Der „Mainframe“ kann’s auch mit der Cloud

Banken wollen die Versprechen der Cloud – agile Infrastruktur, einfaches Management und niedrigere Kosten – für ihre bestehende IT-Landschaft nutzen. Mainframes mit ihren Legacy-Anwendungen, die noch weit verbreitet sind, können auf dem Weg in die Wolke allerdings zur Herausforderung werden. Damit der Traum von der Cloud nicht platzt, müssen Finanzinstitute die Anwendungen umfassend modernisieren.

Mainframes sind für viele Banken nach wie vor ein unverzichtbarer Bestandteil ihrer IT-Landschaft. Sie haben mit teils hochsensiblen Daten sowie komplexen und datenintensiven Workloads zu tun und setzen allein aus Performance- und Sicherheitsgründen seit Jahrzehnten auf diese Systeme. Der erfolgreiche Einsatz darf jedoch nicht über die Herausforderungen hinwegtäuschen, vor denen die Finanzindustrie in puncto Mainframes steht. Eigenentwicklungen, die genau auf die branchenspezifischen Arbeitsabläufe zugeschnitten sind, belasten nicht nur die Betriebskostenabrechnung – sie lassen sich auch nur schwer skalieren.

Wollen Banken Technologien wie Cloud Computing – etwa in Kombination mit dem Internet of Things oder Künstlicher Intelligenz – nutzen, ist ein Perspektivwechsel beziehungsweise eine strategische Neuausrichtung der IT unabdingbar. Dabei gibt es längst kein Entweder-Oder-Szenario mehr, wenn es um den Einsatz von Mainframe- und Public-Cloud-Lösungen geht. Tatsächlich ist in immer mehr Finanzinstituten ein hybrides IT-Modell inzwischen Standard. Damit sind sie in der Lage, eine sichere und effiziente IT-Architektur aufzubauen.

Mainframes fit machen für das Cloud-Zeitalter

Geschäftskritische Anwendungen lassen sich allerdings nicht so einfach verlagern, ohne Ausfälle oder den Verlust wichtiger Daten zu riskieren. Banken sind deshalb auf eine perfekt abgestimmte Anwendungsmodernisierung angewiesen, wenn sie ihr Ziel, die Mainframe-Umgebung für das Cloud-Zeitalter fit zu machen, erreichen wollen. Da die IT-Landschaften in der Regel aus einer Vielzahl von Anwendungen bestehen, ist je nach Organisation das eine oder andere Modernisierungsszenario oder auch ein Mix der verschiedenen Möglichkeiten sinnvoll – von der Beibehaltung des Mainframes bis hin zur Migration auf ein hybrides beziehungsweise komplettes Cloud-Modell.

Der radikalste Weg ist das sogenannte Replacement: Die bestehende Anwendung wird durch eine neue ersetzt. Streng genommen handelt es sich nicht um eine Modernisierung, sondern um eine „Abschaffung“. Bis die Daten migriert und notwendige Anpassungen abgeschlossen sind, ist eine Koexistenz beider Anwendungen aber durchaus sinnvoll. Für andere Applikationen wiederum ist Emulation oder Rehosting ein geeigneter Ansatz: Die Anwendung wird auf eine kostengünstigere Deployment-Plattform verlagert. Diese Möglichkeit wird oft als Überbrückungsmaßnahme genutzt, bevor ein System endgültig abgeschaltet wird. Bei der Translation hingegen schreiben Programmierer (optional unterstützt durch KI-basierte Systeme wie GitHub Copilot oder IBM watsonx Code Assistant) den Anwendungscode komplett neu, im besten Fall gleich für eine Cloud-native Umgebung. Durch diese Option können Finanzinstitute alte Programmiersprachen loswerden, die mit teuren Compilern und Laufzeitumgebungen einhergehen und für die es nur noch wenige Experten gibt. Liegt der Fokus zudem auf Cloud-nativ, erreichen Banken größtmögliche Flexibilität: Die Anwendung kann sowohl in einer Public als auch in einer Private Cloud sowie auf einem Server oder dem Mainframe laufen. Im Gegensatz zur Translation werden beim Refactoring nur bestimmte Komponenten einer Applikation neu strukturiert, um Technologien wie Container und Microservices nutzen zu können. Beim Rearchitect oder Rebuild schließlich geben die Entwickler der kompletten Anwendung nicht nur einen neuen Programmcode, sondern auch eine neue Struktur.

Jede Umgebung ist anders

Jede dieser Optionen erfordert eine kontinuierliche Wartung und Verwaltung während der Modernisierung, was kompliziert und zeitaufwändig sein kann. Daher ist es sinnvoll, zunächst im Rahmen von Pilotprojekten Erfahrungen zu sammeln, um auf dieser Basis die eigene Leistungsfähigkeit realistisch einschätzen zu können. In der Vergangenheit stellte die enorme Komplexität, die sich hinter den einzelnen Deployment-Modellen verbirgt, die Finanzbranche vor große Herausforderungen. Heute stehen jedoch erprobte Enterprise-Kubernetes-Plattformen zur Verfügung. Diese stellen Anwendungsportabilität und Interoperabilität der eigenen Rechenzentren und Mainframes mit der Private und Public Cloud sicher und helfen den Banken, die Risiken einer Modernisierung unter Kontrolle zu halten.

Cloud-Technologien bringen den Mainframe in eine starke Konkurrenzsituation. Die Frage ist allerdings nicht mehr, ob Legacy-Systeme ihre Berechtigung haben, sondern wie Finanzinstitute das Beste aus beiden Welten kombinieren können.