Smarte Praxen gegen den Ärztemangel

Deutschland hat ein ernsthaftes Problem: Der zunehmende Mangel an Hausärzten nimmt dramatische Ausmaße an. Bereits jetzt sind rund 4.000 Hausarztpraxen unbesetzt und rund 40% der Ärzte älter als 60 Jahre alt. Studien gehen davon aus, dass bis 2035 rund 11.000 Praxen vakant sein werden. Das wäre jede fünfte Praxis.

Vor allem in ländlichen Regionen zeichnet sich eine gefährliche Versorgungslücke ab. Schätzungen zufolge könnten dann bis zu 16,5 Millionen Menschen keinen Zugang mehr zu einem Hausarzt haben – heute noch eine Selbstverständlichkeit. Wir haben uns mit LillianCare der Herausforderung gestellt und ein Modell entwickelt, das nicht nur schnell Abhilfe schafft, sondern auch eine skalierbare Lösung für die Zukunft bietet.

Smarte Praxen: Ärzte und PAs im Team

Dabei verfolgen wir ein Konzept, das auf der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und nicht-ärztlichen, akademisch ausgebildeten Behandlern – sogenannten Physician Assistants (PAs) – basiert. Diese Kombination erlaubt es, die knappen ärztlichen Ressourcen optimal zu nutzen.

Unterstützt durch eine ausgeklügelte IT-Infrastruktur stellen wir alles Notwendige bereit: von der Praxisausstattung über Personal bis hin zur Organisation. Die Behandler vor Ort können sich vollkommen auf die medizinische Versorgung konzentrieren, während das organisatorische und technische Rahmenwerk von LillianCare übernommen wird.

Erfolgsmodell Partnerpraxis

Seit der Eröffnung der beiden ersten Partnerpraxen im März und Mai 2024 in Nastätten und Neuerburg – beide in Rheinland-Pfalz – zeigt sich, dass das Modell erfolgreich funktioniert. Beide Praxen verzeichnen stark steigende Patientenzahlen – im ersten Quartal wurden jeweils über 1.000 neue Patienten behandelt. Die Praxen sind vollständig in das reguläre Versorgungssystem integriert und können sämtliche Leistungen über die Kassenärztliche Vereinigung abrechnen.

Diese vielversprechenden Ergebnisse spiegeln nicht nur die Akzeptanz des Modells bei den Patienten wider, sondern zeigen auch, dass die Lösung praktikabel und skalierbar ist. Rückenwind für die weitere Entwicklung.

Physician Assistants: Die Antwort auf den Ärztemangel

Unser Modell basiert auf einer klaren Aufgabenverteilung zwischen Arzt und PA. Weniger komplexe Fälle übernimmt der Physician Assistant, während der Arzt für die komplizierten Diagnosen zuständig ist. So wird aber nicht nur der Patientenfluss optimiert. Die hohe medizinische Qualität ist dadurch gesichert, dass jede Diagnose und Therapieentscheidung abschließend durch einen Arzt überprüft wird.

Somit kommt den PAs eine entscheidende Rolle zu. In Deutschland hat ein/e PA zunächst eine medizinische Ausbildung absolviert, zum Beispiel als MFA (Medizinische Fachangestellte/r), Gesundheits- und Krankenpfleger/in oder MTA (Medizinisch-Technische/r Assistent/in). Daran schließt sich ein sechs- bis siebensemestriges Studium an einer Hochschule an.

Derzeit gibt es in Deutschland rund 2.000 PAs, von denen mehr als 90 % im Krankenhaus arbeiten. In etwa drei Jahren wird die Zahl voraussichtlich auf 5.000 steigen, da der Studiengang boomt und sich im letzten Wintersemester über 1.500 neue Studierende eingeschrieben haben.

Es wird möglich, in urbanen Gebieten zu leben und gleichzeitig Patienten in ländlichen Regionen zu betreuen.

Linus DropCEO und Co-Founder, Lillian Care GmbH

Digitale Lösungen: Effizienz durch smarte Technologie

Wir nutzen fortschrittliche Technologien, um Effizienz und Qualität der Behandlung zu gewährleisten. Ein selbstlernender Algorithmus unterstützt die Terminvergabe und sorgt dafür, dass die richtigen Fälle den richtigen Behandlern zugewiesen werden. Die LillianCare-App ist so in der Lage, vorherzusagen, ob ein Arzt oder ein Physician Assistant die Behandlung durchführen sollte.

Aber auch der Behandlungsprozess selbst wird umfassend digital unterstützt. Dazu haben wir Behandlungspfade entwickelt und diese in die Praxissoftware integriert. Möglich wurde dies durch eine enge Partnerschaft mit T2med, einem innovativen Entwickler von Software für Arztpraxen. Dazu wurde eine bidirektionale Schnittstelle zwischen den Tools von LillianCare und dem ärztlichen Dokumentations- und Abrechnungssystem entwickelt. Dadurch können Daten nahtlos zwischen beiden Systemen ausgetauscht werden, was die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und PAs effizienter gestaltet und den gesamten Behandlungsprozess unterstützt.

Neue Arbeitswelten für Ärzte: flexibel und ortsunabhängig

Ein entscheidender Vorteil unseres Modells ist die Flexibilität, die es Ärzten bietet. Diese verbringen etwa die Hälfte ihrer Arbeitszeit in der Praxis vor Ort und den Rest im Home-Office. So wird es möglich, in urbanen Gebieten zu leben und gleichzeitig Patienten in ländlichen Regionen zu betreuen.

Diese Arbeitsweise spricht insbesondere jüngere Ärzte an, die eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben anstreben. Ein wichtiger Pluspunkt in einem Bereich, der stark unter Fachkräftemangel leidet.

International bewährtes Konzept etabliert sich in Deutschland

Das hybride Modell, auf das wir setzen, ist nicht neu. In skandinavischen Ländern, Großbritannien, den USA und Kanada hat sich das Zusammenspiel von Ärzten und PAs seit Jahren bewährt. LillianCare bringt dieses erprobte Modell nun erfolgreich nach Deutschland und passt es den hiesigen Gegebenheiten an.

Bis 2028 planen wir die Eröffnung von 200 Partnerpraxen in ganz Deutschland. Dieses ambitionierte Ziel wird durch die steigende Nachfrage und die ersten Erfolge des Modells gestützt. Wir setzen auf diesem Kurs alles daran, die Versorgungslücken zu schließen und gleichzeitig Ärzten attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten.

Investoren und Entscheidungsträger im Gesundheitswesen sind nun aufgerufen, dieses zukunftsweisende Modell zu unterstützen, um die medizinische Grundversorgung in Deutschland nachhaltig zu sichern.

Pragmatik für die Zukunft der Gesundheitsversorgung

Mit seinem hybriden Modell setzt LillianCare dort an, wo der Mangel am größten ist – in der hausärztlichen Versorgung. Durch die Einbindung von Physician Assistants, den Einsatz modernster Technologie und die Bereitstellung einer umfassenden Infrastruktur schaffen wir eine Lösung, die nicht nur akut hilft, sondern auch langfristig tragfähig ist.

Angesichts der steigenden Zahl älterer Hausärzte und der großen Versorgungslücken wird das LillianCare-Modell einen relevanten Beitrag zur Sicherung der medizinischen Grundversorgung leisten – und damit das Fundament für die Zukunft der hausärztlichen Versorgung in Deutschland legen.

Artikel aus dem Handelsblatt Journal How to future Health vom 05.11.2024

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