Die Transformation des CFO der Zukunft

Welche Implikationen haben stetiger Wandel und steigende Anforderungen auf die Rolle und  strategische Ausrichtung der CFO Organisation der Zukunft? Die konjunkturelle und  geopolitische Volatilität auf der einen Seite, der digitale Wandel auf der anderen Seite verändern das Rollenbild des CFOs und seiner Organisation. Die Berater von Horváth & Partners und Klaus Werner, CFO und Mitglied der Geschäftsführung der Telekom Deutschland GmbH, haben sich im Rahmen eines gemeinsamen Projektes mit der Transformation der Finanzorganisation beschäftigt.

von Marc Renner und Klaus Werner

Anforderungen an die CFO-Organisation der Zukunft
Mit dem Zeitalter des rasanten technologischen Wandels und der Industrie 4.0 steigen die Ambitionen und Wachstumserwartungen von Unternehmen. Damit einher gehen auch steigende Anforderungen an die CFOOrganisation. Bereits in ihrer heutigen Aufstellung besteht die CFO-Organisation längst nicht mehr nur aus Zahlen-Experten, reaktiv-analytisch aufgestellten Accountants oder dem des internen sowie externen Berichtswesens.

Die neuen Anforderungen an die Finanzfunktion von morgen ziehen einen Wandel auf verschiedenen Ebenen nach sich. Alte Rollen und Kompetenzprofile eines Finanzbereichs werden auf links gekrempelt. Zunehmend mischen sich Data Scientists unter die alt bewährten Controller Profile. Die neue Marschrichtung lautet: Proaktivprognostizierend, Seite an Seite mit den Fachbereichen neue Geschäftspotentiale generieren. Die Möglichkeiten der digitalen Vernetzung und Digitalisierung eröffnen neue Wege, Prozesse schlanker und effizienter zu gestalten. Software-Lösungen dürfen aus Finanzprozessen nicht mehr wegzudenken sein. Die Aktivitäten in der Wertschöpfungskette eines Finanzbereichs gehören zu solchen, die geradezu prädestiniert für den Einsatz von digitalen und automatisierten Software-Lösungen sind.

Betroffen vom Wandel ist auch die Unternehmenssteuerung. Der Einsatz von Advanced/Predictive Analytics wird zunehmend zum Game Changer in der Steuerungslogik von Kennzahlen sowie in unternehmerischen Entscheidungsprozessen. Die Grundlage dafür bilden die zunehmenden vielfältigen, großen Datenmengen, die in einer verbesserten Qualität verfügbar sind. Die Arbeitsmethoden stehen mittlerweile genauso stark im Fokus des Wandels wie die Transformation der Prozesse. Agil sein, agil denken, agil arbeiten gewinnt im Finanzbereich ebenso an Bedeutung. Insbesondere, wenn auch seine Stakeholder auf den digitalen Zug aufspringen.

Die Kunst der Balance
Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen. Der CFO muss in seiner Rolle nicht nur Finance Excellence garantieren, sondern darüber hinaus auch den wachsenden Ansprüchen als strategischer Business Partner und Enabler nachkommen. Das Bedürfnis des Unternehmens nach schnellen und zuverlässigen Informationen als Grundlage für Entscheidungsprozesse steigt.

Während sich die CFO-Organisation mit stetig verändernden Anforderungen an Rechnungslegungsvorschriften sowie der Rechtsunsicherheit und Zunahme von Compliance-Risiken auseinandersetzen muss, muss sie gleichzeitig die Leistungsfähigkeit und Effizienz ihrer Finanzfunktion hochhalten. Finance Excellence zu erreichen und dabei allen Stakeholdern gerecht zu werden, mag auf den ersten Blick nichts Neues sein. Unsere Zeit bringt jedoch tiefgreifende prozessuale Veränderungen hervor. Wir stehen vor einem Paradigmenwechsel, dem Sprung in das nächste industrielle Zeitalter. Das Spannungsfeld, in dem sich die CFOs und ihre Organisation dabei bewegen, wird immer komplexer. Um hierbei Abhilfe zu schaffen, muss die strategische Ausrichtung einen hohen Grad an Automatisierung und Digitalisierung berücksichtigen.

Vier Kernbereiche rücken auf dem Weg einer erfolgreichen Transformation in den Fokus der Betrachtung.

1. Finance Excellence
Die Bereitstellung und Interpretation von steuerungsrelevanten Daten für das gesamte Unternehmensmanagement bleibt eine der wichtigsten Kernfunktion im CFO-Themenspektrum. Hier liegt großes Automatisierungspotential. Der Wertschöpfungsbereich der CFO Organisation mit vielfach regelbasierten Prozessen, bestehend aus manuellen, repetitiven Aufgaben, bietet den geeigneten Nährboden für den Einsatz von disruptiven Technologien. Hier kommen Robotics-, Analytics-, oder sogar KI-Anwendungen zum Zuge.

2. Digital Finance Transformation
Die Erkenntnisse der digitalen Agenda des Finanzbereichs der Telekom Deutschland und die aktuellen Ergebnisse der CFO Studie von Horváth & Partners heben vier wesentliche Treiber der digitalen Transformation hervor. Die Vielfalt, in der Daten als Ergebnis der zunehmenden Digitalisierung von Wertschöpfungsprozessen entstehen, nimmt immer stärker zu. Da eine Finanzorganisation ein holistischen Blick auf die Geschäftsdaten des Unternehmens hat, ist diese in der Konsequenz am besten geeignet die zentrale, übergreifende Koordination zu  übernehmen. Dafür braucht es ergänzend zu den Controller Profilen von heute neue oder erweiterte Kompetenzprofile wie die des Data Scientist. Von einer guten Datenqualität hängt letztlich auch der erfolgreiche Einsatz von neuen digitalen Technologien maßgeblich ab.

„Die großen Datenmengen helfen uns beispielsweise den Vertrieb besser zu unterstützen. Wir können anhand der Datenlage und Vertriebsmaßnahmen besser planen und Kundenverhalten und -wünsche prognositzieren. Darüber hinaus unterstützen sie uns im Finanzbereich auch bei Investitionsentscheidungen im Bereich des Infrastrukturausbaus. In der Telekom Deutschland findet eine stärkere Orientierung hin zu einer sogenannten Data-Driven-Company statt. In unserer Entscheidungsfi ndung orientieren wir uns stärker an der Einbindung von verknüpften Datenquellen. Algorithmen helfen uns hierbei, große Datenmengen schnell und effizient zu verarbeiten und Zusammenhänge zu verstehen,“ sagt Klaus Werner.

Der Einsatz von Advanced Analytics ist ein weiterer Bestandteil einer intelligenten Unternehmenssteuerung. Unter dem Einsatz von Vorhersagemodellen können die Finanzer der Zukunft weg von der reaktiv-analytischen Steuerung hin zur proaktiv-prognostizierenden übergehen.

3. Business Partner
Während Kostenmanagement, Rentabilität, Cashfl ow und Kapitalbindung für viele CFOs weiterhin höchste Priorität haben, bewegt sich der CFO der Zukunft in einem makroökonomischen Gefüge. Die Zeiten, in denen Geschäftsprognosen auf Basis von Vergangenheitsdaten aufgestellt wurden, gehören der Vergangenheit an. Das Profil des Finanzers der Zukunft wird strategischer, analytischer, agiler. Er identifiziert Geschäftspotentiale und diskutiert strategisch-unternehmerisch auf Augenhöhe mit seinen Fachbereichen. Immer im Repertoire sein digitaler Werkzeugkasten aus Tools und Daten, die ihn zum Wegweiser in Entscheidungsprozessen macht. Das Financial Engineering gepaart mit dem Erreichen der Wachstumsambitionen des Unternehmens kann er so stärker in Einklang bringen.

„Der CFO muss stärker aus dem Schatten des CEOs heraustreten, um seine Schlüsselrolle anzunehmen. Er wird zum Chief Force Offi cer in der Unternehmenssteuerung. Mit seinem Repertoire des digitalen Werkzeugkastens kann er Architekt und treibende Kraft für das Erreichen der ambitionierten Unternehmensziele werden,“ so Marc Renner.

4. Leadership und Kommunikation
Leadership erfährt einen Wandel für sich. Getriggert durch die neuen digitalen Tools und  Methoden in der Zusammenarbeit wandelt sich die Rolle der Führungskraft – ob nun Finanzer oder nicht – stärker hin zum Befähiger und Supporter seiner Mitarbeiter. Top Down war gestern. Die CFO-Organisation der Zukunft arbeitet agil, remote und bereichsübergreifend.

Spätestens seit CEOs auch eigene Profi le in sozialen Netzwerken zur Kommunikation von Unternehmenszielen und -aktivitäten nutzen, ist klar welche Bedeutung die Kommunikationsstrategie einnimmt. Die Entwicklungen der kommunikativen Vermarktung von Unternehmenserfolgen zeigen, wie wichtig und sinnvoll es auch für CFOs ist, eine proaktive und klare Kommunikationslinie in der Innen- und Außenkommunikation zu etablieren. Es geht weniger darum, sich mit einer Reihe von Beiträgen auf Social Media Plattformen zu präsentieren, sondern vor allem um eine proaktive, werthaltige und transparente Informationsstrategie. Veränderungsprozesse, die vom digitalen Wandel getrieben sind, müssen in der Organisation transparent gemacht werden.

Erfolgsfaktoren auf dem Weg der Transformation
Aktuell besteht die digitale Transformationsstrategie der Finanzbereiche noch zu sehr aus einer Sammlung fragmentierter Einzelanwendungsfälle. Der Erfolg der Transformation wird allerdings maßgeblich davon abhängen, eine ganzheitliche digitale Strategie zu entwickeln und zu implementieren. Den richtigen Mehrwert liefern die neuen Technologien erst, wenn sie zielgerichtet eingesetzt werden. Die Investitionen in neue Technologien sind in der Regel hoch und amortisieren sich erst mittelfristig. Teil einer erfolgreichen Transformation – unabhängig von ihrer fachlichen Zuordnung – ist auch die Transformation des Mitarbeiters und seiner Kompetenzen. Die Entwicklung neuer Skills, Kompetenzen, Arbeitsmethoden sowie des richtigen Mind-Sets setzen voraus, dass der digitale Wandel überhaupt erst stattfi nden und von der Organisation angenommen werden kann.

www.horvath-partners.com

 

Marc Renner, Partner, Horváth & Partners GmbH
Klaus Werner, CFO, Telekom Deutschland GmbH

 

 

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