Versicherungskunden setzen weiter auf persönliche Beratung – und zerstreuen die Sorge der Konzerne

Die Sorge, dass Vertreter und Makler die großen Verlierer der Pandemie werden, hat sich nicht bewahrheitet. Doch auch sie müssen sich verändern.

Frankfurt, Düsseldorf Es war eine der großen Sorgen der Versicherungsindustrie in der Coronakrise: Plötzlich musste alles digital ablaufen – der direkte, persönliche Kontakt zum Kunden war nicht mehr möglich.

Werden damit Versicherungsvertreter und Makler an Bedeutung verlieren? Und werden fortan die Direktversicherer ihre Stärken ausspielen können? „Unsere These zu Beginn der Pandemie war, dass der personengebundene Vertrieb am meisten leiden wird“, sagte Joachim Rawolle, Versicherungsexperte der Beratungsfirma Capgemini, beim zweiten Tag des „Insurance Summit“ des Handelsblatts.

Doch bestätigt habe sich die Annahme bisher nicht. Besonders in Krisenzeiten habe sich gezeigt: Das Bedürfnis nach Beratung ist weiterhin hoch. „Viele Direktversicherer, die ihre Produkte über das Internet vertreiben, haben zwar eine hohe Reichweite, sind aber nach wie vor schwach im Abschluss“, sagt Rawolle.

Dennoch haben Kunden heute andere Anforderungen als noch vor einiger Zeit. Ihr klarer Wunsch: Die Versicherer müssen schnell sein und jederzeit verfügbar.

Darauf müssen auch die Berater reagieren. „Die Prozesse im Vertrieb müssen durchgängig digitalisiert sein“, sagt Andreas Schmid, Mitglied des Vorstands bei der Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG. Hierfür sei es nötig. die Produkte und die IT-Plattformen zu vereinfachen.

Direktversicherer können attraktive Preise bieten

Obwohl vielen Kunden das persönliche Beratungsgespräch nach wie vor sehr wichtig ist, erkennt Benedikt Kalteier, Chief Business Officer Digital bei Generali Deutschland, einen Schub bei großen Direktversicherern wie der Konzerntochter Cosmos Direkt.

Generali setze bewusst auf verschiedene Marken, um den Kunden die Wahl zu lassen, was für sie der richtige Zugang zum Versicherungsschutz ist. Direktversicherer, die keine hohen Vertriebskosten haben, hätten die Möglichkeit, den Kunden attraktive Preise zu machen.

Mit Preisvergleichsportalen seien Versicherungskunden hingegen unzufrieden, beobachtet Rawolle von Capgemini. Er beruft sich dabei auf eine weltweite Befragung der Unternehmensberatung. In Deutschland hätten die Anbieter noch vergleichsweise gut abgeschnitten.

Gleichwohl sei es für Versicherer künftig unerlässlich, neue digitale Wege zum Kunden zu finden. Sogenannte eingebettete Versicherungen, die zusammen mit anderen Produkten verkauft werden, dürften eine wichtigere Rolle spielen.

Rawolle nennt beispielsweise den Onlinehändler Amazon, der seinen Kunden in Großbritannien auch Gewerbepolicen anbietet. Ökosysteme bieten Versicherern zudem Möglichkeiten, Kunden Angebote über die reine Versicherung hinaus zu machen. So kündigten die drei Kfz-Versicherer HDI, Huk Coburg und LVM jüngst an, über die Plattform Prisma Dienstleistungen rund um die Mobilität anbieten zu wollen.