Digitale Produkt-Compliance in 3 Schritten

Digitale Produkt-Compliance in 3 Schritten

Der digitale Wandel beflügelt derzeit Konsumgüter- und Chemieunternehmen. Viele von ihnen denken ihr Geschäftsmodell und ihre Prozesse komplett neu. Obwohl das auch den Bereich Produkt-Compliance betrifft, hinken Product Stewards und Regulatory Affairs Manager oft bei der Transformation ihres Aufgabengebiets hinterher. Entsprechend schwer tun sie sich damit, eine digitale Produkt-Compliance für ihr Unternehmen zu definieren – mit weitreichenden Konsequenzen.

Manager für Regulatory Affairs müssen heute nicht nur behördlichen Vorgaben und eigenen Unternehmensleitlinien gerecht werden, sondern auch den wachsenden Anforderungen ihrer Kunden und vielen weiteren Stakeholdern – eine große Herausforderung. Wenn sie diese Aufgabe durch die Einführung digitaler Werkzeuge bewältigen und damit neue Arbeitsweisen ermöglichen, dann spricht man von digitaler Produkt-Compliance. Die Beweggründe dafür sind vielschichtig: Manche wollen Betriebskosten senken, andere die Markteinführung beschleunigen oder mehr Vertrauen schaffen. Letztlich geht es darum, den eigenen Wertbeitrag für das Unternehmen und seine Kunden zu steigern und Regelkonformität als Wettbewerbsvorteil zu etablieren, die sogenannte “Competitive Compliance”.

Wie lässt sich Produkt-Compliance digitalisieren?

Führungskräfte können viele verschiedene Wege einschlagen, um ihre regulatorischen Abläufe zu digitalisieren und eine wettbewerbsfähige Compliance-Organisation aufzubauen. Besonders bewährt hat es sich, die regulatorische Transformation Schritt für Schritt anzugehen und reifen zu lassen. Vergleichen lässt sich dies mit einer Reise in mehreren Etappen. Die Unternehmen befinden sich also auf einer „Digital Product Compliance Journey“.

Verantwortliche für Product Stewardship und Regulatory Affairs, die sich auf diese Reise begeben, sollten für sich zunächst drei Fragen klären:

  1. Warum ist die Vereinheitlichung regulatorischer Inhalte und Daten ein notwendiger erster Schritt?

Die meisten Unternehmen verwalten die für die Einhaltung von Vorschriften erforderlichen Informationen und Dokumente auf ganz unterschiedliche Weise: teils in Papierform, teils in fragmentierten IT-Tools wie File-Sharing-Diensten, Serverlaufwerken oder Tabellen. Ein Großteil des Know-hows verbirgt sich zudem in den Köpfen von Mitarbeitenden.

Die Konsolidierung aller für Regulatory Affairs nötigen Dateien und Daten auf einer zentralen digitalen Plattform ist dabei mehr als ein Selbstzweck. Sie kann die Erstellung, die Erfassung und den Fluss von Compliance-Informationen im gesamten Unternehmen erleichtern und so unterschiedliche, eventuell sich sogar widersprechende Quellen in eine einzige „Single Source of Truth“ verwandeln. Auf dieser Grundlage lassen sich regulatorische Prozesse viel effizienter bearbeiten und rechtliche Anforderungen erfüllen.

Das folgende Beispielszenario macht dies deutlich. Die Regulatory Affairs Managerin bei New Chemical Corp., nennen wir sie Rachel, ist weltweit für die Nachverfolgung aller Registrierungen ihres Unternehmens verantwortlich. Denn die Produkte der New Chemical Corp. müssen eine Vielzahl von Regularien erfüllen. Um die Einhaltung der Vorschriften zu beurteilen, will sie eine Liste aller Produktregistrierungen und -zulassungen zusammenstellen, die in diesem Jahr abgeschlossen wurden. Dazu befragt Rachel ihre Kollegen weltweit aus dem Bereich Regulatory Affairs. Nachdem sie die Antworten gesammelt hat, analysiert Rachel sie und berichtet ihre Ergebnisse an den Vice President of Global Product Stewardship der New Chemical Corp.

Zwar hat Rachel für ihre Recherche bereits digitale Hilfsmittel eingesetzt, wie etwa E-Mail, gemeinsam genutzte Serverlaufwerke sowie zahlreiche Dateien und Berichte. Der Prozess des Trackings aller Registrierungen selbst ist jedoch nicht digital. Daher ist Rachel gezwungen, sich mehrerer IT-Tools, Datenquellen und persönlicher Auskünfte von Kolleginnen und Kollegen zu bedienen, um die benötigten regulatorischen Informationen zusammenzutragen. Die New Chemical Corp. könnte einen Großteil dieses Aufwands einsparen, wären alle relevanten Inhalte auf einer zentralen Cloud-Plattform konsolidiert. Sämtliche, die Registrierung betreffenden Daten und Dokumente wären so auf einheitliche, übersichtliche und nicht redundante Weise bereitgestellt. Zudem lässt sich damit die Informationsqualität verbessern: Beispielsweise können Spezialisten für einen Regulierungsbereich dort Dokumente einfach um strukturierte Metadaten anreichern. Sie erhöhen so die Genauigkeit, Konsistenz und Vollständigkeit der hinterlegten Daten.

  1. Was bringt eine zusätzliche Automatisierung von Compliance-Prozessen?

Grundsätzlich gilt: Automatisierung unterstützt das Abarbeiten von sich wiederholenden Aufgaben, weil sie menschliche Eingriffe überflüssig macht oder auf ein Minimum reduziert. Workflow-Automatisierung im Speziellen sorgt in einem Geschäftsprozess für den nahtlosen Ablauf einer Reihe festgelegter Schritte. Das kann etwa die bereits erwähnte globale Nachverfolgung von Registrierungen sein oder die Beantwortung von Kundenanfragen über die Einhaltung einer bestimmten Vorschrift bis hin zur Bereitstellung entsprechender Informationen. Wenn, wie im Beispiel von New Chemical Corp., 30 Prozent der Arbeit rund um die Produkt-Compliance manuell und ohne Mehrwert erfolgt, dann kann die Automatisierung bestimmter Prozesse und Aufgaben ein großes Zeitkontingent freisetzen. Dieses steht dann für anspruchsvolle, strategische Aktivitäten zur Verfügung, die sich nicht einfach automatisieren lassen, weil sie Urteilsvermögen und fundiertes Fachwissen erfordern.

Im Beispiel von New Chemical Corp. würde dies bedeuten: Der weltweite Prozess für das Tracking von Registrierungen wäre so automatisierbar, dass Produktregistrierungsdaten in Echtzeit abgerufen und nach Typ oder Region zusammengefasst werden können – alles Tätigkeiten, die Rachel derzeit manuell erledigt. Mehr noch: Sie könnte sogar den Prozess für das Regulatory Request Management vereinfachen und beschleunigen. Kunden erhielten dann innerhalb von Minuten statt Tagen eine Antwort. Zudem könnte sie ihnen Statusaktualisierungen zustellen lassen, die das System selbsttätig versendet.

Ein weiterer Vorteil der Automatisierung liegt in der Nachverfolgbarkeit aller Etappen. Im sogenannten Audit Trail hält das System jeden Prozessschritt fest. So erhalten Unternehmen einen besseren Einblick, wer was in welcher Phase erledigt, beigetragen oder freigegeben hat. Dies stärkt sowohl das Zuständigkeitsgefühl als auch die Eigenverantwortung der Beteiligten. Ebenso wie die Vereinheitlichung aller Informationen auf einer digitalen Plattform kann die Prozessautomatisierung die Qualität der Daten verbessern: Denn sie hilft Fehler vermeiden, die häufig mit einer manuellen Erfassung und Verarbeitung einhergehen.

  1. Wieviel Mehrwert lässt sich mit Hilfe von Analytics erzielen?

Die Informationen, mit denen im Bereich Regulatory Affairs gearbeitet wird, liegen meist unstrukturiert vor. Denn hier geht es nicht um Zahlenkolonnen oder das Ausstellen von Rechnungen. Wer für die Einhaltung von Regularien verantwortlich zeichnet, muss hochkomplexe Vorschriften interpretieren. Statt Werte und Bestände zu protokollieren, besteht die Aufgabe darin, Kunden wichtige Auskünfte bezüglich der Einhaltung von Vorschriften zu geben.

Eine weitere Herausforderung: Die Quellen sind möglicherweise nicht konsistent. Andere Unternehmensbereiche wie Finance oder die Warenwirtschaft können meist auf ein ERP-System zurückgreifen, das ihre täglichen Aktivitäten verwaltet und zuverlässige Angaben liefert. Dagegen müssen Product Stewardship und Regulatory Affairs den Großteil ihrer Informationen aus unterschiedlichen Quellen wie Tabellen, veralteten Datenbanken, Server-Laufwerken oder sogar aus den Köpfen ihrer Kolleginnen und Kollegen zusammensammeln.

Die ersten beiden Schritte der digitalen Produkt-Compliance – die Einführung einer einheitlichen Plattform für regulatorische Informationen sowie die Automatisierung von regulatorischen Prozessen – können hier einen Wandel einläuten. Denn sie helfen, Compliance-Prozesse so zu organisieren, dass eine spätere Auswertung erleichtert wird. Darüber hinaus lassen sich durch die Bündelung aller relevanten Informationen sowie durch die Automatisierung von Prozessen neue Daten generieren. Die so geschaffenen Analysemöglichkeiten sind bereits für sich genommen ein Mehrwert. Damit aber nicht genug: Auf dieser Grundlage entstehen zusätzliche, wertvolle, neue Erkenntnisse, die bisher überhaupt nicht zugänglich waren.

Lassen sich darüber hinaus Informationen übergreifend über mehrere Geschäftsprozesse in Beziehung setzen, profitiert zudem das Management. Ein Beispiel: Eine Auswertung sämtlicher, die Compliance betreffender Anfragen, untergliedert in Kunden- und Produkttyp, kann bisher verborgene Trends und Muster aufdecken. Die so gewonnenen Erkenntnisse helfen dem Management, fundiertere und schnellere Entscheidungen zu treffen. Davon profitieren das Unternehmen und seine Kunden gleichermaßen.

Fazit

Wer seine Transformation zu einer digitalen Produkt-Compliance angeht, stellt nicht nur sicher, dass Product Stewardship und Regulatory Affairs effektiv und effizient arbeiten. Darüber hinaus entstehen außergewöhnliche Mehrwerte für das Unternehmen und seine Kunden – mit anderen Worten: eine echte Competitive Compliance.

Weitere praxisorientierte Informationen zu diesem Thema bietet das Webinar „Customer-Centric Compliance as a Factor for Growth“ am 29. März 2022, das gemeinsam von Handelsblatt und Veeva veranstaltet wird. Sie haben Fragen? Vernetzen Sie sich mit Autor David Maher auch auf LinkedIn.