Wie sorge ich dafür, dass das Finanzamt die von der GmbH geschlossenen Verträge akzeptiert?

Dr. Klaus Olbing, Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Streck Mack Schwedhelm, Partnerschaft mbB, Berlin

Das Steuerrecht spielt eine immer größere Rolle in der Unternehmensführung. Dies liegt nicht nur daran, dass die gesetzlichen Grundlagen komplizierter werden und die rechtlichen Vorgaben sich immer schneller ändern. Auch die Kontrolldichte der Finanzverwaltung wird größer.

Eines der zentralen Probleme in der Besteuerung der GmbH ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Verträge von der Finanzverwaltung akzeptiert werden. Während im Umsatzsteuerrecht der Formalismus immer wildere Blüten treibt, ist das Ertragssteuerrecht (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer) relativ entspannt. Steuerlich wird das tatsächlich Gewollte und dann auch Umgesetzte akzeptiert, selbst wenn das Rechtsgeschäft unwirksam ist (§ 41 AO) bzw. das vereinbarte Handeln gesetz- oder sittenwidrig ist (§ 40 AO).

Die Kontrolle von Verträgen mit fremden Dritten findet nur ausnahmsweise statt. Hier geht die Finanz verwaltung davon aus, dass aufgrund der gegenläufigen Interessen kein Vertragspartner dem anderen etwas einräumt, ohne dass es einen wirtschaftlichen Sinn hat. Aber auch hier wird das Finanzamt kritischer. Immer häufiger wird der Vorwurf erhoben, dass nur zum Schein Verträge abgeschlossen werden, um von dem tatsächlich Durchgeführten abzulenken. Es hinterfragt, ob alle Einnahmen verbucht sind und ob fiktive Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Hierzu findet ein intensiver Austausch zwischen den Finanzämtern durch sog. „Kontrollmitteilungen“ statt. Der Informationsaustausch zwischen den Finanzämtern, insbesondere innerhalb Europas, wird zunehmend intensiviert.

Die eigentlichen Schwerpunkte der Kontrolle durch die Finanzverwaltung sind jedoch die Verträge der GmbH mit ihren Gesellschaftern bzw. im Konzernverbund mit den verbundenen Unternehmen. Hier besteht kein natürlicher Interessensgegensatz, der dazu führt, dass wirtschaftlich vernünftige Konditionen vereinbart werden. Vielmehr steht der Verdacht im Raum, dass aus rein steuerlichen Gesichtspunkten Leistungen und Gegenleistungen vereinbart werden. So ist es verlockend, ein lukratives Geschäft über eine Tochtergesellschaft mit Verlustvorträgen abzuwickeln oder Lizenzzahlungen an eine Schwester gesellschaft zu zahlen, die einem geringeren Gewerbesteuerhebesatz unterliegt.

Die ertragsteuerliche Kontrolle solcher Verträge erfolgt unter dem Stichwort „verdeckte Gewinnausschüttung“. Hier wird kontrolliert, ob das Rechtsgeschäft bei der „richtigen“ Gesellschaft angesiedelt ist, Leistungen/Gegenleistungen in einem angemessenen Verhältnis stehen und das Rechtsgeschäft auch ansonsten dem „Üblichen“ entspricht (z.B. Darlehensgewährung ohne Absicherung). Bei der Frage der Angemessenheit besteht ein ge wisser Beurteilungsspielraum. Die Finanzverwaltung ist jedoch zunehmend besser informiert, wie hoch z.B. die Mietpreise für Büros in der Frankfurter City sind. Der von der Finanzverwaltung akzeptierte Beurteilungsspielraum wird daher immer enger.

Neben dieser inhaltlichen Kontrolle darf das Finanzamt eine weitere formale Kontrolle vornehmen, wenn das Rechtsgeschäft gegenüber einem beherrschenden Gesellschafter oder einem verbundenen Unternehmen erfolgt, bei dem der Gesellschafter ebenfalls direkt oder mittelbar beherrschenden Einfluss hat. Für die Frage der Beherrschung gilt die Stimmrechtsmehrheit. Insbesondere hier besteht aus Sicht der Finanzverwaltung die Gefahr, dass der Gesellschafter seine Interessen bei der Tochtergesellschaft durchsetzt. Zu diesen besonderen formellen Kontrollen gehören:

  • Es dürfen Verträge nur mit Wirkung für die Zukunft und damit nicht rückwirkend abgeschlossen werden.
  • Die Verträge müssen abweichend von den allgemeinen Grundsätzen zivilrechtlich wirksam sein.
  • Die Vereinbarungen müssen klar und deutlich sein, so dass ein fremder Dritter die Verträge ausführen kann, ohne nachfragen zu müssen.
  • Das Vereinbarte muss auch tatsächlich umgesetzt werden. Sollte es Probleme bei der Umsetzung geben, müssen neue Verträge abgeschlossen werden, die wiederum nur für die Zukunft gelten.

In reinen Inlandsfällen, bei denen die beiden Vertragsparteien zwar miteinander verbunden sind, aber ihren Sitz in Deutschland haben, sieht das Gesetz keine besonderen Dokumentationspflichten vor.

Dies ändert sich grundlegend, wenn der Leistungsaustausch über die Grenze erfolgt. In solchen Auslandsfällen sehen die Gesetze umfangreiche Dokumentationspflichten zu den Verrechnungspreisen vor. Allein der Verstoß gegen die Formalien kann zu erheblichen steuerlichen Nachteilen führen. Daneben bleibt die inhaltliche Kontrolle.

Unabhängig davon sollte man auch in reinen Inlandsfällen im Rahmen von Tax Compliance proaktiv tätig werden, um mögliche Kritikpunkte der Finanzverwaltung schon im Vorweg zuvermeiden:

  • Vereinbarungen zwischen verbundenen Unternehmen sollten möglichst schriftlich erfolgen.
  • Durch Weiterleitung an Dritte sollte sichergestellt werden, dass die Zeitechtheit dieser Vereinbarungen sicher nachgewiesen werden kann (z.B. E-Mail an Steuerberater).
  • Die Steuerabteilung bzw. Steuerberater sollten möglichst frühzeitig in die Vertragsverhandlungen eingebunden werden.
  • Sollten einzelne Punkte problematisch sein (z.B. Wert eines Gegenstands), kann zu einzelnen Fragestellungen ein Gutachter hinzugezogen werden.
  • In besonders wichtigen Fragen kann man durch den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft beim Finanzamt erfragen, wie deren Haltung ist. Nur bei einer solchen formalen Einbindung der Finanzverwaltung ist das Finanzamt später an die ursprünglich geäußerte Rechtsauffassung gebunden.
  • Alle Verhandlungsschritte, der Vertragsschluss sowie die spätere Durchführung sind sorgsam zu dokumentieren.

Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass in der Vergangenheit beim Vertragsschluss und seiner Dokumentation Fehler gemacht wurden, kann unter gewissen Voraussetzungen eine nachträgliche Heilung herbeigeführt werden. Bei dieser nachträglichen Heilung ist auf jeden Fall die Steuerabteilung/der Steuerberater hinzuzuziehen.

Sollte sich […] herausstellen, dass in der Vergangenheit beim Vertragsschluss und seiner Dokumentation Fehler gemacht wurden, kann unter gewissen Voraussetzungen eine nachträgliche Heilung herbeigeführt werden.

Ist das Kind in den Brunnen gefallen und die Finanzverwaltung will abgeschlossene Verträge nicht akzeptieren, bleibt die Möglichkeit mit dem Finanzamt zu streiten. Auch wenn man dauerhaft mit dem gleichen Finanzamt zu tun hat, ist man nicht dazu verdammt, alles im Konsens mit der Finanzverwaltung zu lösen. Eine sachliche Streitkultur fördert sogar das Verhältnis zur Finanzverwaltung. Von daher sollte man sich nicht scheuen, Einspruch gegen Steuerbescheide einzulegen und den finanzgerichtlichen Weg hoch bis zum BFH zu gehen.