Mitteilungspflichten zum Transparenzregister im Fluss – Praxisfragen zum wirtschaftlich Berechtigten nach den FAQ des Bundesverwaltungsamtes

Dr. Günter Seulen, Rechtsanwalt, Oppenhoff
Dr. Andreas Krebs, LL.M. (Aberdeen), Rechtsanwalt, Oppenhoff

Mit der bereits zum 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Novellierung des Geldwäschegesetzes (GwG) wurden die Pflichten von Unternehmen, Anteilseignern und wirtschaftlich Berechtigten im Zusammenhang mit dem im GwG verankerten Transparenzregister deutlich ausgeweitet. Diese Änderungen werden flankiert durch die vom Bundesverwaltungsamt (BVA) veröffentlichten und regelmäßig aktualisierten Auslegungs- und Anwendungshinweise zum GwG (sog. FAQ, zuletzt i.d.F. vom 9. Februar 2021). Diese FAQ sind für die Rechtsprechung nicht bindend, bestimmen aber die Verwaltungspraxis und sind damit de facto wesentlich für die praktische Rechtsanwendung.

Das BVA hatte insb. mit der Neufassung der FAQ vom 19. August 2020 den Kreis der Personen, die nach seiner Auffassung als wirtschaftlich Berechtigte gelten, stark ausgeweitet. Die dort zusammengestellten Grundsätze werfen trotz zwischenzeitlicher Nachjustierung durch das BVA weiterhin erhebliche Fragen auf.

I. Konzeption und Zielsetzung  des Transparenzregisters

Seit 2017 sind mit Ausnahme von börsennotierten Gesellschaften grundsätzlich alle Kapital- und Personenhandelsgesellschaften verpflichtet, dem Transparenzregister ihre wirtschaftlich Berechtigten mitzuteilen. Die aktive Mitteilungspflicht entfällt bisher nur dann, wenn sich die wirtschaftlich Berechtigten bereits aus öffentlichen Registern (insb. dem Online-Handelsregister) ergeben. Allerdings plant der Gesetzgeber derzeit, diese Mitteilungsfiktion abzuschaffen und das Transparenzregister zu einem Vollregister aller Gesellschaften auszubauen. Aufgrund der geplanten Reform des Personengesellschaftsrechts sollen ab 2023 auch bestimmte Gesellschaften bürgerlichen Rechts erfasst werden.

Die Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten ist zentrales Element der Geldwäscheprävention und soll Transparenz im Hinblick auf die Zuordnung von Vermögenswerten zu bestimmten natürlichen Personen ermöglichen, damit die Verschleierung der Herkunft von Geldern verhindert oder zumindest bestraft werden kann.

II. Ermittlung des (mittelbaren)  wirtschaftlich Berechtigten

Ein Dreh und Angelpunkt der Geldwäscheprävention ist somit die Bestimmung der wirtschaftlich Berechtigten einer Gesellschaft oder sonstigen Vereinigung, d.h. derjenigen natürlichen Person(en), in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die betreffende Vereinigung steht.

Bei den Kapital- und Personenhandelsgesellschaften ist insoweit – zusammengefasst – maßgeblich, ob natürliche Personen direkt mehr als 25 % des Kapitals oder eine entsprechende Anzahl von Stimmrechten halten oder auf eine vergleichbare Weise Kontrolle ausüben. Werden entsprechende Anteile unmittelbar von Gesellschaften oder anderen Vereinigungen gehalten, ist nach § 3 Abs. 2 Satz 2 GwG diejenige natürliche Person (mittelbarer) wirtschaftlich Berechtigter, die die unmittelbar beteiligte(n) Vereinigung(en) kontrolliert. Nur, wenn nach umfassender Prüfung kein wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden kann, gilt der gesetzliche Vertreter (bei der GmbH also der Geschäftsführer), der geschäftsführende Gesellschafter oder der Partner des Vertragspartners als sog. fiktiver wirtschaftlich Berechtigter.

„Kontrolle“ einer mittelbar beteiligten natürlichen Person über den unmittelbaren Gesellschafter einer Vereinigung liegt nach dem GwG „insbesondere“ vor, wenn diese beherrschenden Einfluss ausüben kann. Hierzu verweist das Gesetz auf die Vorschriften im Handelsgesetzbuch zur Konzernbilanz (§ 290 Abs. 2 bis 4 HGB). Ein beherrschender Einfluss ist damit stets gegeben, wenn dem mittelbar Beteiligten die Mehrheit der Stimmrechte, das Recht zur Besetzung der Mehrheit der Mitglieder des Leitungsorgans, die Mehrheit der Chancen und Risiken bzw. in sonstiger Weise das Recht zur Bestimmung der Finanz- und Geschäftspolitik zusteht. Das entspricht dem z.B. auch im Konzernrecht (vgl. § 17 AktG) geltenden Kontrollbegriff: Maßgeblich ist die Möglichkeit des (mittelbaren) Gesellschafters, seinen Willen durchzusetzen, wozu vorbehaltlich besonderer Bestimmungen eine Mehrheitsbeteiligung erforderlich, aber auch ausreichend ist.

III. Vetorechte und Sperrminorität – taugliche Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des wirtschaftlich Berechtigten?

Für die Bestimmung der Kontrollmöglichkeit legte das BVA seinen Erwägungen jedoch schon in der Vergangenheit einen erweiterten Kontrollbegriff zugrunde, wonach unmittelbare oder mittelbare Kontrolle durch eine natürliche Person auch aufgrund von ausdrücklich vorgesehenen Widerspruchs- und Vetorechten möglich war. Mit den FAQ in der Fassung vom 19. August 2020 hatte das BVA dies dann noch einmal deutlich ausgeweitet: Nunmehr sollte es unabhängig von der Beteiligungshöhe generell ausreichen, dass ein Gesellschafter aufgrund seiner Beteiligung Gesellschafterbeschlüsse verhindern kann, sei es, weil der Gesellschaftsvertrag Einstimmigkeit oder erhöhte
Beschlussmehrheiten fordert, sei es, weil er durch sein Fernbleiben die Erreichung eines Mindestteilnahmequorums in der Gesellschafterversammlung verhindern kann. Diese Grundsätze sollten auch im Hinblick auf die mittelbare Kontrolle über direkte Gesellschafter gelten. Auch eine Sperrminorität (nur) im Hinblick auf grundlegende Gesellschafterbeschlüsse wurde vom BVA ausdrücklich als Kontrollposition gewertet.

Für unmittelbare Beteiligungen mag ein Abstellen auf gesellschaftsvertragliche Blockademöglichkeiten unterhalb der 25 %-Schwelle des § 3 GwG noch vertretbar sein, wenn man annimmt, der Gesetzgeber habe damit auf die gesetzliche Sperrminorität gezielt. Zwingend ist aber auch das nicht, weil die Schwelle auch für bloße Kapitalbeteiligungen unabhängig von der Stimmenmacht gilt.

Jedenfalls für die Ermittlung einer mittelbaren Kontrollposition war das extensive Ver-ständnis des BVA aber zu weitgehend und ist daher in der gesellschaftsrechtlichen Literatur und Praxis zu Recht überwiegend auf Ablehnung gestoßen. Es steht weder im Einklang mit der Gesetzesbegründung des GwG, noch ist es vom Gesetzeswortlaut gedeckt. Es widerspricht zudem diametral dem Kontrollbegriff in anderen Regelungsbereichen wie dem Konzernrecht und dem Bilanzrecht, wo eine bloße Sperrminorität keine „Kontrolle“ begründet.

Mit den überarbeiteten FAQ vom 9. Februar 2021 hat das BVA diese Kritik offenbar aufgenommen und seine Ausführungen zu Veto- und Widerspruchsrechten nochmals überarbeitet. Allerdings vermeidet das BVA insoweit eine ausdrückliche Korrektur seiner früheren Ausführungen und zieht sich auf Allgemeinplätze zurück.

So soll nunmehr bei einer unmittelbaren wie bei einer mittelbaren Beteiligung ein Vetorecht hinreichende Kontrolle begründen, wenn die natürliche Person „über diese Rechte die Vereinigung faktisch kontrolliert“ (eine bloße Tautologie) oder „deren Transaktionen letztlich veranlasst“, wofür jeweils der Einzelfall maßgeblich sein soll. Weitere Hinweise, worauf es dann im Einzelfall – unterhalb eines Zustimmungserfordernisses für sämtliche Gesellschafterbeschlüsse – ankommen soll, geben die FAQ nicht mehr.

Das grundsätzliche Festhalten des BVA an der Auffassung, dass bei mittelbaren Beteiligungen beherrschender Einfluss durch gesetzliche und vertragliche Vetorechte begründet werden kann, bleibt kritikwürdig. Zwar ist der Hinweis, dass auch Sperrminoritäten bei Grundlagenbeschlüssen beherrschenden Einfluss begründen, ersatzlos gestrichen worden, damit ist jedoch wenig gewonnen: Die zwischenzeitliche Ausweitung wird sprachlich nicht konsequent zurückgenommen. Vielmehr bezeichnet das BVA die Verkürzung seiner Ausführungen auf die Einzelfallbetrachtung euphemistisch als „Konkretisierung“ der früheren Auffassung. Allein, dass das BVA seine frühere Kontrolldefinition als „sehr weit gefasst“ beschreibt, deutet an, dass das Amt wohl doch eine Rolle rückwärts vollzogen hat.

Damit verursacht auch die aktuelle Fassung der FAQ weiter erhebliche Rechtsunsicher-heit. Unter welchen konkreten Voraussetzungen Minderheitsbeteiligungen Kontrolle und somit die Stellung als wirtschaftlich Berechtigter begründen sollen, bleibt weiter offen. Dies ist nicht zuletzt angesichts der zum Teil erheblichen Bußgeldandrohungen bei Verstößen gegen die Mitteilungspflichten nach dem GwG sehr bedenklich.

Rechtlich entbehrt auch die (wohl) geänderte Auffassung des BVA einer ausreichenden Grundlage. Indem das GwG für die Konkretisierung des beherrschenden Einflusses auf die handelsrechtlichen Beherrschungsgrundsätze verweist, wird eine aktive Möglichkeit der Einflussnahme vorausgesetzt. Die bloße „Verhinderungsbeherrschung“, an der das BVA augenscheinlich weiter festhalten will, genügt diesem Erfordernis grundsätzlich nicht.

IV. Folgen für die Praxis

Es bleibt abzuwarten, wie die Verwaltungspraxis des BVA nach den erneut geänderten FAQ ausfallen wird und ob dies ggf. einer gerichtlichen Prüfung standhält. Bis dahin bleibt die Umsetzung der Vorgaben für den Rechtsanwender erheblich mit Unsicherheit und Aufwand verbunden. Insbesondere bei mittelbaren Beteiligungen ist eine rechtssichere Bestimmung der wirtschaftlich Berechtigten im Falle der Einbeziehung bloßer Minderheitspositionen kaum möglich. Angesichts der geplanten Ausweitung des Transparenzregisters zu einem europaeinheitlichen Vollregister wäre eine klar konturierte Anwendungsempfehlung dringend erforderlich. Es wäre dabei zu wünschen (und gesetzlich geboten), dass das BVA auch für das Geldwäscherecht den bilanz- und konzernrechtlichen Kontrollbegriff heranzieht und so eine kohärente Rechtsanwendung gewährleistet. Alles andere ist den Rechtsanwendern auch vor dem Hintergrund der empfindlichen Bußgeldandrohungen nicht zuzumuten. So ließe sich auch der erhebliche Bürokratieaufwand, den der kontinuierliche Ausbau der Transparenzpflichten nicht nur im GwG, sondern in vielen Rechtsbereichen verursacht, sinnvoll begrenzen.