Neues Online-Programm für pflegende Angehörige

Von Anna Engberg, Healthcare IT News

Ein Viertel aller häuslich Pflegenden in Deutschland gilt als hoch belastet, zeigt ein aktueller Report. Besonders Angehörige von Demenz-Kranken sind betroffen. Mit einem interaktiven Online-Programm will die AOK Abhilfe schaffen.

Jeder Vierte, der einen Angehörigen zuhause pflegt, ist durch die Pflege hoch belastet, so das Ergebnis einer repräsentativen Befragung für den „Pflege-Report 2020“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Mit dem kostenlosen Online-Programm „Familiencoach Pflege“ will der gesetzliche Krankenkassenverbund diesem Status Quo jetzt entgegenwirken.

Das neue Online-Angebot der AOK umfasst Informationen, Übungen und mehr als 50 interaktive Inhalte wie Videos und Audios, welche die Betroffenen in ihrer Pflegesituation abholen und auf Schwierigkeiten in spezifischen Fällen wie Demenz oder Sterbebegleitung eingehen.

Entwickelt wurde das AOK-Programm durch eine Expertengruppe unter Mitwirkung betroffener, pflegender Angehöriger. Der Hintergrund war das Fazit aus dem jüngsten, noch unveröffentlichten „Pflege-Report“ des WIdO, der zusammen mit dem Institut Forsa im Winter 2019/20 über 1100 pflegende Angehörige in Deutschland zu deren körperlich-psychischen Gesamtzustand befragte.

Dem Bericht zufolge wurden 26 Prozent der Befragten auf der sogenannten „Häusliche-Pflege-Skala“ (HPS) als „hoch belastet“ eingestuft. Berücksichtigt wurden dabei Faktoren wie Lebenszufriedenheit, körperliche Erschöpfung und psychische Belastung. Knapp die Hälfte (43 Prozent) aller häuslich Pflegenden ist als mittelschwer belastet einzugruppieren, wobei der Anteil der hochgradig belasteten unter den Angehörigen von Demenz-Kranken mit 37 Prozent am höchsten war.

Deshalb seien die Inhalte des Online-Programms „Familiencoach Pflege“ auch mit einem besonderen Fokus auf diese Problemgruppe erstellt worden, so die mitwirkende Expertin Gabriele Wilz. So vermittelt das Programm unter anderem Kompetenzen zur Selbstfürsorge und Achtsamkeit:

„Auch in schwierigen Zeiten sollten sie [Angehörige] persönliche Kontakte zu Freunden, Bekannten und Nachbarn aufrechterhalten“, erklärte Wilz. Das Programm zeige den Nutzern Methode und Wege, für sich zu sorgen, Zeit für sich zu finden und mit schwierigen Gefühlen wie Angst, Trauer, Wut oder Ekel besser umzugehen.

Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender beim AOK-Bundesverband, sagte zur WidO-Studie: „Die Befragungsergebnisse belegen, dass die Pflege eines Familienmitglieds für viele Angehörige sehr anstrengend ist – nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Hier bietet unser neues Programm eine niedrigschwellige und jederzeit nutzbare Unterstützung.“ Helga Schneider-Schelte von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft lobte die digitale Initiative zu Gunsten der Pflegenden: „Das Programm der AOK und insbesondere die Filme zeigen praxisnah und nachvollziehbar verschiedene Lösungswege im Umgang mit Menschen mit Demenz auf – auch in herausfordernden Situationen.“

Zum AOK-Verband gehören elf deutsche Krankenkassen, die insgesamt rund 26,3 Mio. Versicherte zählen. Damit sind in der AOK rund ein Drittel der Deutschen versichert. Der „Familiencoach Pflege“ ist Teil des kostenlosen Online-Coaches der AOK, zu dem weitere digitale Programme u.a. für Erziehung und Depression zählen.

Der „Pflege-Report 2020“ des WIdO erscheint im September.