Fallstricke für Geschäftsführer bei Kurzarbeit

Susanne Schröder, Geschäftsführerin/Partnerin, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Arbeitsrecht, BTU SIMON GMBH,  Rechtsanwaltsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft

Sandra Weitl-Ott LL.M.Eur, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, BTU SIMON GMBH, Rechtsanwaltsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft

In Zeiten der immer noch das Geschehen beherrschenden Corona-Pandemie ist Kurzarbeit nach wie vor – und immer wieder – ein probates Mittel für Unternehmen, Arbeitsausfälle und Sowiesokosten zu minimieren. So werden Unternehmen entlastet und Kündigungen vermieden.

Entscheidend für die Unternehmen ist natürlich, dass für die in Kurzarbeit geschickten Mitarbeiter:innen das  Kurzarbeitergeld auch tatsächlich bezahlt wird, nachdem es – im Regelfall – unternehmensseitig vorgestreckt wurde. Beim Stellen von Anträgen auf Kurzarbeitergeld sind jedoch einige entscheidende Voraussetzungen und Fristen zu beachten, damit das Unternehmen am Ende nicht leer ausgeht.

Ebenso bestehen nach unserer Erfahrung oft Unsicherheiten bei der Frage der Einbringung von Urlaub und Freizeitguthaben sowie bei Kündigungen und Neueinstellungen während bestehender Kurzarbeit. Hierzu geben wir mit diesem Beitrag einige entscheidende Hinweise.

I. Stellung von Anträgen auf Kurzarbeitergeld

Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld sind die Anzeige des Arbeitsausfalls sowie die Antragstellung und eine  entsprechende Abrechnung.

Die Anzeige des Arbeitsausfalls muss schriftlich und in demjenigen Monat bei der Agentur für Arbeit am Betriebssitz eingehen, in dem die Kurzarbeit beginnt. Eine Begründung der zwingenden Voraussetzungen ist erforderlich: Es muss ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegen. Aktuell, befristet bis Ende 2021, ist dies, soweit der Betrieb  spätestens für März 2021 erstmalig Kurzarbeitergeld erhält bzw. erhalten hat, dann erfüllt, wenn mindestens 10 % der beschäftigten Arbeitnehmer im jeweiligen Kalendermonat im Betrieb oder der jeweiligen Betriebsabteilung einen Entgeltausfall von mehr als 10 % haben. Kurzarbeit muss also nicht für den gesamten Betrieb eingeführt und angezeigt werden. Sie kann auch auf einzelne Betriebsabteilungen beschränkt sein.

II. Nötige und sinnvolle betriebsinterne Vereinbarungen

Es ist zu beachten, dass, bevor die Anzeige über den Arbeitsausfall erfolgen darf, folgendes betriebsintern geregelt worden sein muss: In Betrieben, in denen ein Betriebsrat besteht, muss eine Betriebsvereinbarung über die Kurzarbeit bzw. über deren Verlängerung geschlossen werden.

In allen anderen Betrieben muss generell die Zustimmung der Arbeitnehmer zur Kurzarbeit eingeholt werden. Zudem empfehlen wir, Einzelvereinbarung mit den Arbeitnehmern über weitere Details zu tre•en. Etwaig sind Ankündigungsfristen und tarifliche Regelungen vor Beginn der Kurzarbeit zu beachten.

III. Verlängerung der Kurzarbeit im Betrieb

Wenn die Kurzarbeit für zusammenhängend mehr als drei Monate unterbrochen war, ist eine neue Anzeige gegenüber der Bundesagentur erforderlich.

Die neue Anzeige ist auch nötig, wenn noch ein bewilligter Zeitraum für Kurzarbeit vorliegt. Bei einer Unterbrechungszeit von mindestens drei Monaten beginnt eine neue Bezugsdauer, sofern wieder alle Voraussetzungen erfüllt werden. Die Voraussetzungen müssen erneut vorliegen und entsprechend begründet werden.

IV. Deadlines

Die Abrechnung des Kurzarbeitergeldes erfolgt immer rückwirkend, also nach Abschluss eines Monats, in dem  kurzgearbeitet wurde. Der Antrag muss innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten bei der Agentur für Arbeit gestellt werden. Erfolgt dies zu spät, kann kein Kurzarbeitergeld mehr bezahlt werden! Zur Abrechnung des Kurzarbeitergelds sind Arbeitszeitnachweise über die geleisteten Arbeits-, Ausfall- und Fehlzeiten zu führen. Hierzu sind die Arbeitnehmer anzuhalten, ihre Arbeitszeit zu erfassen und zu unterschreiben. Hierbei sollte die Soll- und die  Istarbeitszeit, die ausgefallenen Stunden sowie Arbeitsunfähigkeit, Abwesenheiten und Urlaub in tabellarischer Form eingetragen werden.

V. Umgang mit Urlaub und Zeitguthaben

Für in Anspruch genommenen Urlaub wird kein Kurzarbeitergeld gezahlt. Es ist der übliche Lohn abzurechnen. Urlaubsplanung: Wenn Sie eine vorläufige Bewilligung zu Beginn eines neuen Urlaubsjahres haben, so müssen Sie als  Arbeitgeber die Urlaubsplanung oder Urlaubsliste nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt vorlegen. Sie können den Urlaub so planen, wie es in Ihrem Betrieb üblich ist.

Resturlaub aus 2020 muss zur Vermeidung von Kurzarbeit eingebracht werden, bevor dieser verfällt. Erfolgt dies nicht, liegt kein unvermeidbarer Arbeitsausfall vor.

Erholungsurlaub aus 2021 muss zur Vermeidung der Kurzarbeit eingebracht werden, wenn die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer dem nicht entgegenstehen. Die Urlaubsplanung ist bei der Agentur für Arbeit vorzulegen (formlose Urlaubsplanung, Urlaubsliste oder eine Vereinbarung über Betriebsferien ist nach bisheriger Handhabung ausreichend. Urlaubsanträge Ihrer Arbeitnehmer müssen nicht vorgelegt werden). Besteht eine Urlausplanung für 2021, muss dieser Urlaub nicht vorher zur Vermeidung von Kurzarbeit eingebracht werden.

Gibt es keine Urlaubsplanung, muss gegen Ende des Urlaubjahres 2021 der Antritt von Urlaubsansprüchen zur Vermeidung von Kurzarbeit festgelegt werden. Das gilt aber nur, wenn der Urlaub nicht in das Urlaubsjahr 2022 übertragen werden kann. Wird dieser Urlaub nicht genommen, liegt kein unvermeidbarer Arbeitsausfall vor. Sonderregelungen gelten im Bauhauptgewerbe.

Nachdem Voraussetzung für die Zahlung von Kurzarbeitergeld ist, dass der Arbeitsausfall unvermeidbar ist, müssen Überstunden- und Arbeitszeitkonten grundsätzlich, bis auf einige Sonderfälle, vorab abgebaut werden. Die betro•enen  Mitarbeiter dürfen nicht anderswo einsetzbar sein. Der Aufbau von negativen Arbeitszeitguthaben ist nicht erforderlich in Betrieben, die bis zum 31.03.2021 Kurzarbeit eingeführt haben.

Auch bei einer bestehenden Gleitzeitregelung kann nicht verlangt werden, dass vor der Kurzarbeit angesammelte Zeitguthaben von den Arbeitnehmern zur Vermeidung bzw. Verringerung des Arbeitsausfalls abgebaut werden, wenn sie der zeitlichen Größe des vereinbarten Gleitzeitrahmens entsprechen und die Regelung eine entgeltliche
Abgeltung nicht zulässt.

VI. Kündigung trotz und bei Kurzarbeit?

Grundsätzlich kann auch während der Kurzarbeit gekündigt werden. Betriebsbedingte Kündigungen stehen der Idee von Kurzarbeit aber entgegen, da sie manifestieren, dass nicht mehr nur ein vorübergehender Arbeitsausfall, sondern ein dauerhafter Arbeitsausfall vorliegt. Somit können bei betriebsbedingt motivierten Kündigungen insgesamt die Voraussetzungen für Kurzarbeit entfallen bzw. von der Agentur in Zweifel gezogen werden. Gleichzeitig kann das  Bestehen von Kurzarbeit im Betrieb es im Einzelfall erschweren, eine betriebsbedingte Kündigung gerichtsfest zu begründen. Lassen Sie sich also vorher beraten und stimmen Sie sich mit der Bundesagentur ab.

In jedem Fall sollten Sie beachten, dass ab Aussprache einer Kündigung kein Anspruch (mehr) auf Kurzarbeitergeld besteht, unabhängig davon, ob die Kündigung durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber (z.B. auch einer verhaltensbedingten Kündigung) erfolgt. Dies gilt auch im Fall des Abschlusses eines Aufhebungsvertrags, da dann feststeht, dass der Arbeitsplatz nicht erhalten wird.

VII. Neueinstellungen in Zeiten von Kurzarbeit?

Beachten Sie: Wenn der Arbeitsvertrag vor Beginn der Kurzarbeit unterzeichnet war, sind Neueinstellungen während Kurzarbeit im Betrieb grundsätzlich möglich. Allerdings ist eine vorherige Absprache mit der Bundesagentur zwingend erforderlich. Bei Neueinstellung während des Bezugs von Kurzarbeitergeld ist zu prüfen, ob diese Einstellung für den Betrieb unumgänglich notwendig ist (z.B. bei Schlüsselpositionen, ohne die eine Betriebstätigkeit nicht fortgesetzt werden kann). Neueinstellungen können dazu führen, dass der für Kurzarbeit erforderliche Arbeitsausfall als widerlegt gilt. Daher sind Neueinstellungen während der Kurzarbeit stets vorher mit der Bundesagentur abzustimmen.

VIII. Überprüfungen

Kurzarbeitergeld wird zunächst immer nur vorläufig ausgezahlt.

Erst nach Ende des Abrechnungszeitraums ist eine Abschlussprüfung durch die Bundesagentur vorgesehen, die innerhalb von sieben Monaten nach Ende des Kurzarbeitergeldbezuges durchzuführen ist und mit einem Abschlussbescheid endet.

Die Agenturen für Arbeit haben dafür nun Sonderprüfungsgruppen gebildet. Dabei werden die für die Lohnabrechnung relevanten Unterlagen (z. B. Zeitaufzeichnungen) geprüft. Sollten sich Überzahlungen ergeben, werden diese zurückgefordert. Verstöße werden gegebenenfalls durch die Stelle für Ordnungswidrigkeiten verfolgt, an die Staatsanwaltschaft gemeldet oder an den Zoll geleitet (z.B. bei Verstoß gegen das Mindestlohngesetz).