Deutschland weist eine lange Geschichte bedeutender pharmazeutischer Entdeckungen und Entwicklungen auf – vom ersten wirksamen Antibiotikum über zwei der ersten direkten oralen Gerinnungshemmer bis hin zum ersten zugelassenen mRNA-Impfstoff gegen COVID-19. Die forschenden Pharma-Unternehmen konnten einen wichtigen Beitrag für die Gesundheit vieler Menschen leisten. Die gute Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimittelinnovationen war bislang eine Stärke des Gesundheitssystems. Dazu hat auch das Verfahren zur Preisregulierung innovativer Medikamente, das „AMNOG“ benannt nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz von 2010, beigetragen. Es sollte einen stabilen Rahmen für die Innovationstätigkeit und eine schnelle Verfügbarkeit von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen schaffen. Zugleich sollte es den Interessensausgleich durch Verhandlungen zwischen den Kostenträgern und den pharmazeutischen Herstellern garantieren.
Doch diese verlässlichen Rahmenbedingungen schwinden. Inzwischen ist man an einem Scheideweg angekommen: Ohne entschlossene Maßnahmen droht Deutschland den Anschluss an den medizinischen und technologischen Fortschritt und seine Vorreiterrolle in Europa bei der Versorgung mit innovativen Arzneimitteln zu verlieren. Die Daten der europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und die Daten zu Markteinführungen in Deutschland (Lauer-Taxe) zeigen, dass die Verfügbarkeit neuer Arzneimittel in den letzten knapp zwei Jahren um fast 20 Prozentpunkte gefallen und die Wartezeit auf neue Arzneimittel um mehr als 50 Prozent im Vergleich zu 2011-2023 gestiegen ist.
Damit Deutschland seine Rolle als Innovations- und Wirtschaftsmotor im Pharmabereich bewahrt und Patient:innen weiter Zugang zu neuen Wirkstoffen bekommen, sind Reformen unerlässlich. In den Jahren 2025 bis 2030 muss das AMNOG-System zukunftssicher weiterentwickelt werden:
- das AMNOG ist als Standortfaktor zu begreifen
- die Versorgungsperspektive sollte gestärkt werden
- es muss dem medizinischen Fortschritt gerecht werden
Unter der Überschrift „Brauchen wir mehr Versorgungsperspektive im AMNOG?“ wollen wir auch im Rahmen der Handelsblatt-Tagung Pharma 2025 in den Dialog kommen und freuen uns auf den Austausch.