Eine energie- und klimapolitisch bewegte Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu. Zwei Klimaschutzgesetze, Novellen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Energiewirtschaftsgesetzes, eine erste Nationale Wasserstoffstrategie und nicht zuletzt auch das europäische Fit-for-55-Paket zeigen deutlich: Es geht voran!
Besonders das neue Klimaschutzgesetz mit dem Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 zeigt jedoch auch, dass im Bereich der Energie- und Klimapolitik noch viel zu tun bleibt. Das im Juni verabschiedete Gesetz hat zwar ambitionierte neue Ziele definiert, Fragen über den Weg dorthin lässt es jedoch größtenteils unbeantwortet. Und selbst die formulierten Ziele sind leider zu eindimensional. Bis 2030 sollen in Deutschland nun 65% statt 55% Treibhausgasminderung gegenüber 1990 erreicht werden. Dieses Ziel ist absolut richtig, doch ein Großteil der Einsparungen soll in der Stromerzeugung erfolgen. Dies deutet vor allem auf einen beschleunigten Kohleausstieg hin. Wir dürfen aber nicht vergessen: Strom macht nur ungefähr 20 Prozent unseres Endenergieverbrauchs aus. 80 Prozent der Energie in Stromerzeugung, Industrie, Mobilität und Wärmemarkt basieren auf Molekülen, die bis heute nur unzureichend dekarbonisiert worden sind. Für eine erfolgreiche Energiewende, die mehr als nur Stromwende sein muss, müssen daher auch in anderen Sektoren CO2-haltige Energieträger durch klimaneutrale Energieträger ersetzt werden. Wasserstoff kommt dabei eine Schlüsselrolle zu und der knappe Zeithorizont zur Erreichung unserer Klimaziele lässt beim Einstieg in eine Wasserstoffwirtschaft keine Verzögerungen mehr zu.
Um diesen Einstieg in den nächsten Jahren zu schaffen, brauchen wir drei Elemente:
- Einen verstärkten Ausbau der Erneuerbaren Energien und damit verbunden die Förderung der Wasserstoffproduktion im In- und Ausland.
- Anreize auf der Anwenderseite in allen Sektoren, um zum einen Investitionssicherheit für die Anwender beim Umstieg auf Wasserstofftechnologien zu erreichen und zum anderen eine steigende Nachfrage zu erzeugen.
- Eine Energieinfrastruktur, die Erzeugung und Anwendung in Einklang bringt und Wettbewerb für eine klimaneutrale Zukunft garantiert.
Die bisherigen Erfolge der Energiewende zeigen, dass Infrastruktur ein wichtiger Baustein für das Erreichen unserer Klimaziele ist. Schon bei der Integration immer größerer Anteile von Erneuerbare Energien in unser Stromsystem waren die Netze das Nadelöhr. Der Netzausbau folgte dem Ausbau der Erzeugung und hat diese in Folge mit ausgebremst. Diesen Fehler dürfen wir beim Wasserstoff nicht erneut machen.
Die Bundesregierung hat in der abgelaufenen Legislaturperiode mit der Novellierung des EnWG erstmals eine Regulierung für Wasserstoffnetze in Deutschland eingeführt. Ein sehr wichtiger erster Schritt, aber eben auch nur ein erster. Die von der Regierung als Übergangsregulierung bezeichneten Regeln sind nicht das umfassende Werk, den es für den Aufbau von Wasserstofftransportinfrastruktur mit Blick auf die Erreichung unserer Klimaziele gebraucht hätte. Sie lässt zentrale Fragen offen, die den unbedingt notwendigen Einstieg in H2-Netze erschweren. Das Gesetz ermöglicht zwar den Aufbau von H2-Netzen, bietet jedoch keinen Mechanismus, der potenziellen H2-Netzbetreibern die nötige Planungssicherheit bietet, um Investitionsentscheidungen zu fällen. Wir stehen quasi mit leerem Tank an einer grünen Ampel.
Aufgabe der kommenden Bundesregierung muss es nun sein, diese offenen Fragen zeitnah anzugehen und zu klären. Und der Gesetzgeber hat sich hier bereits selbst eine To-Do-Liste geschrieben. Spätestens Ende 2022 muss das EnWG erneut überprüft und mit dem Ziel weiterentwickelt werden, eine gemeinsame Regulierung und Finanzierung der Gas- und Wasserstoffinfrastruktur einzuführen. Das ist der richtige Ansatz angesichts der Tatsache, dass sich das Wasserstoffnetz aus dem bestehenden Gasnetz entwickeln wird. Zudem würde ein solches Vorgehen den Einsatz von Wasserstoff in allen Sektoren ermöglichen und die ambitionierten Klimaziele durch ambitionierte Infrastrukturentwicklung erreichbar machen.