Resiliente Chemie – krisenfest und zukunftsweisend

Widerstandsfähiger werden – eine zentrale Lehre aus der Pandemie.

Schlagartig und schmerzlich hat die Corona-Pandemie die Zerbrechlichkeit unserer Welt offenbart – eine globale Zäsur, die auch vor Augen führt, wie sehr wir auf ein Funktionieren der Wirtschaft und ihrer Schlüsselbereiche wie der Chemie angewiesen sind. Die Branche muss nun die Lehren daraus ziehen und sich noch besser für die vielen Herausforderungen der kommenden Jahre und Jahrzehnte rüsten. Kurs nehmen auf Resilienz heißt: nachhaltiger und digitaler werden, flexibler und kollaborativer. Daran arbeitet die Chemieindustrie bereits. Aber sie muss den Turbo einlegen, um weltweit Maßstäbe zu setzen und auch den Standort Deutschland nach vorn zu bringen.

Ein winziger Erreger stürzt im Nu die Menschheit in eine ihrer tiefsten Krisen – darauf waren wir nicht gefasst. Pandemien rangierten in den Risiko-Szenarien bisher unter ferner liefen. Nun führt uns Corona erschreckend vor Augen, wie überaus verletzlich die Welt ist, die wir zu beherrschen wähnen. Umweltkatastrophen infolge des Klimawandels, Cyberattacken, kollabierende Finanzsysteme – diese und viele andere menschengemachten Risiken brodeln unter der Oberfläche. Und eines ist sicher: Wir müssen uns darauf einstellen, dass solche Extreme immer häufiger werden, wie unlängst auch der Versicherungskonzern Allianz in seinem jährlichen Risikobarometer betont hat.

Klar ist auch: Wenn schon durch einen gestrandeten Tanker im Suezkanal der globale Handel plötzlich auf dem Trockenen sitzt, dann ist es höchste Zeit, unser Wirtschaftssystem systematisch robuster zu machen. Das heißt, wir sollten alle daran mitzuwirken, die Ursachen globaler Risiken und Fehlentwicklungen zu beheben. Wir müssen aber auch die Nehmerqualitäten von Firmen und Branchen verbessern – was im Zauberwort Resilienz zum Ausdruck kommt. Das gilt besonders für die Chemie. Denn Deutschlands drittgrößte Branche ist nicht nur selbst angewiesen auf reibungslose Wertschöpfungsketten, sie beeinflusst als Mutter aller Industrien ganz erheblich auch das Funktionieren unzähliger anderer Sektoren und ganzer Volkswirtschaften.

Vier Schlüsselfelder

In vier Schlüsselfeldern ist die Chemie- und Kunststoffindustrie bereits auf dem richtigen Weg: Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Flexibilisierung und Kollaboration. Stichwort Nachhaltigkeit: Klimawandel und Umweltverschmutzung, das Ringen um Rohstoffe und Nahrung, Armut und Elend – die Branche sollte noch entschiedener daran mitwirken, all diese Zeitbomben zu entschärfen, durch Medikamente, agrochemische Produkte und Hightech-Polymere. Stichwort digitale Revolution: Es gilt, die Digitalisierung durchgängig zu etablieren, von Forschung über Beschaffung, Produktion, Vertrieb und Logistik bis zur Entsorgung.

Eng damit verbunden: Die Branche muss noch wendiger werden. Sie muss schneller antworten auf neue Nachfragemuster. Sie muss sich mehr Spielraum in den Lieferketten schaffen, ohne nur auf Effizienz und Kosten zu achten. Und sie muss ihre Transparenz und Analysefähigkeit erhöhen. Schließlich Kollaboration: In unserer vernetzten Welt gegenseitiger Abhängigkeiten schaffen wir wirkliche Lösungen nur im engen Schulterschluss. Gemeinsame Projekte etwa von Chemie, Stahl, Energie weisen hier in die richtige Richtung.

Sicherlich braucht es hier und da noch ein Mehr an Entschlossenheit und Konsequenz, an Mut und Durchhaltewillen. Vor allem aber sind die richtigen Rahmenbedingungen unerlässlich: Offenheit für Innovationen statt erdrückenderer Regulierung, Planungssicherheit statt Attentismus, um die dringenden Investitionen in die Zukunft tätigen zu können. Das zweite Pandemie-Jahr kann und muss ein Jahr des Aufbruchs werden und ein Momentum erzeugen. Damit die Unternehmen, die Wirtschaft und letztlich die Gesellschaft zukunftsoffen und zukunftssicher sind – gewappnet für Krisen sowie gewillt und befähigt, deren Wurzeln zu kappen.