Stadtwerke: Helden der Pandemie

Stefan Sagmeister, Chefredakteur, Energie & Management Verlagsgesellschaft mbH

Jede Krise hat ihre Gewinner – auch in dieser Pandemie. Zu den Gewinnern der Corona-Krise gehören sicherlich die Stadtwerke. Allerdings ist mit Gewinn kein finanzieller gemeint. Profitiert haben sie bei Reputation und Image.

Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen, kann das mit Zahlen belegen. Im jährlichen „Vertrauensranking“ des Meinungsforschungsinstituts Forsa zeigt sich, dass im Zug der Corona-Krise das Vertrauen in die Stadtwerke um acht Prozentpunkte auf 75 % gestiegen ist. „Das ist das gleiche Level wie das Bundesverfassungsgericht, mehr geht kaum“, sagt Liebing im Gespräch mit E&M.

Das abgelaufene Jahr 2020 war für die Unternehmen in der Energiebranche sicher das ungewöhnlichste seit der Wiedervereinigung. Für manches westdeutsche Stadtwerke sogar das ungewöhnlichste nach dem Zweiten Weltkrieg. Dessen Ende ist nun auch schon wieder 75 Jahre her. Doch die Versorger haben bislang geliefert in der Krise.

Vereinzelt produzierten die Versorger sogar Heldengeschichten

Die Strom-, Wärme- und Wasserversorgung war immer und zu jedem Zeitpunkt gewährleistet. Vereinzelt produzierten die Unternehmen nicht nur Energie, sondern sogar Heldengeschichten. Dazu gehört sicherlich die von den 53 Mitarbeitern der Wien Energie, die sich im März 2020 vier Wochen lang in den Kraftwerken selbst kasernierte, um die Stromversorgung in der österreichischen Hauptstadt aufrechtzuerhalten. Die Mitarbeiter wurden deswegen auch in deutschen Medien gefeiert.

Viele Stadtwerke machten und machen in der Pandemie einfach ihre Arbeit – was die Bürger/Kunden/Verbraucher dankbar aufnahmen. Für viele Betroffene, die sich über Nacht mit Homeoffice und Homeschooling konfrontiert sahen, war der eigene Alltag anspruchsvoll genug. Die Krise schafft ihre eigenen Probleme – das einer sicheren Energieversorgung gehört nicht dazu.

Für die Stadtwerke kann das ein entscheidender Vorteil werden. Galten sie lange als konservativ und verschlafen, so hat sich dieser Eindruck in der Pandemie gewandelt. Stadtwerke haben heute den Ruf als verantwortungsbewusste und vorausschauende Unternehmen. Wo, wenn es hart auf hart geht, auch ganze Kerle gefragt sind, siehe Wien. Bei der Suche nach neuen Mitarbeitern ist das sicherlich kein schlechtes Argument. Wer das Argument noch paart mit den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit hat bei jungen Fachkräften sicherlich gute Karten.

Die Nach-Pandemie-Zeit wird anspruchsvoll

Ein anderer Punkt: Den Kritikern der kommunalen Energieversorgern dürfte es künftig schwerer fallen, mit ihrem Argwohn gegen alles Staatliche beim Volk zu punkten. Vor allem die FDP hatte (je nach Höhe des Wahlergebnissees) mit ihrer Devise „Privat vor Staat“ einigen Stadt- und Gemeindewerken in der Vergangenheit das Leben schwer gemacht. Alle haben in der Corona-Krise gleich gut geliefert – egal ob private oder kommunale Energieunternehmen.

Auch bei der Diskussion um die Strompreise können die Stadtwerke künftig auf die Erfolge in der Pandemie verweisen. Qualität hat seinen Preis – und Qualität heißt in Zeiten der Krise Versorgungssicherheit. Trotzdem werden auch die Nach-Pandemie-Zeiten für die Energieversorger anspruchsvoller. Sie müssen nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in den kommenden ein, zwei Jahren finanzielle Einbußen wegstecken. Vor allem die Kommunalversorger müssen sich darauf einstellen, dass ihnen die Städte und Gemeinden wegen der eigenen hohen Pandemieausgaben kaum finanzielle Spielräume lassen werden.