Ohne Nachhaltigkeitsstrategie geht es nicht: Unternehmen müssen die Chancen und Risiken eines nachhaltigen Geschäftsmodells bzw. dem Nichterfüllens der Anforderungen gegeneinander abwägen. Hohe Gewinne sind genauso möglich wie erhebliche Verluste. Deshalb muss der CFO eine zentrale Rolle spielen, wenn ein Unternehmen sich nachhaltig aufstellt.
Es gibt immer mehr politische Vorgaben für nachhaltiges Wirtschaften. Die Selbstverpflichtung der EU zum Green Deal sieht zum Beispiel vor, Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren (im Vergleich zu 1990) und bis 2050 als erster Kontinent klimaneutral zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, nimmt die EU nun Unternehmen verstärkt in die Pflicht.
Aber diese berichten nicht nur wegen regulatorischer Anforderungen fortan über ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen: Auch der Kapitalmarkt verlangt, dass sie Nachhaltigkeit überprüfbar in Zahlen ausdrücken. Bei dieser Vielzahl an Anforderungen ist der Chief Financial Officer (CFO) nicht nur gefordert, sondern muss zukünftig sogar eine Schlüsselfunktion einnehmen. Hiermit muss er sich u.a. beschäftigen:
Aktuelle Regularien für Nachhaltigkeit
- Voraussichtlich 2024 tritt die EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Kraft. Damit einhergehend gibt es einen neuen Berichtsstandard, den European Sustainability Reporting Standard (ESRS). Unternehmen müssen Schlüsselkennzahlen zum Thema Nachhaltigkeit offenlegen und Informationen über ihre Managementansätze, Strategien und Ziele bereitstellen. Nachhaltigkeitsthemen ziehen dadurch in den Lagebericht ein und werden zum festen Bestandteil verschiedenster Managementprozesse sowie dadurch auch des Risikomanagements.
- Seit 2022 ist die Taxonomie-Verordnung der EU in Kraft. Sie enthält Kriterien dafür, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist. Dadurch soll sie Kapitalströme auf nachhaltige Investitionen umlenken. Um als ökologisch nachhaltig zu gelten, müssen Unternehmen ihren nachhaltig erwirtschafteten Umsatz, ihre Betriebskosten und ihre Investitionen für Maßnahmen zu mehr Nachhaltigkeit angeben. Im ersten Schritt liegt der Fokus auf den Umweltzielen „Klimaschutz“ sowie „Anpassung an den Klimawandel“. Ab Jahresbeginn 2023 wird dieser erweitert: „Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung“, „Nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen“, „Übergang zur Kreislaufwirtschaft“ und „Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme“.
- Stufenweise führt die EU bis 2023 die Veröffentlichungspflichten der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) Demnach ist bei allen Finanzprodukten offenzulegen, inwieweit sie nachhaltig sind oder sich nachteilig auf die Umwelt, den Menschen und die Gesellschaft auswirken könnten. Dadurch baut die SFDR Druck auf Unternehmen auf, ihr Geschäftsmodell nachhaltig zu gestalten, damit sie an den Finanzmärkten attraktiv bleiben.
- Das deutsche Lieferkettengesetz (Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten, LkSG) überträgt Unternehmen die Verantwortung für ihre gesamte Lieferkette. Ab 2023 müssen sie ihre Lieferanten im Hinblick auf soziale Aspekte überprüfen. Wer nicht seine ganze Lieferkette im Blick hat, trägt möglicherweise hohe Kosten für anlassbezogene Risikoanalysen. Bei Nichtbeachtung drohen erhebliche Konsequenzen (Geldbußen bis 500.000 Euro, Ausschluss von öffentlichen Aufträgen).
- Die Europäische Union arbeitet an einer europäischen Variante des LkSG. Es ist zu erwarten, dass die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) strenger sein wird als das deutsche Gesetz.
Wie sich die Rolle des CFO verändern muss
Alle Regularien zielen darauf ab, dass Unternehmen ihr Geschäftsmodell auf Nachhaltigkeit ausrichten. Operative wie strategische Nachhaltigkeitsfragen halten deshalb zunehmend Einzug in den Verantwortungsbereich des CFO – dieser muss eine aktive Rolle einnehmen, um den strukturellen sowie strategischen Wandel voranzubringen und die Roadmap des Unternehmens mitzubestimmen.
Dabei ist es wichtig, dass der CFO und der*die Nachhaltigkeitsverantwortliche eng zusammenarbeiten, um einen kontinuierlichen Informationsfluss zu garantieren. Denn die neue Aufgabe besteht darin, finanzielle und nachhaltigkeitsrelevante Informationen zu verknüpfen. Sustainable Finance sollte dabei als eigener Aufgabenbereich definiert werden, um die Optionen des Kapitalmarktes effizient zu nutzen. Der Einsatz von Instrumenten wie Green Bonds und Green Loans kann dabei zielführend sein. All das erfordert u. a. ein transparentes ESG-Reporting und eine Bereitstellung von Informationen zur nachhaltigen Entwicklung. Der CFO muss regulatorische Anforderungen, nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen sowie entsprechende Kennzahlen berücksichtigen. Dann kann das Unternehmen neuen Regularien, Erwartungen von Investoren, Kreditgebern und Kunden sowie physischen Veränderungen der Umwelt gerecht werden.