Smartes Verteilnetz: Wissen teilen, Arbeit aufwerten
Viele Verteilnetzbetreiber beschäftigen sich mit der Frage, inwieweit ihnen die Digitalisierung beim täglichen Netzbetrieb, bei der Instandhaltung oder der Netzplanung hilft. In der Tat kann eine Smart-Grid-Lösung auf all diesen Ebenen Vorteile bieten. Sie liefert zum Beispiel Echtzeitdaten oder historische Daten für Analysen, sodass Netzverstärkungsmaßnahmen vermieden werden können.
Dadurch wird eine Smart-Grid-Lösung zu einem Beschleuniger der Energiewende, zum Effizienz-Booster, weil sich Assets besser nutzen lassen, oder zu einem Instrument der Risikobegrenzung, da Entscheidungen über Netzbetrieb und Netzbau auf Basis echter Daten und fundierter Informationen getroffen werden können.
Wissen generieren, Wissen multiplizieren
Leicht übersehen wird oft ein anderer Aspekt: die Tatsache, dass Informationen über das Verteilnetz nicht nur auf technischer Ebene helfen, sondern auch den Menschen Vorteile eröffnen, sie entlasten und ihre Arbeit aufwerten können. Zum einen liefert eine Smart-Grid-Lösung wie GridEye von depsys neue Kenntnisse über das Netz und stellt sie den Beteiligten zur Verfügung. Dieses Wissen und die Netzdaten werden zum gemeinsamen Gut mehrerer Abteilungen, da die Teams von Planung, Instandhaltung, Betrieb oder zum Beispiel in kompakter Form auch das Management darauf zugreifen können. Kurz gesagt: Das Wissen wächst und wird in die Breite getragen.
Stressfreier arbeiten auf Basis von Daten
Die Präsenz der Daten und Informationen vereinfacht vieles. Auf Basis aktueller Echtzeit-Daten können auch weniger erfahrene Mitarbeitende im Netzbetrieb leichter Entscheidungen treffen, um den stabilen Netzbetrieb sicherzustellen. Im Idealfall werden sie unterstützt von Algorithmen und von Alarmfunktionen, die vielleicht erfahrenere Kollegen und Kolleginnen eingerichtet oder konfiguriert haben. Auch im Krankheits- und Urlaubsfall schafft ein Wissens- und Daten-Pool Vorteile für die Vertreter:innen. Von den Informationen profitieren alle Teammitglieder, aber vor allem Jüngere, die spontane Entscheidungen auf Basis objektiver Kriterien stressfreier treffen können. Ein kleiner Beitrag zu einer besseren Work-Life-Balance.
Geteiltes Wissen heißt, mehr (Personen haben) Wissen
Das bedeutet bei weitem nicht, dass die Kenntnisse erfahrener Mitarbeiter:innen entbehrlich werden, es findet eine Verlagerung statt. Das Know-how-Sharing macht die Erfahrungen wertvoller denn je, da sie – kombiniert mit gemessenen Daten – eine wertvolle Ressource für das ganze Unternehmen darstellen. Die gesammelten Erfahrungen und Kenntnisse können so dank der Digitalisierung größeren Nutzen stiften und werden langfristig verfügbar gemacht. Nicht der oder die Einzelne ist Wissensträger, das Know-how gehört den Teams, dem Unternehmen. Dies ist vor dem Hintergrund der meist steigenden Fluktuation – ob durch Erreichen des Rentenalters langjähriger Mitarbeiter:innen oder den schnelleren Job-Wechsel der jüngeren Generation – wichtig: Es hält Know-how im Haus und hilft den „Neuen“, schneller in ihr Aufgabenfeld hineinzufinden.
Erfahrungen an anderer Stelle wirkungsvoll einbringen
Es bedeutet aber ebenso, dass die Erfahrenen zum Beispiel in den Abteilungen Netzplanung und -management sich intensiver mit den neuen, wachsenden Aufgaben beschäftigen können, die die Energiewende und die Elektromobilität mit sich bringen. Denn Fragen wie „Wo wird eine Netzverstärkung nötig?“ oder „Wie lassen sich Lastspitzen minimieren?“ werden immer mehr an Bedeutung gewinnen. Hier ist im Sinne maximaler Wirtschaftlichkeit Kreativität statt Kupfer gefragt – eine Kreativität, die erfahrenes Personal einbringen kann, wenn es bei seinen anderen Aufgaben entlastet und bei Entscheidungsprozessen besser unterstützt wird.
Modernes Arbeitsumfeld schaffen
Die Digitalisierung des Verteilnetzes schafft also ein neues Arbeitsumfeld, das erfahrene und weniger erfahrene Personen gleichermaßen entlastet. Allerdings gehen die Veränderungen im Zuge einer Digitalisierung auch einher mit einem Wandel in den Köpfen. Während die Jungen – vielleicht sind sie sogar Digital Natives – sich leichttun werden, IT-Tools als Hilfen anzunehmen und in ihnen eine Aufwertung des Arbeitsplatzes sehen, müssen sich die langjährigen Kolleg:innen erfahrungsgemäß intensiver mit dem Wandel auseinandersetzen und anfreunden. Hier ist Aufgabe des Managements, die Beteiligten frühzeitig mit ins Boot zu holen und sie in den Veränderungsprozess einzubeziehen, um
- Hemmnisse und Ängste der Belegschaft von vornherein abzubauen
- das Wissen der Fachleute direkt in das Digitalisierungsprojekt einfließen zu lassen
Von anderen Digitalisierungsprojekten lernen
Das Management kann bei diesem Wandel von den Erfahrungen aus anderen Digitalisierungsprojekten profitieren. Einige Anregungen:
- Definition des Fernziels (z.B. „Begleiten der Energiewende durch Netztransparenz und Netzautomation“)
- Frühzeitige Kommunikation des Zieles
- IT als Hilfe für den Menschen und nicht als Ersatz für Arbeitsplätze kommunizieren
- Vor der Einführung einer Smart-Grid-Lösung den Bedarf der Abteilungen analysieren und priorisieren
- Eruieren der Potenziale, die durch eine Smart-Grid-Lösung gehoben werden können
- Die abzubildenden Prozesse zusammen mit den Prozessbeteiligten auf den Prüfstand stellen und ggf. modifizieren
- Bei der Prozessoptimierung sowohl junge als auch erfahrene Kolleg:innen einbeziehen, um die Erfahrungen und Ideen für neue Herangehensweisen kennenzulernen
- Musts und Nice-to-haves trennen und sich auf die zunächst wichtigen Sachen konzentrieren
- Das Projekt in sinnvolle Schritte unterteilen, um schnell Erfolge sichtbar zu machen und frühzeitig zu lernen
- Die Lösung zunächst im kleinen Maßstab (in diesem Fall: einem Teil des Netzes) ausprobieren und optimieren, bevor sie auf den gesamten Netzbereich ausgerollt wird
- Wenn nicht alle von Anfang an eingebunden sind: Die User der ersten Stunde als Multiplikatoren und Motivatoren zu nutzen, wenn der Roll-out ansteht und die anderen Kolleg:innen eingebunden werden
- Und last but not least: Das Digitalisierungsprojekt und seine Teilziele stetig hinterfragen, es nie als fertig ansehen und Weiterentwicklungspotenziale im Auge behalten
Mitarbeiter:innen bleiben wertvollste Ressource
Wer seine Mitarbeiter:innen auf diese Weise einbindet, legt nicht nur die Basis für Akzeptanz und ein besseres Gelingen des Smart-Grid-Projekts. Er schafft zugleich das Bewusstsein, dass der Wert der Mitarbeitenden nicht allein über das in ihren Köpfen gespeicherte Wissen definiert ist. Die Erfahrung der Wissensträger bleibt unentbehrlich, auch wenn ihre Netzkenntnisse zusammen mit den Daten der Smart-Grid-Lösung gespeichert und verfügbar gemacht werden. Denn: Was Menschen – und keine Maschine – beisteuern können, sind Kritik und Kreativität. Wer die Abläufe in der Netzleitstelle, der Planung oder im Service kennt und neue Anforderungen erkennt, kann deren Abbildung in der IT besser begleiten und die neuen Herausforderungen besser meistern.
Mehrwert für Unternehmen und Mitarbeitende
Auf diese Weise schafft das Smart-Grid Doppelnutzen. Die Aufgaben des Netzbetriebs, der Netzplanung und -instandhaltung gelingen leichter. Das mindert den Stress, vermeidet Fehler und schafft Kapazität, um sich den neuen Herausforderungen der Energiewende besser zu widmen. So fördert eine Smart-Grid-Lösung sowohl, Stromangebot und -nachfrage im Verteilnetz richtig auszubalancieren, als auch bei wachsender Komplexität die Work-Life-Balance der Mitarbeitenden durch die Reduktion des Stress-Levels zu verbessern.
Autor:
Olaf Erber, Vertriebsleiter, depsys Gmbh