Schachzug Zukunft: Wie Banken den Umbruch meistern

Artikel aus dem Handelsblatt Journal Banking 2025 vom 03.09.2025

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem Schachbrett – jeder Zug will gut überlegt sein. Doch es geht nicht nur darum, die nächsten Schritte zu planen, sondern auch die möglichen Züge Ihres Gegners vorauszusehen und flexibel auf unerwartete Wendungen zu reagieren. So fühlt sich die Rolle als Vorstand in der deutschen Bankenbranche 2025 an. In einem Umfeld, das von rasanter technologischer Innovation, sich wandelnden Kundenbedürfnissen und intensivem Wettbewerb geprägt ist. Man will nicht nur reagieren. Es gilt, strategisch zu denken und Chancen mutig zu ergreifen – mit klarem Blick nach vorn.

Politik und Wirtschaft müssen jetzt die Potenziale nutzen

Neben diesen Herausforderungen hat der Bankenmarkt auch eine politische Erwartungshaltung, die nicht weniger komplex ist. Die neue Regierungskoalition muss eine verlässliche und innovationsfreundliche Wirtschafts- und Finanzpolitik vorantreiben, die den digitalen Fortschritt am Bankenmarkt und darüber hinaus fördert, die Stabilität der Wirtschaft inmitten globaler Konflikte wieder verbessert und damit auch die branchenübergreifende Wettbewerbsfähigkeit stärkt.

Ein wichtiger Impuls für den digitalen Zahlungsverkehr ist bereits vorgesehen: Die neue Regierung plant beim Thema Bezahlen vor allem, das bargeldlose Bezahlen flächendeckend zu fördern und für Verbraucher einfacher und attraktiver zu machen. Künftig soll in allen Geschäften mindestens eine digitale Zahlungsmöglichkeit zur Verfügung stehen – ein aus meiner Sicht längst überfälliger Schritt, wenn man z. B. nach Skandinavien schaut.

Künstliche Intelligenz

Die Geschwindigkeit, mit der sich die Finanzlandschaft aktuell verändert, ist beeindruckend. Künstliche Intelligenz durchdringt zunehmend alle Bereiche des Bankgeschäfts. Sie revolutioniert die Effizienz von Bankprozessen, verändert die Kundeninteraktion und wird in Zukunft ganze Geschäftsmodelle mitgestalten. Laut einer McKinsey-Studie zu den Potenzialen generativer KI wird allein in der Finanzbranche ein Umsatzwachstum bis 2030 von 2,8 bis 4,8 Prozent prognostiziert, was einem zusätzlichen Ertrag von 184 bis 313 Milliarden Euro jährlich entspricht.

Als innovative Direktbank hat die DKB den Anspruch, zu einem der Vorreiter beim Einsatz von KI am deutschen Bankenmarkt zu gehören. Wir erhöhen im Back- und Frontend den Anteil automatisierter Services erheblich. Ziel ist es, ein deutlich skalierbareres Betriebsmodell zu schaffen, das auf Marktveränderungen sehr flexibel und zugleich kosteneffizient reagieren kann. Gleichzeitig gilt es im Sinne der Kundinnen und Kunden, die Balance zwischen direktem Kundenkontakt und dem Einsatz von KI zu finden.

Ein zentraler Baustein unserer aktuellen KI-Anwendungsgebiete ist der DKB-Digital-Agent: ein GenKI-gestützter Servicekanal, der rund um die Uhr verfügbar ist und Kundenanliegen in Echtzeit bearbeitet – von einfachen Servicefragen bis hin zur gezielten Weiterleitung komplexerer Fälle. Damit entlasten wir nicht nur unsere Mitarbeitenden, sondern verbessern auch die Erreichbarkeit und Reaktionsgeschwindigkeit im Kundenservice nachhaltig.

Auch der Anteil von Kreditentscheidungen, die durch KI-Algorithmen unterstützt sowie vollständig automatisiert werden, steigt rasant. Das ermöglicht nicht nur eine schnellere Bearbeitung, sondern wird auch eine präzisere Einschätzung von Kreditrisiken bringen – ein entscheidender Faktor angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheiten.

Bei der DKB werden heute bereits über 45 Prozent der Privatdarlehen automatisch abgeschlossen. Es ist das Ziel, zukünftig sämtliche Kreditprozesse im Sinne der Kundenzufriedenheit schneller und effizienter zu gestalten.

 

Digitale Resilienz, innovative Technologien und eine zielgerichtete Kundenorientierung sind der Schlüssel.

Dr. Sven DeglowCEO, Deutsche Kreditbank (DKB)

 

Radikale Modernisierung

Die digitale Transformation ist kein Selbstläufer. Der Wettbewerb durch Neobanken und BigTechs wächst stetig. Der „Digital Banking Experience Report 2025“ von Sopra Steria zeigt, dass nur etwa 35 Prozent der deutschen Bankkunden sich wirklich wertgeschätzt fühlen.

Im Vergleich dazu erreichen digitale Herausforderer in anderen Märkten außerhalb Deutschlands Kundenzufriedenheitswerte von über 70 Prozent.

Diese neuen Anbieter punkten global mit schnellen digitalen Services, die gerade jüngere Kunden ansprechen. Sie bieten innovative Features wie Sparziele, Investment-Tools oder KI-gestützte Finanzcoachings basierend auf jüngst entwickelter IT- und Cloud-Infrastruktur. Für etablierte Banken bedeutet das: Um langfristig Marktanteile zu sichern, müssen sie nicht nur ihre IT-Infrastruktur modernisieren, sondern ihre Geschäftsmodelle überdenken oder auch Kommunikationswege neu ausrichten.

Nachhaltigkeit

Laut dem Trendbarometer „Sustainable Finance 2025“ von BearingPoint legen die Verbraucher weiterhin Wert auf die nachhaltige Ausrichtung ihrer Bank – sie ist aber nicht der dominierend Entscheidungsfaktor für oder gegen eine Bank. Das Thema Sustainable Finance hat nach unseren Beobachtungen im Kontext der Zinswende im Jahr 2022 vor allem im Retailgeschäft an Fahrtwind bei den Kunden verloren, da klassische Sparprodukte wieder mehr im Fokus standen. Für die DKB ist Nachhaltigkeit dennoch kein Fähnchen im Wind, sondern eine Frage der Haltung. Banken sind wesentliche Enabler der grünen Transformation der deutschen Wirtschaft und damit auch Taktgeber der damit verbundenen Finanzströme.

Die DKB geht hier am deutschen Markt als eine der nachhaltigsten Banken unter den Top 20 voran und hat die grüne und soziale Kreditvergabe bereits seit Jahrzehnten tief im Geschäftsmodell verankert. Nachhaltiges Banking ist kein reines Produktthema mehr, sondern ein umfassendes Versprechen der Geschäftspolitik einer Bank entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Stabilität

Neben technologischen und regulatorischen Herausforderungen bleibt die geopolitische Lage angespannt. Militärische Auseinandersetzungen und Handelskonflikte wirken sich unmittelbar auf die Finanzmärkte und die wirtschaftliche Stabilität aus. Banken müssen sich auf volatile Märkte einstellen und gleichzeitig ihre Rolle als verlässliche Partner für Unternehmen und Privatkunden stärken.

Gerade in unsicheren Zeiten wird die Fähigkeit, Orientierung zu bieten, zum Wettbewerbsvorteil. Banken sind nicht nur Finanzdienstleister, sondern auch Berater und Risikomanager, die Unternehmen bei Investitionsentscheidungen und Liquiditätsplanung unterstützen können.

Zuversicht

Die deutsche Bankenbranche steht heute und auch in den nächsten Jahren vor einem tiefgreifenden Wandel, der von strukturellen Umbrüchen, Digitalisierung und anhaltenden Unsicherheiten geprägt ist. Doch sie besitzt die Instrumente und das Potenzial, diesen Wandel aktiv zu gestalten. Digitale Resilienz, innovative Technologien und eine zielgerichtete Kundenorientierung sind der Schlüssel.

Im Branchendialog werden wir diese Herausforderungen gemeinsam meistern und die Zukunft des Bankings gestalten – mit Mut, Pragmatismus und einer klaren Vision. Sowohl die Wirtschaft als auch die Politik haben jetzt die Chance, die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Der nächste Schachzug ist also entscheidend und sollte strategisch gut überlegt sein, um als Gewinner dieses Wandels hervorzugehen.

Bild: © DKB/Monique Wüstenhagen

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Dieser Artikel ist im aktuellen Handelsblatt Journal „BANKING 2025“ erschienen. Das vollständige Journal können Sie sich hier kostenlos herunterladen:
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