Plattformen verändern globale Marktmechanismen
Die Plattformgeschäftsmodelle und Ökosysteme verändern die wirtschaftlichen Prinzipien und das Interaktions- und Kommunikationsverhalten der Märkte, der Marktteilnehmer und der Unternehmen. Sie verschieben das Machtgleichgewicht in diversen Märkten und sind damit das wichtigste Geschäftsmodell der Ökonomie.
Ihre Grundelemente basieren unter anderem auf folgenden Faktoren: Etablierung von Marktmechanismen und Interaktionen zwischen der Angebots- und der Nachfrageseite, Monetarisierung durch die Provision vom Interaktionsvolumen, Anpassung des Geschäftsmodells durch Ökosysteme, Externalisierung und zuletzt die Generierung von Netzwerkeffekten aus dem gesamten Ökosystem. Die Interaktions- und Handelsverlagerung der Service-Anbieter beziehungsweise der Produzenten mit ihren Kunden weg von den klassischen Märkten hin zu den Plattformmärkten führt unmittelbar zur Verlagerung der Handelsvolumina und des damit verbundenen Marktanteils.
Abbildung: Die 100 größten Plattformen der Welt mit Wertentwicklung nach Börsenwert. Bewertung gemäß der jüngsten bekannten Finanzierung; Stand August 2022
Quelle und Copyright: Hamidreza Hosseini, Ecodynamics GmbH, Dr. H. Schmidt
Dieser Sogeffekt birgt für die Unternehmen, die in den klassischen Märkten unterwegs sind, die Gefahr des Verlusts von Kundschaft, Umsatz und Marktanteil. Schlussendlich verändert dies Marktmechanismen und Wohlstandsverhältnisse. Unternehmen wie Google, Meituan, Amazon, Tencent und Alibaba haben mit diesem Modell dominante Positionen auf den globalen Märkten erreicht und bauen sie weiter aus.
Auswirkungen der Plattformen auf die Unternehmen
Die Veränderung der Marktmechanismen und die Evolution der Plattformgenerationen hat weitreichende Auswirkungen auf die Unternehmen und ihr traditionelles Geschäftsmodell.
- Unerwünschte Marktrolle mit Kosten- und Margendruck.
Plattformen ordnen den Unternehmen ihre Marktrolle zu: Unternehmen sind zum Beispiel die verlängerte Werkbank in der Produktion oder Leistungserbringung und geraten unter anderem aufgrund der Vergleichbarkeit im Geschäftsmodell immer mehr unter Kosten und Margendruck. - Verlust von Marktanteilen, Kundschaft und Umsatz. Unternehmen verlieren Kundschaft und Umsatz, die von anderen Produzenten oder Händlern in den traditionellen Marktschichten bereits in die Plattformmärkte transferiert wurden.
- Verlust von Hebelkräften, unter anderem durch unklare Preis- und Leistungselastizität. Die Plattformen führen zu mehr Markttransparenz und einer besseren Preis- oder Leistungsvergleichbarkeit.
- Digitalisierungszwang. Die Verlagerung von klassischen Märkten auf Plattformen zwingt die Unternehmen dazu, ihre Prozesse oder Geschäftsmodelle zu digitalisieren, da die meisten Plattformen digitale Prozesse voraussetzen und selten Lösungen dafür kuratieren.
- Verändern und Ersetzen des Portfolios, der Services und des Geschäftsmodells. Plattformen können das Portfolio und das Geschäftsmodell von traditionellen Unternehmen ersetzen oder verändern. Dies geschieht beispielsweise bei der Umsetzung neuer Produkte, Services oder Geschäftsmodelle durch Allianzen.
Hierbei gibt es für die Unternehmen sowohl Chancen als auch Risiken: Neue Märkte und Geschäftsmodelle können entstehen, sich verändern oder ersetzt werden.
Die Evolution von Web 1.0, Web 2.0 und Web 3.0
Das Web 1.0 zeichnete sich durch statische Geschäftsmodelle aus, die einfache Interaktionen abdeckten. Im heutigen Web 2.0 sind digitale Geschäftsmodelle, wie zum Beispiel E-Commerce und digitale Plattformen, weitestgehend durch eine zentrale Steuerungslogik und Governance charakterisiert. Das Web 2.0 wird von zentralisierten Plattformen wie zum Beispiel Facebook, Google, Alibaba und Amazon dominiert. Die vorhin beschriebenen Plattformen der ersten, zweiten und dritten Generation basieren weitestgehend auf Web-2.0-Ansätzen.
Abbildung: Die Entwicklung von Web 1.0, Web 2.0 und Web 3.0
Quelle und Copyright: Hamidreza Hosseini, Ecodynamics GmbH
Die nächste Evolutionsstufe Der digitalen Geschäftsmodelle, Plattformen Und Ökosysteme
Seit circa zwei bis drei Jahren beschleunigt sich mit dem Web 3.0 die nächste Evolutionsstufe der digitalen Geschäftsmodelle, Plattformen und Ökosysteme. Im Web 3.0 sind die Geschäftsmodelle größtenteils
im Besitz der Anbieter und Nutzerinnen beziehungsweise Nutzer und werden unter anderem mit Tokens orchestriert. Im Web 3.0 sind Eigentum und Kontrolle weitestgehend dezentralisiert.
Bei der Verwaltung der Märkte ist die größte Veränderung die Entflechtung der Marktinfrastruktur von der Marktsteuerung und die damit einhergehende Transparenz. In diesem Kontext fallen auch die Stichworte Metaverse, NFT oder Blockchain. Die Verbesserung der Web-3.0-Mechanismen führt seit ein bis zwei Jahren zur Aufspaltung der Plattformen der vierten Generation in zwei verschiedenen Varianten:
- Die vierte Generation der Web-2.0-Plattformvarianten konzentriert sich – aufbauend auf den Eigenschaften der dritten Generation – auf die Vernetzung eigener und externer Ökosysteme, um erweiterte Netzwerkeffekte zu erzielen. Dazu wird der KI-Einsatz stärker forciert und Lösungen für die Digitalisierung der Unternehmen werden angeboten.
- Die dezentralen Web-3.0-Plattformen der vierten Generation werden auf einer Main Blockchain (zum Beispiel Ethereum) oder einer Side Chain (zum Beispiel Polygon, Cardano, Flow) aufgebaut und sind meist durch DAO-Strukturen organisiert. DAOs sind Dezentralisierte Autonome Organisationen, die ihre Governance in klaren Regeln anhand der Computer-Codes oder Consensus-Algorithmen strukturieren. Ihre Ökonomie basiert auf DeFi-Mechanismen (dezentrales Finanzsystem), die nicht auf Vermittler, Banken oder Makler angewiesen sind, sondern sich der Asset-Tokenisierung (unter anderem Non-fungible Tokens) bedienen. Metaverse-Geschäftsmodelle gehören ebenfalls zu dieser Plattformgeneration, die in den folgenden Abschnitten näher erläutert wird.
Web-3.0-Plattformen basieren zwar auf den grundlegenden Plattform- und Ökosystem-Mechanismen, führen allerdings aufgrund ihres dezentralen Charakters zu mehr Fairness und Transparenz. Sie werden ebenfalls einen enormen Einfluss auf die bestehenden Web-2.0-Plattformen haben: Einige neue Web-3.0-, Metaverse- und
NFT-Plattformen sind bereits entstanden und einige Plattformen und Ökosysteme müssen ihr Geschäftsmodell anpassen, um auf die Zukunft vorbereitet zu sein. Ist das Plattformgeschäftsmodell ausgearbeitet, steht die Umsetzung an. Dabei gilt: Hoffnung ist keine Strategie! Für die Umsetzung sind folgende Modelle denkbar:
Ein eigenes Plattform-Geschäftsmodell aufbauen. Diese Strategie ist für Unternehmen empfehlenswert, die als Plattforminitiator auf dem Markt agieren wollen. Maßnahmen hängen hier von der Finanzkraft des Plattforminitiators ab. Sofern sich bei einem Plattformgeschäftsmodell in den ersten zwei bis drei Jahren positive Tendenzen zeigen, sollten weitere Investitionen in Markterweiterung oder Etablierung neuer Services, Features oder Produkte erfolgen.
Eine Plattform mit weiteren Partnern aufbauen. Dieses Modell ist geeignet für Plattforminitiatoren, die im Vorfeld komplementäre Elemente miteinander verbinden und eine gemeinsame Strategie verfolgen. Für die kleineren Anbieter könnte dieses Szenario eine gute Möglichkeit der Umsetzung darstellen. Hierbei empfiehlt es sich, dass der Plattforminitiator im Vorfeld die Strategie und Agenda festlegt, bevor er die weiteren Kooperationspartner einbindet.
Bestehende Plattformen als Absatzkanal nutzen. Grundsätzlich empfiehlt es sich, dass jedes Unternehmen existierende Plattformen als einen weiteren Absatzkanal im Rahmen seiner Strategie nutzt. Die Gefahr ist allerdings, dass die Plattformen die Kundendaten und die Daten über die Verkaufszahlen beziehungsweise Interaktionen erhalten. Diese Alternative empfiehlt sich für Kleinstunternehmen, um auf diesem Weg ihre Produkte oder Dienstleistungen über die Marktmetastruktur der Plattformen anbieten zu können.