie – mit dem Ziel, bis zum Jahr 2024 ein weltweit führender Ökosystem-Player im Bereich der Maschinen- und Prozessindustrie zu werden. Dazu entwickelt Körber seinen Technologie-Stack kontinuierlich weiter und geht Partnerschaften ein, um ökosystemrelevante Lösungen zu definieren und zu gestalten.
Die Weiterentwicklung des eigenen Technologie-Stacks ist für Maschinenbauunternehmen entscheidend. Eigene Darstellung Körber AG.
Um sich als führender Ökosystem-Player zu positionieren, investiert Körber kontinuierlich in die Akquisition neuer Unternehmen und baut Partnerschaften aus.
„Meine persönliche Überzeugung ist: Wer in seiner Branche führend bleiben will, sollte jetzt handeln und seinen Prozess der ‚Ökosystemisierung‘ beschleunigen und verstärken“, sagt Stephan Seifert. „In Zukunft wird Marktführerschaft mehr denn je von der Ökosystemführerschaft bestimmt werden.“
Stephan Seifert spricht zum Thema „Ökosysteme als Erfolgsfaktor und Transformationsbeschleuniger“ auf der diesjährigen Handelsblatt-Konferenz „Digitale Geschäftsmodelle und Ökosysteme“ am 13. September in Düsseldorf. Erfahren Sie hier mehr: https://live.handelsblatt.com/event/handelsblatt-tagung-digitale-geschaeftsmodelle-und-oekosysteme/
Stephan Seifert
CEO
Körber-Konzerns