Energieversorger vor großen Herausforderungen: Mit welcher Energie fahren wir in die Zukunft?

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Artikel aus dem Handelsblatt Journal „ENERGIEWIRTSCHAFT“ vom 18.01.2022

Im Interview zum Thema „Energiemix im Mobilitätsbereich“ erläutert Marion Schulte, Partnerin und Leiterin des Bereichs Energiewirtschaft bei BearingPoint, der Handelsblatt Journal-Redaktion, welche Herausforderungen und Chancen die Verkehrswende für Energieunternehmen mit sich bringt.

Frau Schulte, mit welcher Energie fahren wir in die Zukunft?
Es spricht aktuell vieles dafür, dass der E-Mobilität die Zukunft gehört. Vor allem im Pkw-Bereich. Doch schaut man sich die Bereiche Schwerlast-Lkw und Langstreckentransporte an, rückt anstelle der E-Mobilität immer mehr die Brennstoffzelle in den Fokus. Denn bei schweren Lkw bringen Elektro-Antriebe zahlreiche Einschränkungen und Nachteile mit sich, da die notwendige Batterie zu viel Gewicht verursacht und die Nutzlast reduziert. Hier hat die Brennstoffzelle mit Wasserstoffantrieb klare Vorteile. Neben einer flächendeckenden Ladesäulen-Infrastruktur für E-Fahrzeuge werden also zukünftig noch weitere Infrastrukturen benötigt, beispielsweise für Brennstoffzellen-Fahrzeuge sowie auch Autos, die E-Fuels und auch weiterhin Gas tanken.

Wird die E-Mobilität also nur eine von vielen Antriebsarten sein?
Ja, davon gehen wir aus. Angesichts der unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnisse ist ein Nebeneinander verschiedener Antriebsformen sehr viel wahrscheinlicher als die Dominanz nur einer Technologie. Plug-in-Hybride und batterieelektrische Antriebe werden in erster Linie bei der individuellen Personenmobilität auf kurzen und mittleren Strecken zum Einsatz kommen, während der Brennstoffzellenantrieb bei schweren Lkw auf der Langstrecke erste Wahl sein wird. Entscheidend ist aus unserer Sicht, die Strategien im Hinblick auf beide Technologien, Wasserstoff und Elektromobilität, in Einklang zu bringen.

Was bedeuten die neuen Mobilitätskonzepte für die Energieversorger?
Früher musste nur eine Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden: Tankstellen. Die Zeit ist vorbei. Heute gilt es, flexibel auf alle vorhandenen Antriebsarten einzugehen. Momentan stellt die E-Mobilität für den Individualverkehr sicherlich die beste Lösung dar, wenn es darum geht, lokale Emissionen zu reduzieren und speziell Städte sauberer und auch leiser zu machen. Zukünftig könnte sich jedoch eine andere Energieform als effizienter herausstellen.

Deshalb sollten schon jetzt neben dem Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur für batteriebetriebene E-Fahrzeuge beispielsweise auch Pläne für ein flächendeckendes Wasserstoff-Tankstellennetz für Brennstoffzellenfahrzeuge mitgedacht werden. Bei diesen neuen Tankinfrastrukturen bietet sich für Energieversorger die große Chance, in das bisher von Mineralölunternehmen dominierte Geschäft an der Zapfsäule einzusteigen. Wir empfehlen der Energiewirtschaft daher auch die aktive Teilnahme an Forschungs- und Pilotprojekten für alternative Antriebsformen, um frühzeitig Erfahrungen mit Planung, Errichtung und Betrieb der entsprechenden Lade- und Tankinfrastruktur zu generieren. Flexibilität, Agilität sowie die genaue Markt- und Technologiebeobachtung sind heute wichtiger denn je, um bei Bedarf die eigene Strategie den Neuentwicklungen anpassen zu können.

Und wieso brauchen wir neue und smarte Netze für die Energie- und Verkehrswende?
Unsere bestehenden Netze sind noch auf die „alte Energiewelt“ gepolt und somit nicht auf den zukünftigen Strombedarf der neuen Mobilität ausgerichtet. Sowohl die E-Mobilität als auch die Wasserstofftechnologie werden zu einer punktuellen Steigerung des Strombedarfs führen und das könnten unsere bestehenden Netze nicht stabil leisten. Um also den zukünftigen Strombedarf auch bei Spitzenlast decken zu können, benötigt es neben dem Netzausbau und Netzverstärkungsmaßnahmen auch intelligente, digitale Lastmanagementsysteme.

Das ist eine große Herausforderung aber auch gleichzeitig eine Riesenchance. Denn z.B. auch Elektroautos können über das so genannte bidirektionale Laden als Energiespeicher genutzt werden und so Schwankungen im Stromnetz entgegenwirken. Hier greift dann eins ins andere. Auch die Wasserstofftechnologie kann im Rahmen der Sektorenkopplung einen wertvollen Beitrag zur Energiespeicherung leisten und somit Ausgleich der Spitzenlast liefern. Grundsätzlich sind neben dem schnellen Aufbau der notwendigen Lade- bzw. Tankinfrastruktur der Ausbau erneuerbarer Energien sowie die gezielte Integration in Energiemanagementsysteme eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen der Verkehrswende.


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