Interview mit Rachel Empey, CFO Fresenius

“Wir wollen die Zukunft der Medizin mitgestalten“

Die Corona-Pandemie hat den Gesundheitskonzern Fresenius belastet. CFO Rachel Empey sieht aber auch neue Chancen, wie digitale Versorgungen und Dienste.

Der Gesundheitsmarkt gilt eigentlich als krisensicher. Die Corona-Pandemie hat bei Ihrem Konzern aber in vielen Bereichen – wie Dialyse und Krankenhaus – die Behandlungszahlen und damit die Planungen über den Haufen geschmissen. Wie hat das Ihr Unternehmen getroffen?

Corona war und ist auch für uns eine große Herausforderung. Vor allem natürlich eine medizinische, bei der Bekämpfung der Pandemie. Daneben ist es aber auch eine wirtschaftliche Belastung. Wenn Wirtschaftskreisläufe unterbrochen werden, schadet das auch uns. Vor allem aber ist Fresenius weit mehr als nur Intensivmedizin. Wir hatten und haben in allen vier Unternehmensbereichen erhebliche Einschränkungen durch die Pandemie, für die wir nur zum Teil einen Ausgleich erhalten. Ein Beispiel ist der Rückgang der so genannten elektiven – also nicht akuten – Operationen fast überall auf der Welt. Das wirkt sich auf das Krankenhaus-Geschäft bei Fresenius Helios aus. Das bedeutet aber auch weniger Bedarf an vielen Produkten von Fresenius Kabi.

Was sind Ihre Lehren aus Corona? Steuern Sie in Zukunft unter höherer Unsicherheit oder richten Sie Ihre Strategie stärker auf ähnliche Pandemien aus?

Corona ist sicher nicht die letzte Pandemie, weitere werden folgen, fragt sich nur wann. Wir werden uns und unsere Risikomanagementsysteme entsprechend justieren müssen und weiter an unserer Krisenfestigkeit arbeiten. Es gilt aber auch, die Chancen zu ergreifen, die sich aus einer solchen Krise ergeben. Nehmen Sie das Beispiel Digitalisierung: hier wirkt Corona wie ein Katalysator. Das setzen wir unternehmerisch um in neue Modelle der digitalen Gesundheitsversorgung. Oder der Dialyse zu Hause. Das sind nur zwei Beispiele. Die langfristigen Wachstumstrends sind intakt: Die Nachfrage nach unseren Produkten und Dienstleistungen steigt weiter an. Wir sehen uns als Konzern hervorragend aufgestellt, um in den nächsten Jahren weiter zu wachsen.

Fresenius hat angekündigt, die Effizienz zu steigern: Wenn das nicht nur über Kostenreduktionen gehen soll, wo sehen sie denn künftig ertragsstarke Bereiche im Gesundheitssektor?

Wir sehen in allen unseren angestammten Kerngeschäften gute Voraussetzungen für weiteres Wachstum. Das angekündigte Maßnahmenpaket zur Steigerung unserer Effizienz und Profitabilität wird uns helfen, uns noch stärker auf wachstumsstarke Bereiche zu fokussieren und in diese zu investieren. Zu den zukunftsträchtigen Bereichen, in denen wir uns bereits engagieren, gehören beispielsweise Biosimilars, Heimdialyse, Reproduktions- und Telemedizin. Hier sehen wir zusätzliches Wachstumspotenzial – weil sie den veränderten Bedürfnissen unserer Patientinnen und Patienten entsprechen. Und weil sie dazu beitragen, die Gesundheitssysteme zu entlasten.

Ist nach Ihrer Einschätzung der deutsche Gesundheitsmarkt auf den Trend zur Digitalisierung und den Trend von der stationären zur ambulanten Behandlung gut vorbereitet?

Bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens sind andere Länder schon weiter als Deutschland. Wir sehen das beispielsweise im Vergleich mit Spanien und den USA. Aber auch in Deutschland wächst das Interesse an digitalen Angeboten, von der Online-Terminbuchung über die digitale Krankenakte bis zur virtuellen Sprechstunde. Fresenius gestaltet diese Entwicklung aktiv mit, über Digitalisierungs-Initiativen in allen Unternehmensbereichen. So wird beispielsweise Helios künftig alle Patientinnen und Patienten auf ihrem gesamten Behandlungsweg digital durchgehend begleiten können – unabhängig davon, ob diese sich in der Klinik aufhalten oder in einem ambulanten Zentrum behandelt werden.

Wie wird sollte ein Gesundheitskonzern der Zukunft aussehen?

Den Gesundheitskonzern der Zukunft können wir schon heute erkennen, denn mit Fresenius entwickeln wir ihn bereits jetzt. Wir werden Patientinnen und Patienten noch besser, ihren Bedürfnissen entsprechend, aber auch effizienter versorgen können. Wir werden einer wachsenden Zahl von Menschen Zugang zu erschwinglicher und guter Medizin ermöglichen. Wir werden insgesamt noch digitaler, aber auch grundsätzlich vernetzter arbeiten und sehr große Datenmengen nutzen, um Therapien und Produkte noch besser zu machen. Wir wollen die Medizin der Zukunft mitgestalten und unserem Anspruch mehr denn je gerecht werden: immer bessere Medizin für immer mehr Menschen.