Gesundheits-Apps: eine Frage des Alters – und des Vertrauens

Dr. Johannes Bohmann, Leitender Redakteur, solutions by Handelsblatt Media Group

Das Vertrauen der Patienten in digitale Lösungen im Gesundheitswesen wächst, wenn auch in kleinen Schritten. Das hat die jüngste Versichertenbefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ergeben. Wie auch: Noch immer ist der Arzt die wichtigste Instanz des Vertrauens

Immerhin – eine knappe Mehrheit der in Deutschland kassenärztlich Versicherten, nämlich 51 Prozent, sieht in der Digitalisierung im Gesundheitswesen für sich Vorteile. Das hat die jährlich von der Forschungsgruppe Wahlen vorgelegte Versichertenbefragung ergeben, die im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erstellt wird. Im Detail aber liest man auch viel Skepsis heraus: Vorbehalte etwa gibt es gegenüber dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz, der von nur 24 Prozent als positiv bewertet wird. Und dass das Verhältnis von Ärzten und Patienten mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen „eher besser“ wird, glauben nur 14 Prozent aller Befragten.

Dass die Bereitschaft, digitalen Tools in Gesundheitsdingen zu vertrauen, nach wie vor gering ist, zeigt ein Teilaspekt des Digitalisierungs-Kapitels der Studie: Gesundheits-Apps werden zwar zunehmend breiter genutzt – 2017 von 13, aktuell von 18 Prozent der Befragten. Jedoch ist dies vor allem eine Frage des Alters. Unter den 18- bis 29-Jährigen nutzen immerhin 30 Prozent Gesundheits-Apps. Mit steigendem Alter aber fällt diese Quote deutlich ab, auf 14 Prozent etwa bei den 50- bis 59-Jährigen und auf nur noch 7 Prozent bei den 70- bis 79-Jährigen. Parallel gibt es aber auch klar erkennbare Bildungseffekte: Unter älteren Befragten mit höheren Schulabschlüssen kommen Gesundheits-Apps weitaus häufiger zum Einsatz als bei gleichaltrigen Versicherten ohne Hochschulabschluss. Fast keine Unterschiede gibt es dagegen zwischen Männern und Frauen oder zwischen Ost und West. Aufschlussreich auch: Welche Art von Apps wird genutzt? Vornehmlich, zu 30 Prozent, sind es solche mit informierendem Charakter. 12 Prozent nutzen Anwendungen zur Überwachung oder Kontrolle von Krankheiten – und 10 Prozent für die Suche nach einem Arzt.

Dass neben Alter, Bildung und Technikaffinität aber auch die Vertrauensfrage eine große Rolle spielt, beweist dieses Ergebnis: 67 Prozent aller befragten Smartphone-Nutzer befürworten die Einführung eines zertifizierten Gütesiegels für Gesundheits-Apps. Und bei der Frage, von wem sie sich eine Gesundheits-App empfehlen lassen würden, setzen 58 Prozent auf den Arzt – und 21 Prozent auf die Krankenkasse.

Andreas Gassen, Vorstandschef der KBV, sagte dazu gegenüber dem Handelsblatt, dass er nicht damit rechne, dass die Ärzte „zu großen App-Unterstützern“ werden; dazu sei der viele Tausende Produkte bietende Markt der Gesundheits-Apps schlicht zu schwer überschaubar. Zugleich äußerte Gassen aber die Hoffnung, dass sich das mit der Regelerstattung digitaler Gesundheitsanwendungen durch das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) ändern könnte: „Hier wird man sich auf die belegt wirksamen und fachspezifisch beschränkten Apps festlegen müssen.“ Zudem, so seine Vermutung, dürfe das DVG die Anwendung der Apps durch den Patienten mehr in Richtung Diagnostik und Behandlung verlagern.