Company Reimbursement-Klausel und Eigenschadenklauseln in der D&O-Versicherung

I. Hintergrund

Die D&O-Versicherung ist wichtiger Bestandteil der Absicherung der Haftungsrisiken der Manager und ggf. der leitenden Angestellten. Dies betrifft sowohl die Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft, bei der die Kontroll- und Leitungsorgane oder leitenden Angestellten tätig sind, als auch ihre Außenhaftung gegenüber Dritten, denen sie in Ausübung ihrer Tätigkeit Vermögensschäden zufügen. Die Manager bzw. leitenden Angestellten sind die sog. Versicherten Personen. Ihnen wird ein Direktanspruch auf Versicherungsschutz gegenüber dem D&O-Versicherer eingeräumt. Demgegenüber ist die Gesellschaft, die den D&O-Versicherungsvertrag für ihre Kontroll- und Leitungsorganmitglieder bzw. ihre leitenden Angestellten, auch soweit diese in ihren Tochtergesellschaften tätig sind, abschließt, selbst gar nicht versichert. Sie wird zwar Vertragspartnerin und schuldet die Prämien, Versicherungsschutz erhalten jedoch nur die Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsräte und ggf. – soweit mitversichert – die leitenden Angestellten. Insofern handelt es sich um eine Versicherung auf fremde Rechnung.

II. Leistungen aus der D&O-Versicherung

Macht die Gesellschaft geltend, ihr Manager oder auch ein leitender Angestellter habe sie geschädigt, ist sie darauf angewiesen auf eigene Kosten den Haftungsanspruch zu verfolgen. Sie muss hierfür die Gerichts- und Anwaltskosten aufbringen. Demgegenüber erhält der betreffende Manager bzw. leitende Angestellte aus der D&O-Versicherung für die sog. Abwehr des Anspruchs Versicherungsschutz, was in diesem Stadium bedeutet, dass der Versicherer die Kosten des Verfahrens übernimmt. Kommt es zu einer Verurteilung, stellt der Versicherer den Versicherten von seiner Haftung frei. Erst dann würde die Zahlung an die klagende Gesellschaft erfolgen.

Ein ähnliches Szenario ergäbe sich, wenn der Manager oder Angestellte von einem Dritten wegen eines Vermögensschadens in Anspruch genommen wird, den z. B. der Geschäftsführer dem Kunden zugefügt hat. Allerdings treten in der Praxis hier kaum Haftungsfälle auf, jedenfalls nicht solche, die versichert sind, da die D&O-Versicherung ausschließlich Vermögensschäden betrifft. Anders ist dies bei Personen- und Sachschäden, die Dritten zugefügt werden, die jedoch nicht unter die D&O-Versicherung, sondern unter die Betriebshaftpflichtversicherung fallen. Nimmt jedenfalls der Ditte, z. B. der geschädigte Kunde den Geschäftsführer unmittelbar in Anspruch, würde der D&O-Versicherer auch hier, wenn die Haftungslage nicht eindeutig ist, zunächst Abwehrdeckung gewähren und den Geschäftsführer im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung freistellen.

III.Interessenlage bei der Gesellschaft

Die Gesellschaft hat ggf. ein Interesse daran, dass der Haftungsprozess vermieden wird. So könnte sie Wert darauf legen, den Kunden ihrerseits zu befriedigen, weil sie diesen halten möchte oder weil sie im Falle der Nichtzahlung einen Reputationsverlust befürchtet. Anschließend könnte die Gesellschaft den von ihr verauslagten Betrag beim Geschäftsführer einfordern. Auch bei der Innenhaftung möchte die Gesellschaft trotz ihres Eigenschadens z. B. weiterhin an dem Geschäftsführer festhalten, weil er sonst erfolgreich arbeitet.

Die Gesellschaft wäre bereit ihn von der Haftung freizustellen, jedenfalls wenn an seiner Stelle der D&O-Versicherer einspringt. Dies sind Konstellationen für die die sog. Company Reimbursement-Klausel oder eine Eigenschadenklausel.

IV.Mögliche Klauseln

Die Company Reimbursement-Klausel in den sog. Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft lautet z. B. wie folgt:

Siehe z. B. A-3 Company reimbursement AVB D&O
Besteht eine Verpflichtung des Versicherungsnehmers oder einer Tochtergesellschaft, versicherte Personen für den Fall, dass diese von Dritten, also nicht von dem Versicherungsnehmer oder einer Tochtergesellschaft oder einer anderen versicherten Person in dem in A-1 beschriebenen Umfang haftpflichtig gemacht werden, freizustellen (company reimbursement), so geht der Anspruch auf Versicherungsschutz aus diesem Vertrag in dem Umfang von den versicherten Personen auf den Versicherungsnehmer oder seine Tochtergesellschaft über, in welchem dieser seine Freistellungsverpflichtung erfüllt. Voraussetzung für den Übergang des Versicherungsschutzes ist, dass die Freistellungsverpflichtung nach Art und Umfang rechtlich zulässig ist.

Reimbursement in diesem Zusammenhang meint Erstattung der von der Versicherungsnehmerin oder einer Tochtergesellschaft geleisteten Zahlung. Mit dem Versicherer kann – wie dies in A-3 AVB D&O geschehen ist – vereinbart werden, dass der Versicherer eintrittspflichtig ist, wenn aufgrund einer Verpflichtung der Versicherungsnehmerin zur Freistellung der versicherten Person der Schaden von dieser auf die Gesellschaft durch Erfüllung der Freistellungsverpflichtung verlagert wird.

Eine Eigenschadenklausel für einen GmbH-Geschäftsführer kann z. B. wie folgt lauten: „Der Versicherer bietet der Versicherungsnehmerin und Tochtergesellschaften Versicherungsschutz für Schäden aufgrund von Pflichtverletzungen, die begangen wurden durch versicherte Personen soweit deren Haftung allein deswegen ausgeschlossen ist, weil die Versicherungsnehmerin oder Tochtergesellschaften vor Begehung der Pflichtverletzung auf eine Haftung rechtswirksam verzichtet hat oder sofern für sie die Haftungsfreistellung des § 31 a I BGB sowie entsprechender ausländischer Rechtsordnungen gilt.“

Für einen leitenden Angestellten wird an die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs angeknüpft, Der Arbeitnehmer haftet nicht, wenn die Voraussetzungen dieser Grundsätze vorliegen. Gleichwohl hat er einen Schaden angerichtet, der versichert werden soll. Eine etwaige Klausel könnte wie folgt lauten:

Der Versicherer bietet der Versicherungsnehmerin und Tochtergesellschaften Versicherungsschutz für Schäden aufgrund von Pflichtverletzungen, die begangen wurden durch versicherte Personen, soweit sie aufgrund der Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich sowie entsprechender ausländischer Rechtsvorschriften von einer Haftung gegenüber der Versicherungsnehmerin freigestellt sind.

In den vorgenannten Konstellationen entsteht wegen der Freistellung im Vorfeld schon gar kein Schadensersatzanspruch gegen die handelnden Personen seitens der Gesellschaft bzw. bei der Außenhaftung kein Rückgriffanspruch, wenn die Gesellschaft den Dritten befriedigt. Bei der Gesellschaft tritt jeweils ein sog. Eigenschaden ein. In Betracht kommen Eigenschadenklauseln insbesondere für Organpersonen, deren Haftung sich vertraglich abschwächen lässt. Dies ist vor allem bei GmbH-Geschäftsführern möglich. So kann durch entsprechende Vereinbarung ihre Haftung für einfache Fahrlässigkeit im Verhältnis zur GmbH ausgeschlossen werden können. Deshalb haben Eigenschadenklauseln bei GmbH-Geschäftsführern praktische Bedeutung. Hingegen lässt sich die Haftung der Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder einer AG nicht vertraglich abschwächen, dort kommt nur unter engen Voraussetzungen ein nachträglicher Verzicht in Betracht. Einen weiten Anwendungsbereich haben Eigenschadenklauseln, wo Organpersonen bereits kraft Gesetzes privilegiert haften. So haften kraft Gesetzes ehrenamtlich tätige Vorstände von Vereinen (§ 31a BGB) und Genossenschaften (§ 34 GenG) privilegiert. Ebenfalls abgeschwächt haften – wie erwähnt – Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber.

Nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung müssen hierbei auch leitende Angestellte gegenüber der Gesellschaft als ihrer Arbeitgeberin nicht für einfache Fahrlässigkeit haften. Bei sog. mittlerer Fahrlässigkeit kommt nur eine anteilige Haftung in Betracht. Bei grober Fahrlässigkeit besteht nur ausnahmsweise, ggf. anteilig ein Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber, bei Vorsatz scheidet dieser komplett aus. Dies legen die sog. Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs fest, die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelt wurden.1 Der Gesetzgeber hat für die privilegierte Arbeitnehmerhaftung zudem klargestellt, dass der Arbeitgeber das Verschulden des Arbeitnehmers beweisen muss (§ 619a BGB). Dies ist bei der Organhaftung der Vorstände, Aufsichtsräte und Geschäftsführer genau umgekehrt, dort müssen sich die Organmitglieder hinsichtlich ihres Verschuldens entlasten. Auch durch diese Beweislastverteilung sind die Arbeitnehmer privilegiert. Die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten nicht für die Leitungsorgane wie die Geschäftsführer und Vorstände,2 jedoch für alle Arbeitnehmer einschließlich der leitenden Angestellten.3

Vereinbarungen zur Haftung lassen sich, wie hier dargestellt, im Vorfeld oder auch nachträglich treffen. Dazu gehören dann auch Beschlüsse zur Entlastung, soweit diese eine haftungsentlastende Wirkung haben.

V. Funktionsweise der Klauseln

Die Funktionsweise der Klauseln soll am folgenden Beispiel verdeutlicht werden:

Beispiel: „Vertrauen auf Studie“4 Der Geschäftsführer eines großen Herstellers von Baustoffen verhandelt mit einem Kunden über einen Großauftrag. Am Abend vor der Besprechung übergibt ein angestellter Mitarbeiter dem Geschäftsführer einen Bericht über eine Studie eines Baubiologen über ein Produkt des Mitbewerbers. In dem Schriftstück wird ausgeführt, dass die Baustoffe des Konkurrenten gesundheitsgefährdend seien. Es ist davon die Rede, dass bei den Bauteilen toxische Gase freiwerden, die zu einer Erbgutschädigung und Krebserzeugung führen können. Der Bericht ist eine Fälschung des Mitarbeiters, der seinem Chef einen Denkzettel verpassen möchte, weil dieser ihn nach seinem Empfinden ständig mobbt. Der Geschäftsführer verkündet das Ergebnis der Studie auf der Besprechung mit dem Kunden, weshalb die GmbH den Großauftrag erhält. Er übergibt sogar eine Kopie des Berichts. Der Konkurrent erfährt von dem Kunden von dem gefälschten Bericht und konfrontiert die GmbH und den Geschäftsführer damit. Der Konkurrent droht eine Klage auf Schadensersatz direkt gegen den Geschäftsführer in Höhe von 1 Mio. Euro an und beruft sich auf § 824 I BGB. Dort heißt es: Wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss.

Der Geschäftsführer verhandelt mit dem Konkurrenzunternehmen über eine Lösung. Da ihm dieses am Ende abnimmt, dass er selbst getäuscht wurde, einigt man sich auf einen Schadensersatz in Höhe von 300.000 Euro. Die GmbH stellt den Geschäftsführer von diesem Vergleichsbetrag frei und zahlt ihn an den Konkurrenten. Nunmehr verlangt die GmbH Erstattung vom D&O-Versicherer und beruft sich auf die vereinbarte Company Reimbursement-Klausel.

Auch durch die Company Reimbursement-Klausel bleibt es beim versicherten Umfang der Organhaftungsansprüche. Grundsätzlich gilt: Hatte der Geschäftsführer als versicherte Person vor der Freistellung durch die GmbH keinen Versicherungsschutz, ändert sich dies auch nicht dadurch, dass die Gesellschaft den Schaden gegenüber den Dritten ausgleicht. Die GmbH kann nur Erstattung verlangen, wenn sie einen von der D&O-Versicherung gedeckten und dort versicherten Anspruch befriedigt hat. Dies ist im vorgenannten Fall zweifelhaft. Der Versicherer hätte ggf. auf Abwehr bestanden, da der Geschäftsführer nicht vorsätzlich handelte, denn er wusste nichts von der Fälschung und wollte keine Kreditgefährdung begehen. Die Zahlung des Vergleichsbetrags war ggf. nicht erforderlich bzw. entsprach dies nicht der materiellen Rechtslage. Dem ist indes nicht zu folgen, denn die Kreditgefährdung kann auch vorliegen, wenn dem Betreffenden die Unrichtigkeit nur fahrlässig unbekannt geblieben ist.5 Die sonstigen Voraussetzungen für den Versicherungsschutz wären gegeben: Der Geschäftsführer hat einen Vermögensschaden verursacht und nicht wissentlich seine Pflichten verletzt.

Zu prüfen wäre noch, ob die Company Reimbursement-Klausel voraussetzt, dass die Vereinbarung über die Freistellung vor der Begründung des Schadensersatzanspruchs bestanden haben muss.

Die vorgenannte Klausel lässt auch eine nachträgliche Zusage zu, damit könnte die Freistellung auch erst nachträglich vereinbart werden.6 Der Mitarbeiter, der hier die gefälschte Studie überreicht hat, hätte hingegen keinen Versicherungsschutz, selbst wenn er leitender Angestellter sein sollte, da er den Schaden vorsätzlich herbeiführte bzw. wissentlich seine Pflichten als Arbeitnehmer verletzte. Hier wäre der D&O-Versicherer leistungsfrei. Anders wäre dies, wenn dem Mitarbeiter, der in leitender Position tätig sein muss, seinerseits die Studie ohne sein Wissen untergeschoben worden wäre und man annimmt, dass er die Fälschung ohne weiteres durch eine Prüfung der Plausibilität bzw. durch eine stichprobenhafte Nachfrage, z. B. bei dem angegeben Labor oder einem dort genannten und zitierten Wissenschaftler hätte erkennen können und müssen.

VI. Fazit

Die Praxistauglichkeit der Company Reimburse- und Eigenschadenklauseln ist noch nicht durch die Rechtsprechung erprobt, da veröffentlichte Rechtsprechung nicht existiert. Bei dem Abschluss von D&O-Policen sollte überlegt werden, ob man ein Deckungskonzept wählt, dass solche Klauseln enthält. Dies ist dann besonders wichtig, wenn leitende Angestellte mitversichert werden sollen, ehrenamtliche Leitungsmitglieder tätig sind oder wenn mit Leitungsmitgliedern bei einer GmbH für einfach fahrlässig verursachte Schäden Freistellungsvereinbarungen getroffen werden.

1 BAG Beschl. v. 25.9.1957 – GS 4 (5)/56 BAGE 5, 1 = NJW 1958, 235 „Ein Arbeitnehmer, der fahrlässig den Arbeitsunfall eines anderen Arbeitnehmers desselben Betriebes oder Unternehmens verursacht hat, haftet dem Geschädigten nicht, wenn und soweit ihm eine Belastung mit solchen Schadenersatzansprüchen deshalb nicht zugemutet werden kann, weil seine Schuld im Hinblick auf die besondere Gefahr der ihm übertragenen Arbeit nach den Umständen des Falles nicht schwer ist.“, NJW 1977, 598

2 So BGH, Urt. v. 27.2.1975, II ZR 112/72, juris (zur Genossenschaft), Orientierungssatz: 1. Das geschäftsführende Vorstandsmitglied einer Genossenschaftsbank ist auch für leicht fahrlässige Pflichtverletzungen haftbar; OLG Koblenz, Urt. v. 24.09.2007, 12 U 1437/04, Rn. 130, juris.de.; Grundlegend Joussen, Der persönliche Anwendungsbereich der Arbeitnehmerhaftung, RdA 2006, 129;

3 Fritz Haftungsbegrenzung bei Führungskräften, NZA 2017, 673

4 Entnommen aus Jula Praxiskommentar D&O-Versicherung und Managerhaftung A-2 AVB D&O Rn. 8.

5 RG Urt. v. 14.12.1902 – Rep. VI. 167/03, RGZ 56, 257, 285; OLG Stuttgart Urt. v. 11.6.1975 – 4 U 142/74, NJW 1976, 628 Siemens/Delius.

6 Mitterlechner/Wax/Witsch D&O-Versicherung, § 4 Rn. 2