Technologische Entwicklungen verändern das Einkaufserlebnis und das damit verbundene Bezahl-verhalten der Kund:innen zunehmend. Im Interview ordnet David Kauer, Customer Journey Owner bei PostFinance, die wichtigsten Trends ein und erläutert, welche Rolle Embedded und Invisible Payment dabei spielen.
David, wie werden wir in Zukunft einkaufen?
Der Handel wird nahtloser und digitaler, wobei die Konvergenz von Online- und Offlinehandel das Öko-system transformiert. Hybride Shopping-Erlebnisse sind längst Realität. Die Kund:innen prüfen in den Apps unserer Firmenkunden Aktionen, während sie im Geschäft stehen, oder sie reservieren Produkte on-line und holen sie vor Ort ab. Die Zukunft gehört personalisierten und kontextbezogenen Kundenerleb-nissen über integrierte Zugangspunkte.
Wir interagieren also über verschiedene Zugangspunkte mit Kund:innen. Welche Rollen spielen dabei moderne Technologien wie beispielsweise KI?
Neue technologische Entwicklungen schaffen kontinuierlich zusätzliche Zugangspunkte und Lösungen für Payment-Services. Kund:innen erteilen Sprachbefehle an intelligente Geräte, interagieren mit Smart-screens um Fastfood zu bestellen, nutzen Parkinglösungen, bei denen «das Auto bezahlt» und wickeln Zahlungen über Ringe oder Uhren ab. Einige bezahlen sogar mit einem NFC-Sticker auf ihrem Fingerna-gel. Schon heute sind mehr intelligente, mit Zahlungsinstrumenten ausgestattete Objekte mit dem Inter-net verbunden als Menschen. Es ist naheliegend, dass zukünftig Tätigkeiten wie das Bezahlen durch «KI-Systeme» übernommen werden, wodurch sich die Kundeninteraktion zunehmend von digitalen Schnitt-stellen hin zu Machine-to-Machine-Prozessen verlagert. Der limitierende Faktor sind wir Menschen selbst, denn mit Technologie könnten wir noch viel mehr machen. Kontrolle, Sicherheit und Datenschutz sind dabei ausschlaggebende Faktoren. Doch der Trend bleibt: Einkaufen und Bezahlen wird immer auto-nomer.
Zur Zukunft gehören also intelligente Kundenerlebnisse. Wie könnte so ein personalisiertes Erleb-nis aussehen? Und was sind die Herausforderungen?
Unternehmen agieren noch viel zu stark in Silos. Unsere Kund:innen denken jedoch nicht in Teilmärkten oder Value Streams. In Zukunft könnte das intelligente Kundenerlebnis einer Musterkundin so aussehen: Wir erkennen ihr Ausgabeverhalten und empfehlen nahegelegene, passende Geschäfte. Beim Bezahlen priorisiert ihre Banking-App das beste Zahlungsmittel – basierend auf Betrag, Händleranreizen, Verfüg-barkeit und ihren Gewohnheiten. Wöchentlich erhält sie eine Zusammenfassung aller Ausgaben,
Erinnerungen an ausstehende Rechnungen und Optimierungs- sowie Sparvorschläge. Ausserdem erhält sie einen Gutschein von ihrer Krankenkasse, weil sie während der Woche mehrmals im Gym war. Immer unter der Voraussetzung, dass sie dies möchte und ihre Zustimmung gegeben hat.
Ein weiterer Trend sind Grab & Go-Stores. Sind sie das Ende der Kasse?
Keine Kasse, keine Wartezeit. In Grab & Go-Stores erfassen Kameras und Sensoren, was Kund:innen mit-nehmen, die Bezahlung läuft im Hintergrund. Diese Technologien haben disruptives Potenzial, aber nur, wenn sie echte Kundenbedürfnisse adressieren und ein gutes Kosten-/Nutzenverhältnis aufweisen. Wir müssen die Jobs-to-be-done unserer Kund:innen verstehen und Lösungsansätze mit ihnen validieren, be-vor wir neue Lösungen am Markt einführen. Invisible Payment in einer Kantine ist sinnlos, wenn die War-tezeit bei der Essensausgabe entsteht.
Invisible Payment soll also vor allem dort eingesetzt werden, wo der Kundennutzen gross ist?
Genau. Innovation ist kein Selbstzweck, sondern muss Nutzen stiften. Entscheidend sind dabei auch die Kun-denerwartungen aufgrund des Interaktionsmodells im jeweiligen Anwendungskontext. Wenn ich auf dem Heimweg von der Arbeit am Bahnhof noch schnell etwas fürs Abendessen einkaufe, möchte ich nicht an der Kasse warten, um zu bezahlen. In solchen Situationen sollte der Bezahlvorgang ohne Kundeninterak-tion automatisch und nahtlos im Hintergrund erfolgen. Buche ich hingegen eine Luxusreise über eine Platt-form, will ich nochmals kontrollieren, ob alle Angaben korrekt sind, bevor ich die Zahlung bestätige. Hier macht eine eingebettete „One-Touch-Lösung” Sinn. Fazit: Zahlungen sollten unsichtbar sein, damit mehr Zeit für das We-sentliche im Leben bleibt. Die Kund:innen müssen jedoch auch in einer von KI-Systemen und Embedded Payments geprägten Welt weiterhin im Fahrersitz bleiben und fehlerhafte Abbuchungen korrigieren können. Digital Wallets spielen in dem Zusammenhang eine zentrale Rolle.