Während KI-Assistenten im Gesundheitswesen oder auch im E-Commerce bereits häufig genutzt werden, ist die Dynamik im Kontext der KI-Implementierung innerhalb der Finanzdienstleistungsbranche noch ausbaufähig. Folglich bietet künstliche Intelligenz (KI) insbesondere für Finanzinstitute noch enormes Potenzial zur Effizienzsteigerung und Innovationsförderung. Und angesichts wachsender Datenmengen, mitunter hoher Mitarbeiterfluktuation und regulatorischer Anforderungen müssen Banken KI strategisch verankern – auch, um technologisch wettbewerbsfähig zu bleiben.
Hierbei ist ein Framework zur Identifizierung geeigneter Use-Cases inklusive durchdachter KI-Roadmap der zentrale Baustein für eine erfolgreiche KI-Implementierung sowie zur Steigerung der Effizienz. Dabei darf jedoch die Datensouveränität – also die Kontrolle über eigene Daten – nicht außer Acht gelassen werden.
Selektion der Anwendungsfälle als erster entscheidender Erfolgsschlüssel
Ehe konkrete Anwendungsbereiche selektiert werden, müssen/sollten im ersten Schritt strategische Ziele definiert werden (siehe hierzu Prozessschritt eins der Abbildung zwei). Nur wenn individuelle, für die Belegschaft nutzenorientierte Use-Cases identifiziert werden, gelingt eine erfolgreiche Implementierung von KI-Services.
So müssen die Entscheidungsträger KI-Assistenten als Schlüsselelement zur Erreichung strategischer Ziele, wie etwa Umsatzsteigerung bei gleicher Anzahl bzw. reduzierter Anzahl an Mitarbeitenden, ansehen und dementsprechend priorisieren.
Nachfolgende Abbildung zeigt das KI-Strategiehaus der msg for banking ag, das die wesentlichen Pfeiler der Unternehmensvision und somit der Unternehmensstrategie umfasst.

Nach Definition der strategischen Leitplanken, bedarf es einer Prozessanalyse, mit der gezielte Handlungsfelder identifiziert und daraus konkrete KI-Services abgeleitet werden können. Da einige Banken noch “Berührungsängste“ mit KI haben und den Anwendungen teilweise kritisch (oder auch unsicher) gegenüberstehen, ist eine Kurzanalyse auf Basis von Assessments (strukturierten Interviews) mit ausgewählten Key Playern sinnvoll, siehe Prozessschritt 3b der Abbildung 2. Anschließend könnten weitere Detailanalysen folgen.
Alternativ biete sich eine Detailanalyse schon zu Beginn der Konzeption einer KI-Roadmap an. Ausgehend von einer strukturierten Prozessanalyse können individuelle KI-Assistenten entwickelt werden, die direkt einen “spürbaren“ Mehrwert im Alltag der Belegschaft sicherstellen.
Abbildung 2 visualisiert den idealtypischen Prozess zur Ableitung einer KI-Roadmap.

Nachdem eine AI-Roadmap definiert wurde, empfiehlt sich die iterative Entwicklung und Integration von KI-Assistenten. Hierbei sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen.
1. Strategische Einbettung und API-First-Ansatz
Wie bereits dargelegt, sollte eine KI-Roadmap unmittelbar aus der Unternehmensstrategie abgeleitet werden. Ein API-First-Ansatz bietet im Zuge des Ausbaus von KI-Strategien hohe Flexibilität: Eigene und externe KI-Services können modular aufgebaut, kombiniert oder ausgetauscht werden – ein Schlüsselaspekt für den Schutz und die Kontrolle über sensible Daten. APIs ermöglichen es, Datenflüsse präzise zu kontrollieren und Zugriffsrechte granular zu steuern – ein essenzieller Bestandteil datenhoheitlicher IT-Architekturen.
2. Datenstrategie und Datensouveränität
Eine hohe Datenqualität ist Voraussetzung für performante KI-Services. KI-gestützte Datenqualitäts-Tools helfen, Fehler zu bereinigen und inkonsistente Informationen zu eliminieren. Die Kontrolle über Datenhaltung (On-Premise vs. EU-konforme Cloud-Dienste), Zugriffsrechte und Verarbeitungsprozesse ist entscheidend. Ein souveräner Umgang mit Daten setzt eine klare Governance voraus. Nur durch eine stringente Datenstrategie kann eine zielgerechte Skalierung gelingen.
3. Aufbau interdisziplinärer KI-Teams
Durch die Vielschichtigkeit der KI-Anwendungsbereiche ist es vor allem in stark regulierten Branchen, wie etwa die Finanzdienstleistungsbranche ratsam, interdisziplinäre KI-Teams aufzubauen. Ein zentrales KI-Gremium bündelt Know-how aus Fachbereichen und Technik. Es fungiert als Brücke zwischen Anwendungsanforderungen und technischen Lösungen. Das Gremium sollte auch ethische und regulatorische Aspekte in Bezug auf Datenhoheit berücksichtigen, um potenzielle Risiken frühzeitig zu adressieren.
4. Compliance und Ethik
Die Verwendung sensibler Kundeninformationen in GenAI-Systemen muss streng reguliert werden. Cloud-basierte LLMs dürfen keine personenbezogenen Daten speichern oder weiterverarbeiten. DSGVO-konforme Lösungen mit europäischen Serverstandorten sowie Verschlüsselungs- und Hashing-Verfahren ermöglichen es, Datenschutz und KI-Nutzen zu vereinen. Die genutzten Daten dürfen nach der Verarbeitung nicht für das weitere Training der Modelle verwendet werden – ein Grundsatz der Datensouveränität.
5. Change-Management und kulturelle Transformation
Offene Kommunikation über den Einsatz von KI-Services gegenüber Mitarbeitenden sowie Kundinnen und Kunden schafft Vertrauen. Dokumentierte Entscheidungswege erhöhen die Nachvollziehbarkeit inklusive interner und externer Akzeptanz. Nur durch eine hohe Transparenz über die Verfahren kann eine KI-Transformation gelingen.
Die Belegschaft muss frühzeitig eingebunden und geschult werden. Nur so können Ängste abgebaut und Vorteile vermittelt werden. Awareness-Sessions und Pilotprojekte sind dabei hilfreich. Schulungsinhalte sollten auch den bewussten Umgang mit Daten und Datenschutzthemen umfassen, um Verantwortungsbewusstsein zu stärken.
Kontrolle über Finanz- und Kundendaten ist ein zentraler Baustein einer KI-Roadmap für Banken
Die Umsetzung einer KI-Roadmap ist komplex, aber machbar – insbesondere, wenn sie strategisch geplant, technologieoffen und datensouverän erfolgt. Finanzinstitute müssen die Kontrolle über ihre Daten als zentrales Leitmotiv verstehen, um Vertrauen zu sichern und regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden. Die Datensouveränität ist damit nicht nur ein rechtliches oder ethisches Thema, sondern ein strategischer Erfolgsfaktor für die Zukunftsfähigkeit von KI in Banken.
Autoren
Dr. Philippe Krahnhof verfügt über langjährige Berufserfahrung und gestaltet bei msg for banking im Bereich Strategy & Business Transformation die Zukunftsfähigkeiten von Banken mit. Neben der strategischen Ausrichtung liegt sein Fokus auf dem Change Management. Außerdem ist er als freiberuflicher Dozent an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management aktiv.
Fabian Forthmann berät Banken und Finanzdienstleister hinsichtlich der Entwicklung und Einführung von datengetriebenen Modellen in ihrem technischen und regulatorischen Umfeld. Neben der Erschließung vielversprechender Anwendungsfälle von künstlicher Intelligenz bewegt ihn insbesondere die nachhaltige Nutzung von künstlicher Intelligenz als Werkzeug zur Lösung handfester Problemstellungen.