Sandra und Michael Stüve entwickeln seit 25 Jahren mit einem interdisziplinären Team Organisationen und Arbeitswelten. Ihr Anspruch ist Einzigartigkeit, damit Arbeitswelten wertschätzend, wirtschaftlich und visionär sind. Ein Arbeitsgespräch.
HB: Sie fordern einzigartige Arbeitswelten. Warum ist das so wichtig?
SS: Ganz einfach, die Prozesse, die Unternehmenskultur – also das Miteinander der Menschen – und die Menschen selbst sind in jedem Unternehmen anders. Natürlich gibt es gleichartige Tätigkeiten. Aber das Maß an Kontrolle oder Selbstbestimmung, an Vorgabe oder Freiheit sind doch immer unterschiedlich. Deshalb hat es jedes Unternehmen verdient, die Arbeitswelt zu bekommen, die zu den Menschen vor Ort passt.
HB: Das heißt, Workplace Strategy Konzepte funktionieren nicht länger?
MS: Die haben noch nie funktioniert. Außer für den Einkauf, der die Beschaffung von Mobiliar vereinfacht hat. Diese Konzepte funktionieren in der Regel ja schon innerhalb eines Unternehmens nicht: Das Projektbüro mit hohem Anteil an Collaboration muss anders aussehen als der Personalservice, der viele kommunikationsstarke Menschen beschäftigt, die mit hoher Professionalität und Empathie den ganzen Tag damit beschäftigt ist, Anfragen von Mitarbeitenden zu bearbeiten. Und genau da gilt es anzusetzen, damit eine Arbeitswelt passt.
HB: … und smart wird?
MS: Smart heißt doch in erster Linie einfach für den arbeitenden Menschen. Wenn ich mich nicht länger mit dem Handwerkszeug Raum beschäftigen muss, weil er einfach funktioniert, dann ist die Arbeitswelt smart. Dann ist sie für den Menschen und die Organisation gemacht. Ob ich dazu digitale Tools einsetze oder nicht, entscheide ich relativ spät in einem solchen Projekt.
HB: Ihre Arbeit beginnt also vor der innenarchitektonischen Planung?
SS: Weit davor. Ein typisches Projekt heute beginnt mit der Frage eines Unternehmens, wie die Arbeit in der Zukunft eigentlich organisiert werden soll. Im Homeoffice? In der Zentrale oder an anderen Standorten? Es geht um Resilienz der Organisation aber auch immer darum, die richtigen Arbeitskräfte zu finden und zu binden. Wir analysieren also zunächst die Arbeit, ihre Prozesse und die Anforderungen der arbeitenden Menschen. Auf dieser Basis können wir die Frage nach dem richtigen Standort beantworten, danach folgen Flächennutzung und erst dann steht die architektonische und innenarchitektonische Planung an, die wir auf Basis unserer einzigartigen HCD Matrix ganzheitlich lösen. Aber unsere Arbeit geht weiter: Change Management vor, während und nach dem Projekt und Akzeptanzmarketing nach dem Bezug der neuen Arbeitswelt gehören genauso dazu.
HB: Diese Mitarbeiterorientierung erklärt die Wertschätzung, die ihnen wichtig ist. Aber bleibt da nicht die Wirtschaftlichkeit auf der Strecke?
MS: Die Wirtschaftlichkeit entsteht bei der Nutzung, die Kosten für Planung und Bau rechnen sich schnell, wenn Arbeitsorte plötzlich einen Sogeffekt auslösen und die internen und externen Bewerbungen nur so sprudeln. Das haben wir regelmäßig und das relativiert den Mehraufwand des Zuhörens und Hinschauens am Anfang schnell. Aber natürlich geht es auch darum, Abhängigkeiten zu nutzen. Dafür haben wir unsere HCD Matrix, die genau das löst. So wie schnell klar ist, dass derjenige, der beim Sonnenschutz einmal spart bei der Klimatisierung dauernd drauflegt. Sowas kann man mit guter Planung vermeiden.
HB: Und für das Visionäre steht der Dreiklang der Begriffe Host, Hood und Home?
SS: Visionär heißt für uns zweierlei: Die Arbeitswelt ist zukunftsoffen. Natürlich versucht man in jedem Projekt zu antizipieren, was kommen wird. Welche Remote-Quoten in der Zukunft gelten und so weiter. Aber gleichzeitig müssen wir so planen, dass die Flächen flexibel nutzbar sind, dass die Organisation atmen kann. Und visionäre heißt natürlich auch, dass wir eine Arbeitswelt so realisieren, dass sie begeistert, Lust macht und anzieht. Sie darf nicht langweilig sein, sondern muss Spaß machen. Und das gilt für Host, Hood und Home gleichermaßen.
HB: Klären Sie uns auf.
SS: Host ist die klassische Unternehmenszentrale, die sich weiterentwickelt und Raum für Austausch und Kreativität, für Collaboration und Kommunikation bereithält. Sie ist die Kathedrale der Wertschöpfung und Heimat der Arbeitgebermarke. Home steht für das Homeoffice. Das mobile Arbeiten ist etabliert und die ganzheitlich gedachte und geplante Arbeitswelt muss sich bis dahin durchziehen – nicht nur in der IT- und Medientechnik, sondern auch durch kulturelle Identifikationspunkte. Und die Arbeit in der Hood, den kleinen Satelliten-Standorten im ländlichen Raum, verbindet Zusammenarbeit mit kurzen Pendelwegen. Wir bringen die Arbeit in die Nähe der Menschen – ein sehr wertschätzender Schritt übrigen, der natürlich auch gut für den CO2-Footprint ist. Gemeinsam mit neuen Formen wie Co-Working-Spaces oder Cafés können wir mit solchen kleinen Einheiten auch die Dörfer beleben. Eine Win-Win-Situation für alle Seiten – bei natürlich verhältnismäßig günstigen Immobilienpreisen in diesen Lagen.