Therapie mit der App: DiGAs gewinnen an Schwung

Seit einem Jahr gibt es die sogenannte „App auf Rezept“. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) eröffnen seitdem neue Wege in Diagnostik und Therapie. Ekaterina Alipiev, Pfizer Healthcare Hub Berlin Lead bei Pfizer Deutschland, erklärt, wie große Pharmaunternehmen Startups bei der Entwicklung von Marktzulassungsstrategien unterstützen können.

Mit der Einführung des Digitale-Versorgung-Gesetzes hat sich für medizinische Software-Anwendungen einiges verändert: Seit Oktober 2020 ergänzen Digitale Gesundheitsanwendungen das ärztliche Behandlungsspektrum. Als zertifizierte Medizinprodukte sind sie komplett erstattungsfähig und können wie andere Heilmittel von Ärztinnen und Ärzten verordnet werden.

Die „digitalen Helfer“, deren Hauptfunktion wesentlich einem medizinischen Zweck dient, können beim Erkennen, dem Monitoring (Dokumentation), der Behandlung oder der Linderung von Krankheiten, Verletzungen und Behinderungen unterstützen. Die Funktionen sind dabei vielfältig. Sie reichen von Ernährungstipps und Anleitungen zu Bewegungsübungen über (automatische) Erfassung von Gesundheitsdaten in Therapietagebüchern bis hin zur Unterstützung einer Verhaltenstherapie bei psychischen Erkrankungen.

Vorteile für ÄrztInnen und PatientInnen

Für die Behandelnden stellen DiGAs eine sinnvolle Ergänzung der Standardbehandlung dar. Die Dokumentation von Gesundheitsdaten durch die PatientInnen in der App und die Möglichkeit des Trackings, z. B. auch durch das Tragen von Smartwatches, ermöglichen dem behandelnden Arzt oder Ärztin ein detailliertes Rundumbild des Krankheitsverlaufs. Zudem können ÄrztInnen die Gesprächszeit mit ihren PatientInnen effektiver nutzen, da ein datenbasierter Informationsaustausch die Kommunikation erleichtert und Teile der Aufklärungsarbeit durch die DiGAs übernommen werden können. Das kann das medizinische Personal entlasten.

Für die PatientInnen ergeben sich durch die aktive Beteiligung an der Therapie ebenfalls Vorteile: Das Verständnis über die eigene Krankheit kann verbessert werden und auch außerhalb der Sprechstunden besteht ein regelmäßiger Zugang zur Therapie und Information, ohne dafür Wege zurücklegen zu müssen. So kann sich die Verwendung von Gesundheitsanwendungen letztendlich positiv auf Krankheitsverlauf und Lebensqualität der PatientInnen auswirken.

In unserer Arbeit sehen wir aber auch, dass sowohl ÄrztInnen als auch PatientInnen noch Fragen und hohen Informationsbedarf bzgl. der digitalen Gesundheitsanwendungen haben. Damit sich diese in der Versorgung etablieren, braucht es noch Arbeit an der Bekanntheit und Akzeptanz der DiGAs. So wünschen sich laut einer BARMER-Umfrage 74 Prozent der Befragten einen Überblick über das bestehende App-Angebot.[1] Nur wenn eine Anwendung ausreichend bekannt ist und auf positive Resonanz sowohl unter den PatientInnen als auch den ÄrtzInnen stößt, wird diese auch verschrieben und genutzt werden.

Kooperationen von Startups und Pfizer für eine bessere medizinische Versorgung

Derzeit arbeiten viele Startups an der Entwicklung neuer DiGAs. Sie sind in der Lage, schnell und agil zu handeln und verfügen meist über eine hohe IT-Expertise. Oft fehlt es ihnen allerdings an Erfahrung bei der Zulassung oder Vermarktung von Medizinprodukten. Hier setzen wir mit unserem Hub an und arbeiten schon seit einigen Jahren mit jungen Unternehmen im Gesundheitsbereich im Rahmen individueller Kollaborationen zusammen. Ein Vorteil für beide Seiten: Pfizer profitiert von den innovativen Ideen und der agilen Struktur der Startups. Im Gegenzug steht das Pfizer-Team den Gründern beratend zur Seite und stellt Infrastruktur oder den Zugang zu Zielgruppen bereit.

Die DiGA-Zulassungsanträge sind komplex. Sie durchlaufen ein anspruchsvolles Bewertungsverfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Der Pfizer Healthcare Hub und die ExpertInnen von Pfizer aus Market Access und Medical können die DiGA-Hersteller hier bei allen Aspekten der Zulassung unterstützen. Sie entwickeln gemeinsam mit den DiGA-Herstellern Marktzulassungsstrategien einschließlich Preisgestaltung und der Evaluierung von potenziellen Partnern. Mit unseren Kontakten zu Ärzte- und PatientInnen-Netzwerken können wir außerdem dabei unterstützen, den Mehrwert einer DiGA zu kommunizieren, deren aktive Nutzung sowie die Akzeptanz bei ÄrztInnen und PatientInnen zu fördern und die Bekanntheit der Anwendung zu steigern.

Aktuell sind 24 DiGAs im Verzeichnis gelistet. Für einige ist das eine ernüchternde Zahl, für andere ist das wiederum nur der Beginn einer vielversprechenden Entwicklung. Wir bei Pfizer sehen großes Potenzial in der Einführung der DiGAs und denken, dass DiGAs ein fester Bestandteil in der Versorgung der Zukunft sein werden. Durch strategische Kooperationen zwischen Startups und Pfizer lässt sich das gemeinsame Ziel, die Entlastung der Akteure im Gesundheitswesen sowie die Ergänzung bestehender Therapien für eine bessere medizinische Versorgung, schneller und leichter erreichen.

Ekaterina Alipiev leitet seit 2018 das Pfizer Healthcare Hub Berlin des Pharmaunternehmens, das sie bereits beim Aufbau und der Entwicklung begleitete. Davon war Alipiev Gründerin von Jourvie, einer App zur Unterstützung der Therapie von Essstörungen. Sie studierte Medien, Kommunikation und PR in Berlin, Trier und Zürich

[1] Barmer.de. BARMER-Umfrage zu Gesundheits-Apps – Ärzte stehen digitalen Helfern offen gegenüber. Link: https://www.barmer.de/presse/presseinformationen/pressemitteilungen/barmer-umfrage-zu-gesundheits-apps—aerzte-stehen-digitalen-helfern-offen-gegenueber-247444. Zuletzt abgerufen am 17.11.2021