Worauf Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen achten sollten, um ein motiviertes und schlagkräftiges Führungsteam aufzubauen – 8 wirksame Maßnahmen

Aktuelle Herausforderungen

Veränderungen im Markt und in der Gesellschaft fanden schon immer statt. Aber heutzutage sind Führungskräfte in einem besonderen Maße herausgefordert, da verschiedene grundlegende Veränderungen zusammenkommen. Übergeordnet ist vor allem die massive Zunahme von Komplexität und Dynamik zu nennen, die ein immer schnelleres Agieren oder zumindest Reagieren fordern. Führungskräfte stehen in einem Spannungsfeld zwischen Markt- und Kundenanforderungen, Anforderungen vom Top-Management und natürlich den Anforderungen ihrer Mitarbeitenden. Der Führungsjob ist dadurch heute auch nicht mehr so attraktiv wie früher, da es inzwischen gute laterale Karrieremöglichkeiten ohne Personalverantwortung gibt, die durch wichtiges Wissen sowie Erfahrung Steigerungen von Verdienstmöglichkeiten ermöglichen. Auf der anderen Seite ist die Führungsarbeit heute ein eigenständiger Job geworden und nicht mehr nur das Beiwerk einer fachlich guten Performance. Das erhöht die Chancen für Menschen, die sich wirklich auf das Führen fokussieren und sich von einer starken Fachlichkeit lösen wollen/können.

Was sind wesentliche Unterschiede zu früher?

Wir müssen anerkennen, dass eine Machtverschiebung stattgefunden hat. Wir haben nun einen Anbieter-Markt, auf dem sich Unternehmen bei potenziellen Mitarbeitenden bewerben müssen und nicht umgekehrt. Gute Leute mit viel Potenzial oder bereits profunden Fähigkeiten befinden sich in der Lage, sich für einen passenden Arbeitgeber zu entscheiden – sie haben die Wahl. Selbst wenn die erste Wahl eine Fehlentscheidung sein sollte, ist heutzutage schnell ein guter neuer Job gefunden. Auch wenn es schwerfällt, diese Verschiebung müssen Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen immer stärker anerkennen. Sie sind Bittsteller bei Bewerbenden geworden und sind nicht länger die Gönner für gute Arbeitsplätze.

Parallel findet ein Wertewandel statt. Die Generation von heute möchte ihr Leben sinnvoll gestalten und Freude bzw. Erfüllung bei ihren Tätigkeiten empfinden. Das Thema Life-Balance (das Wort “Work-Life-Balance“ sollte man übrigens vermeiden, denn Arbeit gehört zum Leben dazu und ist somit ein integraler Bestandteil) ist für die junge Generation wichtig und wirkt ansteckend auch auf die „älteren“ Generationen. Die inhaltlichen Anforderungen von Mitarbeitenden an ihre Jobs sowie auch an ihre Arbeitgeber sind enorm gewachsen. Die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit wird gnadenlos auf den einschlägigen Bewertungsplattformen kundgetan. Auch immer mehr Führungskräfte wollen sich nicht verheizen lassen und pochen auf Rahmenbedingungen, die die Differenz zwischen Arbeitspensum auf Mitarbeiterebene und Führungsebene nicht zu groß werden lassen. Das Mehr an Gehalt wird vielfach schon als Schmerzensgeld tituliert.

Perspektive der Führungskräfte

Es ist vielfach zu beobachten, dass Führungskräfte auf die Anforderungen der neuen Arbeitswelt zu wenig vorbereitet werden. Sie werden buchstäblich „ins kalte Wasser geschmissen“. Der Automatismus, eine gute Fachkraft zur Führungskraft zu befördern, hat sich noch nie als sinnvolle Lösung präsentiert. Bei Führung geht es um weitaus mehr als die Fachexpertenrolle, die zuvor eingenommen wurde. Daher ist eine gute Vorbereitung auf diese neue Rolle unerlässlich. Inwieweit die Eignung und das Potenzial für Führung vorhanden sind, muss entsprechend rechtzeitig vorher geprüft werden. Es darf nicht automatisch von guten fachlichen Leistungen darauf geschlossen werden, dass das Potenzial für Führung in einem ebenso guten Ausmaß vorhanden ist.

Zudem erleben Führungskräfte eine hohe Überforderung aus den bereits im ersten Teil genannten Gründen, was übrigens auch einige Studien belegen (z.B. Führungskräfteradar Bertelsmann Stiftung, 2019). Viele Führungskräfte fühlen sich allein gelassen. Warum? Auf der einen Seite aufgrund der hohen Anforderungen von Geschäftsführenden und der aus ihrer Sicht überzogenen Anforderungen der Mitarbeitenden. Auf der anderen Seite sind sie frustriert und werden daher führungsmüde. Daraus entstehen häufig zwei Reflexe:

  1. Ein autoritärer Führungsstil wird verstärkt angewandt. Es wird versucht, die Situation mit der Brechstange zu lösen, was die Situation aber eher verschlimmert.
  2. Aufgrund innerer Resignation fällt man zunehmend in einen Laissez-Faire-Stil. Dieser ist allerdings für die Mitarbeitenden genauso schädlich und demotivierend.

Perspektive der Mitarbeitenden

Viele Mitarbeitende erleben eine unzureichende oder übermäßige Führung. Es wird häufig beklagt, dass die Führung nicht professionell ist. Schlechte Führung ist nach wie vor der häufigste Kündigungsgrund. Daher sind die Kosten für schlechte Führung sehr hoch.

Was passiert auf Seiten der Mitarbeitenden, wenn sie nicht gut geführt werden?

Sie sind demotiviert, machen „Dienst nach Vorschrift“ oder streben sogar einen Jobwechsel an. Vor allem wechseln die besten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen immer als erstes. Sie finden meist schnell einen guten neuen Job. Die anderen Mitarbeitenden haben diesbezüglich etwas mehr Schwierigkeiten, befinden sich aber oft in diesem „inneren Kündigungsmodus“. Insofern nützen aktuell niedrige Fluktuationsraten, mit den sich manche Unternehmen immer noch pauschal brüsten, am Ende des Tages nichts, wenn die „falschen“ Leute gehen bzw. bleiben.

Positionen im Unternehmen bleiben unbesetzt, wenn zu wenig Potenziale in den eigenen Reihen bekannt sind. Folglich müssen Unternehmen einen langwierigen Prozess der Rekrutierung am Markt in Kauf nehmen, der sich oftmals nicht auszahlt: Auf Papier können sich potenzielle neue Mitarbeitende gut verkaufen, doch passen sie wirklich ins Team und zur Unternehmenskultur? Die Kosten, welche für Personalberatung, Einstellungsprozess, Einarbeitung und Wissenstransfer aufgewendet werden müssen, sind nicht zu unterschätzen.

Es braucht also eine gute, zeitgemäße und sowohl unternehmens als auch mitarbeiterorientierte Führung.

8 wirksame Maßnahmen, um ein motiviertes und schlagkräftiges Führungsteam aufzubauen

Was können Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen unternehmen, um diesen Ansprüchen zu begegnen und ein schlagkräftiges, aber auch gesundes und wirksames Führungsteam aufzubauen?

  1. Geschäftsführende von Unternehmen müssen sich mit dem Thema Talent- und Nachfolgemanagement rechtzeitig – am besten kontinuierlich – auseinandersetzen, um genügend Talente und Potenzialträger bzw. Potenzialträgerinnen in den eigenen Reihen zu identifizieren und sie für künftige Jobs zu entwickeln. So werden die Kosten für externe Suche und Gewinnung verringert und die Motivation der eigenen Mitarbeitenden erhöht, die sich verstärkt wahrgenommen fühlen.
  2. Bei der Identifizierung von künftigen Führungskräften ist es wichtig, dass auf das Potenzial geschaut wird und nicht ausschließlich auf die Kompetenz. Menschen, die noch in keiner Führungsposition sind, fehlt es an Erfahrung und somit an Wissen. Daraus resultiert oft der Trugschluss, dass man sie per se nicht als Führungskraft sieht. Doch es kommt auf das Potenzial dahinter an: Besitzt jemand von seiner Persönlichkeit, von seinem Ehrgeiz und von seinen mitgebrachten Talenten das Zeug dazu, notwendiges Wissen und Handlungskompetenzen zu erlernen – und zwar auf einem schnellen Wege – dann sollte hier investiert werden. Führung ist grundsätzlich erlernbar, aber wie schnell und weitgehend, hängt von den Potenzialen ab.
  3. Die Auswahl Auswahl und Förderung von Potenzialträgern sollten unter Einbezug der Mitarbeitenden stattfinden. Durch die Transparenz und offene Kommunikation werden die Interessen und Ambitionen dieser Talente in den Fokus gerückt und dadurch entsteht eine positiv empfundene Wahrnehmung seitens der Mitarbeitenden. Selbst die Erkenntnis, dass die Aufgabe der Führung nicht das Richtige ist, wird eher positiv dadurch erlebt, dass es ermöglicht wurde, dies gemeinsam festzustellen.
  4. Als nächstes geht es um den Aufbau von Entwicklungsmaßnahmen für Potenzialträger und Potenzialträgerinnen. Dabei darf nicht immer nur an Training gedacht werden. Mentoring oder andere Begleitungskonzepte, die Übernahme neuer Aufgaben – vor allem Stellvertreteraufgaben – ergänzen Schulungen, um in das Thema Führung mit Augenmaß hineinzuwachsen. Ein guter Mix aus verschiedenen Maßnahmen ist der effiziente, nachhaltigste Weg, das Thema Führung kompetent zu verstehen und umzusetzen – „on the job“ ganz praktisch und begleitend mit Wissen und Training.
  5. Der ganze Entwicklungsprozess bedarf regelmäßiger Gespräche und Feedback. Es sollten immer wieder Präferenzen, Erfahrungen, Wünsche und Herausforderungen und mögliche Perspektiven im Dialog besprochen werden. Eine langfristige starre Planung ist beim Nachfolgemanagement heute sowieso schwierig, da die zukünftige Entwicklung von vakanten Positionen im Unternehmen nicht genau vorhersagbar ist. Ein regelmäßiger Austausch mit Talenten und Potenzialtragenden ist deshalb unerlässlich. Zudem wünschen Menschen regelmäßiges Feedback. Dieses sollte auch wertschätzend kritisch sein, darf also auch mal wehtun,
  6. Mit der bestehenden Führungsmannschaft sollten Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen ebenfalls regelmäßig im Austausch sein und das nicht nur zu Businessthemen. Gerade wenn hier ein offenes Ohr für die Führungsthemen und Anliegen der Führungskräfte gezeigt wird, fühlen sich die Führungskräfte in ihrer Rolle ernst genommen und gehört.
  7. Der Erfahrungsaustausch unter den Führungskräften selbst sollte zusätzlich gefördert werden. Es ist gerade in diesen bewegten Zeiten so wichtig, dass der regelmäßige Erfahrungsaustausch mit anderen Führungskräften aktiv umgesetzt wird. Herausforderungen müssen gemeinsam überlegt und angegangen werden. Kollegiale Beratung ist ein gutes Mittel.
  8. Eine regelmäßige Evaluierung der Führungs- und Teamkultur bilden einen guten Gesamtrahmen für das People Management allgemein, aber auch Talent- bzw. Nachfolgemanagement speziell. Hier bieten sich 180 bis 360 Grad-Feedbacktools an, mit denen die Themen Führungsstile, Kulturparameter und Zufriedenheit erhoben werden können. Dabei geht es aber nicht nur um die reine Erhebung, sondern um die Auseinandersetzung zur Klärung von Missständen, zu Stimmungen und Veränderungsbedarfen. Darin können die Teams der Führungskräfte aktiv einbezogen werden. Auch hier ist die regelmäßige Kommunikation der Schlüssel und trägt zu einer positiven Entwicklung der Führungskultur bei.

Fazit

Der größte Fehler, den Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen machen, ist, dass sie in diese Aktivitäten so lange nicht investieren, wie die Geschäfte stimmen und Ergebnisse gut aussehen. Das sollte in der heutigen Zeit nicht mehr die Devise sein. Denn früher oder später kommt es meist zu einem Einbruch, einer Konjunkturdelle oder anderen Marktveränderungen. Wer dann seine Hausaufgaben im People Management nicht gemacht hat, wird das Ruder nicht eben mal schnell herumreißen. Aktionismus durchschauen die Menschen heute schnell und Vertrauen ist schnell verspielt, kann aber leider nicht im gleichen Tempo aufgebaut werden.