„Nur beim privaten Kapitalanleger ist die Nachfrage stabil“ Jens R. Rautenberg, Geschäftsführer Conversio Gruppe

Ob Mietwohnungen als Kapitalanlage weiterhin gefragt sein werden und wie sich die Assetklasse in den kommenden Jahren entwickeln wird, lesen Sie im Interview mit Jens R. Rautenberg.

Gewohnt wird ja vermeintlich immer – aber wie unbeeindruckt ist die Wohnimmobilie als Asset Klasse vom derzeitigen Markumfeld wirklich, Herr Rautenberg?

Wir haben eine komplexe Situation. Und diese nicht erst durch die Zinswende und den Krieg in der Ukraine. Spätestens die regulatorischen Eingriffe in die Wohnungsmärkte mit Mietendeckel und Co. haben viele Anleger zum Nachdenken veranlasst, welche Asset Klasse im Immobiliensegment für sie die passendste ist. Die klassische Wohnung hat dabei nicht immer die Nase vorne gehabt. Ehemalige Nischenmärkte wie Serviced Apartments, Microliving oder auch neue Formen von altersgerechten Wohngemeinschaften haben sich vor diesem Hintergrund erstaunlich schnell etabliert. Die Nachfrage der Anleger war ein treibender Faktor.

Ist die klassische Mietwohnung also tot?

Die Zinswende hat dazu geführt, dass sich aktuell insbesondere die institutionellen Anleger sowie viele Eigennutzer von der klassischen Wohnung verabschieden. Aber bei privaten Kapitalanlegern, die eine oder vielleicht zwei Wohnungen in ihrem Leben beispielsweise zur Altersvorsorge erwerben, ist die Nachfrage absolut stabil. Nur dort zeigt sich der Markt bisher wirklich unbeeindruckt. Das liegt daran, dass höhere Fremdkapitalkosten bei privaten Anlegern steuerlich aufgefangen werden. Solange sich die Zinsen in einem Korridor bewegen, der bei ungefähr vier bis etwas mehr als fünf Prozent liegt, liegt die monatliche Gesamtbelastung in der Regel genauso hoch wie vor der Zinswende. In der Nachsteuerbetrachtung sieht man beim privaten Anleger tatsächlich kaum einen Unterschied, solange die Kaufpreise ungefähr auf dem aktuellen Niveau bleiben.

Aber steigen die Preise denn nicht weiter?

Der Preisanstieg erfährt gegenwärtig einen Dämpfer, weil die institutionellen Anleger als Nachfragegruppe in weiten Teilen zurückziehen. Außerdem sind private Eigennutzer, die ihre Wohnung nicht zur Vermietung erwerben, als Käufergruppe weitgehend weggebrochen. Denn für sie greift der Steuervorteil nicht.

Aber, und das ist wichtig, die gegenwärtige Unsicherheit hat für eine Vollbremsung im Wohnungsbau gesorgt. Bei 40 Prozent der Projekte stehen die Planungen, der Vertrieb und die Baustelle still. Die Wohnungsbauziele der Bundesregierung lassen sich so nicht erreichen und es zeichnet sich ein weiter zunehmender Wohnungsmangel ab. Mittel- und Langfristig wird sich dieser Mangel auch in steigenden Preisen niederschlagen.

Bei klassischen Mietwohnungen liegen wir bei Renditen zwischen 2 und 3 Prozent – wohin verlagert sich die Nachfrage von Investoren und Kapitalanlegern, gerade wenn die Inflation hoch ist?

Mietwohnungen sind als Kapitalanlage bei privaten Anlegern weiter gefragt – sie gelten als besonders sicher und langfristig sind die Preise noch immer gestiegen. Aber private Kapitalanleger gehen mittlerweile auch in höherrentierliche Segmente innerhalb des Wohnungsmarktes. Ein Beispiel sind Pflege-Wohngemeinschaften. Dabei handelt es sich um einzelne, real geteilte altersgerechte Wohnungen innerhalb eines überschaubaren Gebäudekomplexes, der komplett an einen Betreiber vermietet ist. Die Rendite für den Privatanleger kommt hier also nicht aus der Vermietung auf dem klassischen Wohnungsmarkt, sondern aus der Vermietung an den besagten Betreiber. Ansonsten ist aus Anlegersicht aber alles weitgehend identisch im Vergleich zur klassischen Wohnung.

Institutionelle Investoren werden wohl aktuell eher in anderen Assetklassen nach Anlagemöglichkeiten suchen. Mittelfristig deutet sich aber an, dass sich die Baupreise wieder entspannen werden – Handwerker sind auf einmal wieder verfügbar und auch Materialpreise fallen wieder. Vielleicht erlebt der Neubau in 2-3 Jahren einen erneuten Boom.