Notenbanken drehen massiv an der Zinsschraube
Es brodelt unter der Oberfläche: So massiv wie seit der großen Finanzkrise nicht mehr, haben sich die tektonischen Platten an den Kapitalmärkten verschoben. Die Zinslandschaft hat in den vergangenen Monaten eine 180-Grad-Wende erfahren. Dies- und jenseits des Atlantiks drehen die Währungshüter so entschlossen wie seit 40 Jahren nicht mehr an der Zinsschraube: Bis Jahresende dürfte die amerikanische Notenbank Fed den Leitzins über die 4-Prozent- und die EZB deutlich über die 2-Prozentmarke hieven.
Am Markt für Baufinanzierungen, der seismografisch genau die kommende Zinsentwicklung vorwegzunehmen versucht, sind die einschneidenden Veränderungen seit Monaten in immer massiverer Abfolge zu besichtigen: Bauzinsen haben sich binnen nicht mal zwölf Monaten von rund einem Prozent auf knapp vier Prozent verteuert. Viele Marktbeobachter erwarten bis Ende des Jahres sogar eine „5“ vor dem Komma. Weitere Herausforderung für Immobilienbesitzer in spe: Baumaterialien haben sich gleichzeitig verteuert, während die Relevanz der Energieeffizienz in Zeiten explorierender Gas- und Strompreise zum A und O wird.
Manufaktur- vs. industrieller Prozess
Angesichts der Schnelllebigkeit der vergangenen Monate an den Kapitalmärkten haben sich die Kundenwünsche angepasst und erfordern mehr Flexibilität und Schnelligkeit. Eine Finanzierung, die vor ein, zwei Monaten noch zu einem Sollzinssatz von 3,25 Prozent abgeschlossen werden konnte, hat sich bis heute schon wieder um 0,25 bis 0,3 Prozent verteuert – für Interessenten schnell ein Unterschied von mehreren Zehntausenden Euro und mehr.
Um in diesen herausfordernden Zeiten kundenorientierter und risikooptimierter zu agieren, können und müssen Banken die Bearbeitungszeit der Kredite optimieren. Bisher ist Baufinanzierung in erster Linie ein Manufakturgeschäft, das nach den speziellen Kundenwünschen ausgerichtet ist – also der individuell passenden Bau- beziehungsweise Immobilienfinanzierung. Das klingt edel, bindet aber Ressourcen. Wie in der Wirtschaftsentwicklung der Industrialisierung ließe sich der Prozess vereinfachen, ohne dass für den Kunden Qualität in der Beratung verloren geht. Dafür braucht es Kalkulationen über Skaleneffekte, Diskussionen über die Fertigungstiefe, Verschlankungen in den Management- und Teamstrukturen und Grundentscheidungen über die Kernkompetenz einer Bank.
Bearbeitungszeit für Baukredite muss optimiert werden
15 bis 25 Prozent der Anträge werden generell abgelehnt, was bedeutet, dass diese Beratungsarbeit gespart werden könnte, wenn man die Prozesse im Vorweg optimiert.
Gleichzeitig sind 20 Prozent der Anträge so gut, dass sie auch digital genehmigt werden könnten, wenn es gelingt, die Daten digital zu validieren. Generell dauert eine Baufinanzierungsgenehmigung nach dem Vieraugenprinzip maximal eine Stunde. Hinzu kommt die Besicherung, für die etwa 3 Stunden fällig werden; in der Bestandsbearbeitung sind es nur eineinhalb Stunden über die Laufzeit der Baufinanzierung.
Das heißt: Jeder dieser Schritte sollte immer innerhalb von 24 Stunden möglich sein. Warum die Bearbeitung dennoch bis heute mehrere bis viele Tage dauert, bleibt eines der letzten Rätsel der Baufinanzierung