So gelingt Dekarbonisierung in der Industrie

Die Dekarbonisierung ist ein notwendiges Unternehmensziel auf dem Weg hin zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft. Leider haben zahlreiche Unternehmen noch keine klare Klimastrategie oder handfesten Projektplan für die Dekarbonisierung. Hier besteht dringender Handlungsbedarf – auch, weil die Transformation in wirklich allen Industrien nicht von heute auf morgen stattfinden kann, sondern sich über Jahre erstrecken wird.

Standards der EU-Taxonomie erfüllen
Bis zu 800 Milliarden Euro sollen in den kommenden zehn Jahren europaweit in die grüne Transformation der Industrie fließen. Hier greift nun die Taxonomie-Verordnung der Europäischen Union. Ein Unternehmen gilt als nachhaltig, wenn es die Kriterien der EU-Taxonomie erfüllt. Die Herausforderung für die Unternehmen besteht darin, die eigenen Aktivitäten nach den einheitlichen und transparenten Standards der EU-Taxonomie auszurichten. Aktuell betrifft dies zwar erst die großen, kapitalmarktorientierten Unternehmen. Durch die neuen Richtlinien fällt jedoch bereits in zwei bis vier Jahren ein großer Anteil der Firmen in den Anwendungsbereich der Taxonomie. Die Integration der Taxonomie-Standards ist für sie unabdingbar, obgleich sie einen Kraftakt für viele Industrie- und Energieunternehmen bedeutet.

Branchenspezifische Auslegungen, aber auch hohe Reporting-Standards sowie die Integration in ein bereits automatisiertes ESG-Managementsystem binden aktuell viele Ressourcen der Firmen und setzen zugleich viele Neuerungen interner Prozesse voraus. Es bedarf eines Konzepts und einer Strategie als Basis für die Finanzierung und die Identifikation der eigenen, internen Fähigkeiten für die notwendige Dekarbonisierung. Natürlich darf dabei die Profitabilität nicht leiden; vielmehr besteht das Ziel darin, dass Nachhaltigkeit und Klimaschutz die Ertragskraft steigern sollen.

Externe Herausforderungen auf dem Weg zur Green Transformation
Neben den internen Herausforderungen, den Standards der Taxonomie gerecht zu werden, kommen weitere von außen hinzu. Da wäre die unzureichende Stromerzeugung und Wasserstoffgestehung innerhalb Europas – hier besteht nach wie vor eine Abhängigkeit zu anderen Märkten -, die wir auf lange Sicht in den Griff bekommen müssen. Des Weiteren fehlen klare Regeln mit industriellen Partnern im Ausland, um die globale Lieferkette einheitlich zu dekarbonisieren, sowie entsprechende Zertifizierungsregeln.

Für jede Branche der richtige Ansatz
Unabhängig davon müssen sich die Nachhaltigkeitsverantwortlichen mit den spezifischen Gegebenheiten und Chancen für ihre Branche auseinandersetzen. Denn für die unterschiedlichen Industrien gibt es verschiedene Ansätze, die Dekarbonisierung voranzutreiben. Wir begleiten beispielsweise Unternehmen der Chemischen Industrie dabei, den vorhandenen grauen Wasserstoff durch grünen Wasserstoff zu ersetzen. Für Raffinerien wiederum kann künftig eine Chance darin liegen, Wasserstoffproduktion als wesentlichen Teil der Wertschöpfung zu übernehmen, da konventionelle Kraftstoffe immer weniger zum Einsatz kommen werden.

Ein weiteres Beispiel ist die Stahl- und Metallindustrie. Grüner Wasserstoff und der Einsatz von grünen Hochöfen zur Vermarktung des ersten grünen Stahls könnten den klassischen Kohlehochofen überflüssig machen und letztlich zu einer klimaneutralen Stahlproduktion führen. Eine schwedische Testproduktion hat gezeigt, dass es möglich ist, fossilfreies Wasserstoffgas zu nutzen, um Eisenerz zu reduzieren, anstatt Kohle und Koks zu verwenden. Die Reduktion auf Wasserstoffbasis ist eine Zäsur zwischen der konventionellen und der fossilfreien Stahlproduktion. Der so hergestellte Eisenschwamm ist quasi der Rohstoff für den klimaneutralen Stahl der Zukunft.

Wasserstoff und Power Purchase Agreements als Lösungsbausteine
Darüber hinaus liegt ein weiterer Fokus auf der Dekarbonisierung von kompletten Industriestandorten, indem unter anderem Gas durch Wasserstoff ersetzt wird. Auch der intensivere Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien durch Power Purchase Agreements (PPA) trägt seinen Teil zur Dekarbonisierung bei: Sinkende Gestehungskosten für Wasserstoff werden die importierten und produzierten Mengen an Wasserstoff massiv beschleunigen.

Chancen für die Dekarbonisierung nutzen
Ein Blick in die Zukunft zeigt die Möglichkeiten, nicht nur Industrien, sondern auch komplette Logistikketten zu dekarbonisieren. Dies geschieht, indem die Waren von durch Brennstoffzellen betriebenen LKW und Eisenbahnen oder durch gasbetriebene Schiffe abgeholt und transportiert werden. Schon heute wäre das möglich und erstrebenswert.

Denn wie man es dreht und wendet, für eine klimafreundliche Zukunft ist die Reduzierung von Kohlendioxidemissionen und die Hinwendung zu alternativen Energiequellen auch auf wirtschaftlicher Ebene unabdingbar. Dies gelingt Unternehmen mit einer klaren Vision und einer durchdachten Dekarbonisierungsstrategie. Um auch künftig profitabel und wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten Firmen lieber heute als morgen mit den ersten Schritten zur Dekarbonisierung beginnen.