Zahlungsverkehr: Der Norden macht’s vor

Advertorial Artikel aus dem Handelsblatt Journal Banking 2025 vom 03.09.2025

Wie Nordics und Baltics den Zahlungsverkehr (neu) denken und was Deutschland davon lernen kann

Bezahlen ist mehr als ein technischer Vorgang – es ist der Puls, das Herz wirtschaftlicher Aktivität. Während Deutschland stark auf traditionelle Verfahren setzt, haben die nordischen und baltischen Länder längst digitale, benutzerfreundliche Lösungen etabliert. In meiner Arbeit bei der schwedischen TF Bank, aktiv in 15 Ländern, sehe ich täglich, wie unterschiedlich Zahlungsgewohnheiten sind – und wie stark sie von Infrastruktur, Regulierung und Mentalität geprägt werden. In den Nordics etwa ist Bargeld nahezu verschwunden, Mobile-Payment-Lösungen sind Standard. Estland setzt Maßstäbe mit digitaler Identität und E-Invoicing. Polen hat mit Blik ein System geschaffen, das P2P-, Online- und POS-Zahlungen vereint. Diese Entwicklungen basieren auf enger und zeitiger Zusammenarbeit zwischen Banken und Staat – ein Erfolgsmodell, das in Deutschland bislang fehlt.

Von Stockholm nach Berlin

Wer in Stockholm mit Bargeld zahlen will, wird irritiert angeschaut. In Berlin hingegen sorgt Kartenzahlung unter fünf Euro für Stirnrunzeln – fast schon entschuldigend erlebe ich es täglich in Supermärkten. In den Nordics und Baltics ist es selbstverständlich, Rechnungen direkt im Onlinebanking zu empfangen und zu bezahlen – in Deutschland hingegen wird mit Papier oder PDF gearbeitet und der Empfänger tippt: IBAN, Betrag, Verwendungszweck. Das ist nicht nur umständlich, sondern auch ein Zeichen für den Rückstand. E-Invoicing ist in den Nordics und Baltics Standard, oft direkt über staatliche Plattformen integriert.

Technologie, Infrastruktur und Statistik

Die nordischen Länder setzen auf Echtzeit-Zahlungssysteme, API-basierte Plattformen und mobile Wallets. Swish, Vipps, MobilePay und Blik sind nicht nur benutzerfreundlich, sondern auch kostengünstig. Ihre Entwicklung wurde durch bankübergreifende Kooperationen und staatliche Unterstützung begünstigt. In Deutschland hingegen dominieren SEPA-Überweisungen und Lastschriftverfahren – etabliert, aber wenig flexibel und oft mit Verzögerungen und Rückabwicklungsrisiko verbunden. PayPal ist als einzige Alternative, gerade im P2P-Bereich, weit verbreitet, bringt hohe Gebühren für Unternehmen und geringe regionale Wertschöpfung.

Laut Bundesbank erfolgen 51 Prozent der Zahlungen bar, insbesondere bei Beträgen unter 50 Euro. Kartenzahlungen nehmen zwar zu, aber kontaktlose Zahlungen stoßen auf Skepsis. Mobile Zahlungen sind wenig verbreitet, obwohl 80 Prozent der Deutschen Onlinebanking nutzen. Während der Pandemie erlebten kontaktlose Zahlungen einen Boom, doch der Trend flachte ab. 2024 liegt die Nutzung bei etwa 65 Prozent – das klingt viel, ist aber relativ: Denn das sind 65 Prozent von 49 Prozent aller Transaktionen, und der Anteil mobiler Zahlungen innerhalb dieser kontaktlosen Zahlungen beträgt nur rund 24 Prozent.

Lastschrift und E-Invoicing

Betrachten wir nun das Lastschriftverfahren in Deutschland. Es ist weit verbreitet, aber nicht ohne Probleme. Viele Lastschriften platzen oder werden zurückgegeben – häufig wegen unzureichender Kontodeckung oder Widerruf durch den Kunden innerhalb der achtwöchigen Frist. Dies stellt Händler vor Herausforderungen, da sie mit Zahlungsausfällen und zusätzlichem Verwaltungsaufwand rechnen müssen. Besonders bemerkenswert ist, dass Deutschland im Jahr 2023 mit 9,44 Milliarden Lastschrifttransaktionen für rund 85,82 Prozent des gesamten SEPA-Lastschriftvolumens im Euroraum verantwortlich war. Diese regionale Dominanz könnte ein starkes Zeichen dafür sein, dass wir an Verfahren festhalten, die in anderen Ländern bereits durch moderne und irreversible Zahlungen ersetzt wurden. Man könnte argumentieren, dass bei Lastschriftverfahren ein stärkerer Konsumentenschutz gewährleistet wird. Ist das aber wirklich so, wenn am Ende Rechnungen gezahlt werden müssen und der Kunde für Rückgaben Gebühren zahlt?

In modernen E-Invoice-Infrastrukturen entscheidet noch immer der Kunde direkt in seinem Banking, wann und ob bezahlt wird, kann diese Entscheidung aber bei Engpässen nicht beliebig widerrufen. Öffentliche Auftraggeber in Deutschland sind bereits verpflichtet, elektronische Rechnungen zu akzeptieren, und ab 2025 wird E-Invoicing im B2B verpflichtend . Doch viele Unternehmen haben bislang noch nie eine echte E-Rechnung gesehen. Die Diskrepanz zwischen regulatorischem Anspruch und Umsetzung ist offensichtlich. Es fehlt nicht an Gesetzen, sondern an technischer Infrastruktur, klaren Standards und einer aktiven Rolle des Staates als Treiber.

 

Es fehlt nicht an Gesetzen, sondern an technischer Infrastruktur, klaren Standards und einer aktiven Rolle des Staates.

Claudia WieseChief Operating Officer, TF Bank

 

EPI mit Wero: Hoffnung mit Hürden

Deutschland hat die digitale Revolution im Zahlungsverkehr bisher hauptsächlich durch die Teilnahme an europäischen Initiativen wie der European Payments Initiative (EPI) mit dem Produkt Wero verfolgt. Seit 2024 ist Wero in Deutschland, Frankreich und Belgien verfügbar und hat 17 Millionen Nutzer. Die Roadmap sieht vor, dass bis 2027 Zahlungen im E-Commerce und am Point of Sale möglich sein sollen. Ob dies mit einer verpflichtenden Nutzung einhergeht, oder lediglich eine technische Verfügbarkeit bedeutet, bleibt bislang offen. Der Weg dorthin ist jedenfalls lang – und das Ziel, eine echte Alternative zur Lastschrift zu etablieren, ist auch nicht definiert.

Wero scheint eine vielversprechende Idee zu sein, insbesondere im Vergleich zu den Lösungen der Nordics und Baltics, da es den Vorteil einer potenziell EU-weiten Akzeptanz bietet. Besorgniserregend sind jedoch die langsamen Fortschritte sowie die bürokratischen und politischen Hürden, die bislang keine einheitliche europäische Zustimmung erkennen lassen.

Kultur, eine Vertrauensfrage und ein Ausblick

Hierzulande bleiben wir beim Zahlungsverkehr konservativ. Die starke Bindung an Bargeld, tief verwurzelte Datenschutzbedenken und die Angst vor Kontrollverlust bremsen die Akzeptanz neuer Technologien. Diese kulturellen Aspekte sind zentral, um das Zahlungsverhalten hierzulande zu verstehen. Digitale Bildung ist nicht flächendeckend in Schulen verankert, und viele Behörden arbeiten noch mit Papierakten. Das Vertrauen in staatliche digitale Infrastruktur ist geringer als etwa in Estland oder Schweden – und das spiegelt sich im Zahlungsverhalten wider.

Dabei besteht durchaus Potenzial, den Rückstand aufzuholen. Was fehlt, ist das Tempo. Gemeint ist nicht die Innovationskraft einzelner Unternehmen, sondern die Geschwindigkeit, mit der neue Technologien in Markt, Politik und Verwaltung integriert werden. Kleinere Banken wie die TF Bank können diesen Rahmen nicht beeinflussen – sie agieren innerhalb der bestehenden Strukturen. Was wir jedoch tun: technologische Neuerungen frühzeitig adaptieren und kundenorientiert umsetzen, um die Akzeptanz zu erleichtern.

Die Zukunft des Zahlungsverkehrs ist digital, flexibel und europäisch – und Deutschland sollte Teil dieser Zukunft sein. Interessanterweise hat sich Deutschland bisher mehr an seinen westlichen Nachbarn orientiert, wo der Fortschritt im Zahlungsverkehr jedoch langsamer ist. Wäre es eine Option, in eine andere Richtung zu schauen? Schließlich liegt Deutschland auch geografisch am Baltischen Meer und könnte von den Fortschritten der nordischen und baltischen Staaten profitieren.

Bild: © TF Bank

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