Unternehmenssanierung mit dem StaRUG

Zum 1. Januar 2021 ist das Unternehmensstabilisierungs und -Restrukturierungsgesetz (kurz: StaRUG) in Kraft getreten. Im StaRUG sind sowohl die neuen Möglichkeiten der Durchführung einer außergerichtlichen Sanierung verankert, als auch die Restrukturierungsinstrumente, die ein Insolvenzverfahren bietet.

I. Einleitung

Der Gesetzgeber war durch die EU-Richtlinie zum präventiven Restrukturierungsrahmen, die am 20. Juni 2019 (RL 2019/1023) von der Europäischen Union verabschiedet wurde, in Zugzwang der Umsetzung in nationales Recht. Nachdem zunächst bis Mitte des Jahres 2020 keine erheblichen Anstrengungen des Gesetzgebers ersichtlich waren, nahm das Gesetzgebungsverfahren dann ab dem Spätsommer 2020 Fahrt auf. Hintergrund waren hierfür die zunehmend sichtbaren Folgen, die die Corona-Pandemie in der Wirtschaft hinterließ.

Mit dem neuen Gesetz können Gläubiger nun im Rahmen eines Restrukturierungsplans auch gegen ihren Willen zu Vergleichslösungen gezwungen werden, wenn die überwiegende Mehrheit der Gläubiger (das sind 75 Prozent) den Plan befürwortet. Akkordstörer haben damit weniger Optionen ihre Interessen durchzusetzen. Das StaRUG bietet zudem die Möglichkeit, nur punktuell Regelungen mit bestimmten Gläubigern zu treffen. Anders als bei einem Insolvenzverfahren betrifft ein StaRUG-Verfahren damit nicht zwingend alle Gläubiger. Beispielsweise können so nur die Finanzgläubiger von einem sogenannten Haircut betroffen sein.

Es besteht zudem ein Weg, auch nur bestimmte Modalitäten einer mehrseitigen Kreditvereinbarung anzupassen. Demgegenüber verwehrt das Gesetz aber auch viele Vorteile, die die Insolvenzordnung bereithält. Eingriffe in Rechte der Arbeitnehmer sind beispielsweise nicht zulässig. Lange und kontrovers wurde im Gesetzgebungsverfahren auch die Möglichkeit diskutiert, in bestehende Dauerschuldverhältnisse einzugreifen und diese mit gerichtlicher Erklärung aufzulösen. Diese Regelung ist jedoch in die endgültige Gesetzesfassung nicht übernommen worden. Mithilfe des StaRUG können sich Unternehmen aber für einen begrenzten Zeitraum unter eine Stabilisierungsanordnung begeben, die vertragliche Pflichten aus Dauerschuldverhältnissen modifiziert und Zwangsvollstreckungen und Verwertungen für diesen Zeitraum aussetzt.

II. Instrumente des StaRUG

Das StaRUG bietet den Unternehmen verschiedene Optionen, um ein Unternehmen in der Krise neu aufzustellen. Voraussetzung ist es, dass das Unternehmen drohend zahlungsunfähig ist und sein Restrukturierungsvorhaben bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht anzeigt. In dieser Anzeige müssen detailliertere Angaben zu dem in Aussicht genommenen Restrukturierungsvorhaben seitens des Unternehmens gemacht werden. Nach der neuen Definition der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist von einer solchen auszugehen, wenn das Unternehmen voraussichtlich in den kommenden 24 Monaten (§ 18 InsO) seine fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Einführung des StaRUG den Prognosezeitraum für die Annahme einer drohenden Zahlungsunfähigkeit damit erstmals genauer gesetzlich definiert und zeitlich erweitert. Es besteht danach jetzt die Möglichkeit, sehr früh in einem Krisenstadium eine Sanierung mit dem StaRUG anzugehen. Die Eingriffe durch den Restrukturierungsplan können dabei auf einzelner Gläubiger beschränkt werden. Nicht betroffenen Vertragspartnern des Unternehmens bleibt die Sanierung damit verborgen. Es muss keine generelle Veröffentlichung oder Information erfolgen.

1. Stabilisierungsanordnung

Um ein kriselndes Unternehmen zu restrukturieren, ist es oftmals erforderlich, Zeit zum Durchatmen zu erhalten. Dies wird im StaRUG durch die Möglichkeit einer Stabilisierungsanordnung in den §§ 49 bis 59 geschaffen. Über ein Moratorium hinaus, ist es durch die Stabilisierungsanordnung möglich, für einen begrenzten Zeitraum von drei bis maximal acht Monaten Dauerschuldverhältnisse trotz Rückständen aus der Vergangenheit fortzusetzen. Darlehensverträge können allerdings wegen einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse gekündigt werden. Lösungsklauseln, die sich oftmals in Vertragswerken finden, sind nicht zulässig bzw. wirken nicht. In dieser Zeit kann das Unternehmen die Ruhe finden, um sich zu stabilisieren und einen Restrukturierungsplan mit den Gläubigern zu verhandeln.

2. Restrukturierungsplan

Der Restrukturierungsplan ist in den §§ 2 ff. StaRUG geregelt. Auf diesem Weg können Unternehmen ihre Rechtsverhältnisse umgestalten. Dies betrifft Forderungen und Rechte an Gegenständen des Schuldners. Ausgenommen sind allerdings Forderungen von Arbeitnehmern und Forderungen in Bezug auf eine betriebliche Altersvorsorge. Letzteres nimmt dem Restrukturierungsplan die Möglichkeit, auch Forderungen des Pensionssicherungsvereins (PSV) neu zu gestalten. Zudem können deliktische Forderungen und Forderungen aus Geldstrafen oder Geldbußen nicht in einem Restrukturierungsplan geregelt werden. Es können nur bestimmte Gläubiger in den Restrukturierungsplan einbezogen werden. Die Abstimmung über ihn erfolgt nur durch die Planbetroffenen, aber es können Gruppen gebildet werden. Grundsätzlich kann die Abstimmung ohne gerichtliche Beteiligung erfolgen, dann wirkt der Plan aber nur für die Gläubiger, die an der Abstimmung teilgenommen haben und dem Plan zugestimmt haben. Insoweit wird es in aller Regel sinnvoll sein, die Abstimmung durch das Gericht erfolgen zu lassen, da er dann auch gegen abwesende oder ablehnende Gläubiger wirkt.

3. Sanierungsmoderation

Das Gesetz sieht zudem eine Sanierungsmoderation vor, die durch einen Sanierungsmoderator geleitet wird. Dieser wird als unabhängiger Dritter vom Gericht bestellt. Er hat allerdings nur moderierende Funktion und anders als der Restrukturierungsbeauftragte keine erheblichen eigenen Befugnisse. Es kann ein Sanierungsvergleich abgeschlossen werden, der aber keine bindende Wirkung für nicht teilnehmende oder ablehnende Gläubiger erreicht. Seine genaue Ausgestaltung ist, anders als beim Restrukturierungsplan, nicht gesetzlich geregelt.

III. Verfahrensbeteiligte

An einem Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG sind verschiedene Parteien beteiligt.

1. Schuldnerunternehmen

Das Schuldnerunternehmen ist der Hauptbeteiligte, der die Restrukturierungssache in aller Regel mit Hilfe von Beratern vorantreibt und die verschiedenen Instrumente zur Anwendung bringt.

2. Gläubiger, Gläubigerbeirat

Bei den Gläubigern eines Unternehmens, welches eine Restrukturierungssache betreibt, ist zu unterscheiden: Es werden nicht zwingend alle Gläubiger in die Restrukturierungssache mit einbezogen. Wenn alle oder nahezu alle Gläubiger betroffen sind, kann ein Gläubigerbeirat eingerichtet werden, der das Verfahren begleitet und überwacht.

3. Gericht

Das Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG ist grundsätzlich gemäß der umzusetzenden EU-Richtlinie ein gerichtsfernes Verfahren. Das Restrukturierungsgericht kommt nur in den Fällen des § 29 StaRUG ins Spiel, wenn eine Stabilisierungsanordnung angeordnet werden soll oder das Gericht in den Restrukturierungsplan eingebunden wird.

Restrukturierungsbeauftragter

Das Restrukturierungsgericht kann zudem einen Restrukturierungsbeauftragten bestellen. Er wird bestellt, wenn die Rechte von Verbrauchern oder Kleingläubigern im Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen oder durch eine Stabilisierungsanordnung gesperrt werden, wenn eine Stabilisierungsanordnung sich im Wesentlichen gegen alle Gläubiger richtet und/ oder der Restrukturierungsplan eine Überwachung seiner Erfüllung vorsieht. Sofern abzusehen ist, dass ein Restrukturierungsplan nur gegen den Willen von Beteiligten durchgesetzt werden kann oder die Bestätigungsvoraussetzungen überprüft werden müssen, wird ebenfalls ein Restrukturierungsbeauftragter eingesetzt. Daneben kann eine Bestellung auf Antrag erfolgen. Der Restrukturierungsbeauftragter untersteht der Aufsicht des Restrukturierungsgerichts. Er muss prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung der Restrukturierungssache fortlaufend gegeben sind und ggf. Umstände für eine Aufhebung unverzüglich mitteilen. Das Gericht kann ihm zudem weitere Befugnisse erteilen, wie beispielsweise die Kassenführungsbefugnis. Er kann ggf. auch hilfreich bei der Vermittlung zwischen den verschiedenen Positionen der Gläubiger und des Unternehmens sein und so für eine Einigung werben. Bei alledem muss er stets neutral und unabhängig von den Beteiligten sein.

IV. Fazit

Das StaRUG ist im ersten Jahr nur in einer sehr begrenzten Anzahl von Fällen zum Einsatz gekommen. Dies hängt sicherlich nicht mit den geschaffenen Möglichkeiten, sondern mit der allgemeinen Situation zusammen, die Unternehmen auf Corona- Hilfspakete hat ausweichen lassen, bevor man zu strukturellen Maßnahmen greift, die das StaRUG ermöglicht. Es ist davon auszugehen, dass Sanierungen nach dem StaRUG in den kommenden Jahren zunehmen werden. Aufgrund des eingeschränkten Werkzeugkastens wird sich eine Sanierung nach dem StaRUG anbieten, wenn die Passivseite der Bilanz eines Unternehmens neugestaltet werden muss. Eine operative Sanierung ist durch das StaRUG nicht vorgesehen. Hier bieten sich vor allem die Sanierungsinstrumente der Insolvenzordnung an. Durch die Möglichkeit, gegen den Willen einzelner Gläubiger Veränderungen vorzunehmen, bietet das Gesetz aber erhebliche Vorteile für Unternehmen.