Die Macht des (nachhaltigen) Kapitalismus: Forderungen von Investoren als Treiber zur Weiterentwicklung der ESG-Berichterstattung

Die Macht des (nachhaltigen) Kapitalismus: Forderungen von Investoren als Treiber zur Weiterentwicklung der ESG-Berichterstattung

Zu Beginn des Jahres sendete Larry Fink, Vorsitzender und Chief Executive Officer von BlackRock, einen nachdrücklichen Aufruf an andere CEOs. Die Kernaussage des Schreibens war die Feststellung, dass alle Unternehmen den finanziellen Imperativ, der die Nachhaltigkeitsberichterstattung rechtfertigt, erkennen und berücksichtigen müssten.

Er schrieb: „Wir legen den Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit – nicht, weil wir Umweltaktivisten sind, sondern weil wir Kapitalisten und Treuhänder für unsere Kunden sind … Die nächsten 1.000 ”Einhörner” werden keine Suchmaschinen oder Social-Media-Unternehmen sein, sondern nachhaltige, anpassungsfähige Innovationsunternehmen, also Start-ups, die zur weltweiten Dekarbonisierung beitragen und die Energiewende für alle Verbraucher erschwinglich machen … Beim Stakeholder-Kapitalismus geht es darum, langfristige, beständige Gewinne für die Aktionäre zu erzielen. Und ein wichtiger Bestandteil davon ist eine transparente Berichterstattung über die Unternehmensstrategie zum Erreichen der Netto-Null-Ziele. Aber das ist nur eine von vielen Offenlegungen, die wir und andere Investoren von den Unternehmen erwarten. Als Kapitalverwalter unserer Kunden verlangen wir von den Unternehmen einen Nachweis darüber, wie sie ihre Verpflichtungen gegenüber den Aktionären erfüllen, beispielsweise durch bewährte Vorgehensweisen und Grundsätze in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.“

Diese Auffassung vertreten viele, wenn auch nicht alle, der großen Consultingfirmen. McKinsey zeigt auf, wie ein überzeugendes ESG-Angebot in fünf entscheidenden Aspekten einen Mehrwert schafft: Umsatzwachstum, Kostensenkungen, Vermeidung von regulatorischen und rechtlichen Schritten, Produktivitätssteigerung sowie Optimierung von Anlagen und Investitionen. Auch einfache Kapitalanleger teilen diese Meinung. Laut einer Workiva-Umfrage aus dem Jahr 2021 sind 61 % der befragten US-Bürger der Ansicht, dass ihre Moralvorstellungen mit denen eines Unternehmens vereinbar sein müssen, bevor sie darin investieren. Dies lässt sich am besten durch transparente und einfach verfügbare ESG-Kennzahlen erreichen.

2022 arbeiten wir mit einem klaren Ziel vor Augen. Bei ESG geht es nicht nur darum, etwas Gutes für die Umwelt zu tun, eine gute Unternehmensführung zu praktizieren und einen positiven Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten. Es geht darum, das Wachstum Ihres Unternehmens zu fördern. Deshalb ist es so überaus wichtig, dabei alles richtig zu machen.

Nichtfinanzielle und finanzielle Ziele schließen sich nicht gegenseitig aus

Der finanzielle Mehrwert war schon immer fest an die ESG-Berichterstattung geknüpft. Die genauen Zusammenhänge werden im Handbuch für die ESG-Führungskraft beschrieben, und es werden KPIs genannt, die sowohl Nachhaltigkeits- als auch Finanzteams erfassen sollten, um übergeordnete Geschäftsziele zu erreichen.

Außerdem lohnt sich ein Blick auf die relativ ESG-erfahrenen Länder in Europa, um zu sehen, dass der Markt inzwischen den finanziellen Mehrwert von Nachhaltigkeitsdaten erkannt hat. Die Richtlinie zur nicht-finanziellen Berichterstattung (Non-Financial Reporting Directive, NFRD) wird unter anderem deshalb abgeschafft, weil es so etwas wie „nicht-finanzielle“ Nachhaltigkeitsdaten gar nicht gibt. Die Einsicht, dass diese Daten einen finanziellen Vorteil bringen, ist eine der Triebfedern für die EU-Taxonomie, die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) und die Arbeitsgruppe für klimabezogene Berichterstattung (Task Force on Climate-Related Disclosures, TCFD) – wobei letztere die Entwicklung globaler Standards durch das neu gegründete International Sustainability Standards Board (ISSB) unterstützt.

Zudem sind gesellschaftliche Faktoren Wasser auf den Mühlen der „Great Resignation“ (große Resignation) und können für Unternehmen, die diese ignorieren zu deutlichen finanziellen Einbußen führen. In seinem Brief bekräftigt Fink: „Keine Beziehung hat sich durch die Pandemie mehr verändert als die zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern … Arbeitnehmer, die von ihren Arbeitgebern mehr fordern, sind ein wesentliches Merkmal eines lebendigen Kapitalismus. Er fördert den Wohlstand und schafft eine wettbewerbsorientierte Umgebung für Fachkräfte … Unternehmen, die sich nicht auf diese neue Situation einstellen und auf die Forderungen ihrer Beschäftigten eingehen, schaden sich selbst.“ Die Menschen möchten für Unternehmen arbeiten, die einen nachweislichen Mehrwert bieten. Zu Recht verlangen sie eine bessere Bezahlung, gerechte Aufstiegschancen und die Flexibilität, von zu Hause aus zu arbeiten. Sie möchten sicher sein, dass sie für ein Unternehmen arbeiten, das Gutes tut und durch transparente ESG-Kennzahlen zur Verantwortung gezogen wird. Wenn dies gelingt, trägt dies zu einer stärkeren Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und letztlich auch zum Geschäftserfolg bei.

Unternehmen, die sich auf die kommenden ESG-Auflagen vorbereiten, sollten sich bewusst machen, dass ESG- und Finanzdaten keineswegs zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Beide Welten werden vielmehr durch das Finanzwesen miteinander verbunden. Behandeln Unternehmen Nachhaltigkeitsdaten mit der gleichen Sorgfalt wie Finanzdaten, schaffen sie Vertrauen und festigen so die Geschäftsbeziehungen zu ihren Investoren. Und, was noch wichtiger ist, sie erzielen für ihr Unternehmen einen Mehrwert und tragen maßgeblich zu dessen Wachstum bei.

So lassen sich die Erwartungen von Investoren erfüllen

Die Meinung von Larry Fink sticht hervor. Und er ist nicht allein. In allen Wirtschaftszweigen fordern Investoren immer häufiger vergleichbare, transparente und vertrauenswürdige ESG-Kennzahlen und -Berichte. Anfang 2022 nahm Jill Klindt, CFO bei Workiva, als Mitglied der United Nations Global Compact CFO Taskforce an einem CFO-Mediengespräch teil, bei dem Scott Mather, Chief Investment Officer U.S. Core Strategies bei PIMCO und Mitvorsitzender der UN Global Compact CFO Taskforce, erklärte: „Die Nachfrage nach nachhaltigen Investitionen wächst exponentiell. Die Rolle der Unternehmensfinanzen und der Finanzvorstände stand dabei nicht unbedingt im Vordergrund. Aber ich denke, das wird sich bald ändern.“

Ende letzten Jahres  teilte ein anderer Großinvestor im Rahmen einer Diskussionsrunde mit Workiva auf der Sustainable Finance and Reporting Europe 2021 von Reuters folgendes mit:  sein Firma wird von jedem im Portfolio enthaltenen Unternehmen verlangen,  ihre Scope-1-, -2- und -3-Emissionen offenzulegen.

Dies gelte auch für kleine und nicht börsennotierte Unternehmen, für die normalerweise einige der ESG-Auflagen nicht gelten.

Andere Investoren werden sich dieser Haltung entweder anschließen oder eigene Anforderungen stellen. Zu verstehen, was genau erwartet wird, ist nur der erste Schritt. Die wahre Kunst liegt darin, zu erkennen, wie diese erfüllt werden können.

Die Lösung ist verblüffend einfach: Behandeln Sie ESG-Daten wie Finanzdaten. Betrachten Sie die ESG-Kennzahlen nicht getrennt von Finanzdaten. Sie sind letztendlich ein und dasselbe. Damit Sie aussagekräftige, schlüssige und zuverlässige integrierte Berichte erstellen können, benötigen Sie lückenlose Transparenz über sämtliche Daten. Wenn Ihnen das gelingt, sind Sie gut aufgestellt, um sowohl für Ihr Unternehmen als auch für dessen Aktionäre einen langfristigen Mehrwert zu schaffen.