Das Konzept der H2-ready Kraftwerke wurde unter der Ampel-Regierung als Standardlösung zur Schließung zukünftiger Kapazitätslücken im deutschen Strommarkt eingeplant. Allerdings sehen sich Wasserstoffprojekte seit 2024 aufgrund unerwartet hoher Projektkosten mit zunehmenden Unsicherheiten konfrontiert. Daher überdenkt die neue deutsche Regierung den Ansatz, die Kraftwerksstrategie komplett an H2-ready Kraftwerke zu koppeln. Stattdessen zieht die neue Regierung unter dem Begriff der Technologieoffenheit ausdrücklich auch Erdgaskraftwerke mit CCS als mögliche Lösungen in Betracht.
Das Interesse der Energiewirtschaft an solchen Gas+CCS Lösungen war bislang verhalten, aufgrund niedriger erwarteter Volllaststunden sowie großer Unsicherheiten bezüglich der Infrastruktur. Neueste Projektentwicklungen in Großbritannien, Dänemark und Schweden zeigen aber, dass mit öffentlicher Unterstützung solche Projekte umsetzbar sind. Für die deutschen Marktteilnehmer ergeben sich folgende drei Erkenntnisse:
Kostenvorteile für CCS: Aufgrund der dauerhaft eher hoch bleibenden Kosten für Wasserstoff zeigen Modellberechnungen von AFRY, dass bereits ab 2.500 Volllaststunden ein Kostenvorteil für die Gas+CCS-Variante gegenüber H2-ready bestehen kann. Daher sollten Teilnehmer an den zukünftigen Auktionen ein klares Bild entwickeln, welche Rolle sie für ihre neu zu bauenden Kraftwerke im Markt erwarten.
Pipeline nicht zwingend nötig: Ein großer Unsicherheitsfaktor für H2-ready Kraftwerke ist die Frage nach dem Timing der notwendigen Anbindung an ein noch zu bauendes Wasserstoff-Pipelinenetz. Die Erfahrung aus großen Infrastrukturprojekten in Deutschland lädt dazu ein, Zeitleisten eher pessimistisch zu bewerten. Bei kleineren Kraftwerken von bis zu 200 MW ist es logistisch denkbar, das durch CCS abgeschiedene CO2 über Zug- oder Schiffstransport zu einem Sammelhub an der Küste zu transportieren. Da hierdurch die Abhängigkeit von einem Pipelinenetz entfällt, erhöht sich die terminliche Kalkulierbarkeit der Projekte massiv.
Die Wahrnehmung wandelt sich: Aufgrund der hohen Kosten für Wasserstoff öffnet sich auch bei ersten Umweltschutzorganisationen die Bereitschaft dafür, über CCS als legitime Dekarbonisierungs-Lösung nachzudenken. Mit Nabu und WWF haben erste Organisationen öffentlich CCS für Industrieemissionen – in begrenztem Rahmen – als Notwendigkeit akzeptiert.