Kundenschutzklauseln für GmbH-Geschäftsführer

I. Einführung

Scheiden Geschäftsführer aus ihrem Anstellungsverhältnis und als Organ einer GmbH aus, so ist es auf Seiten der Gesellschaft nicht gern gesehen, wenn der ausgeschiedene Geschäftsführer sofort bei einem Wettbewerber anheuert und ihr Konkurrenz macht. Typischerweise erfolgt der Wechsel ausgeschiedener Geschäftsführer aber gerade zu Konkurrenten, da der Geschäftsführer nur dort sein Branchen- und Erfahrungswissen sinnvoll einsetzen kann. So wird etwa der aus einer Steuerberatungsgesellschaft ausgeschiedene Geschäftsführer – gleich ob er selbst gekündigt hat oder gekündigt wurde – eine neue Position wiederum bei einer Steuerberatungsgesellschaft suchen und finden. Um Mandatsverluste zu vermeiden, enthalten Geschäftsführeranstellungsverträge deshalb häufig nachvertragliche Wettbewerbsverbote, die jedoch auch bei Geschäftsführern durch die Zusage einer Karenzentschädigung teuer erkauft werden müssen. Als weniger kostenträchtige Alternative bieten sich Kundenschutz- oder Mandantenschutzklauseln an. Diese untersagen dem ausgeschiedenen Geschäftsführer nicht jegliche Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen, sondern lediglich Geschäfte mit Mandanten des bisherigen Anstellungsunternehmens. Mit einer solchen Mandantenschutzklausel kann sich das Unternehmen wirksam gegen die „Mitnahme“ von Mandanten schützen, ohne hierfür hohe Karenzentschädigungen bezahlen zu müssen.

II. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote, Mandantenschutzklauseln und Mandantenübernahmeklauseln

1. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Will ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auferlegen, so wird er mit § 74 HGB konfrontiert. Danach ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der letzten vertragsmäßigen Vergütung erreicht (§ 74 Abs. 2 HGB). Fehlt die Zusage einer Karenzentschädigung, so ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nichtig, das heißt der Arbeitnehmer muss sich nicht an das Wettbewerbsverbot halten und der Arbeitgeber kann die nachvertragliche Konkurrenztätigkeit seines ehemaligen Mitarbeiters nicht verhindern.

Nun sind GmbH-Geschäftsführer – von höchst selten vorkommenden Ausnahmefällen abgesehen – keine Arbeitnehmer. Sie unterfallen daher nicht unmittelbar der Vorschrift des § 74 HGB. Der BGH hat deshalb entschieden, dass die an dem arbeitsrechtlichen Schutz von Handlungsgehilfen orientierten Vorschriften der §§ 74 ff. HGB auf Geschäftsführerverträge grundsätzlich keine Anwendung finden.1 Das bedeutet aber nicht etwa, dass mit GmbH-Geschäftsführern ohne Weiteres nachvertragliche Wettbewerbsverbote ohne Zusage einer Karenzentschädigung vereinbart werden können.

Der BGH wendet zwar auf Geschäftsführer §§ 74 ff. HGB nicht an, prüft aber, ob das Verbot einem berechtigten geschäftlichen Interesse der Gesellschaft dient und die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers nicht unbillig erschwert.2 Liegt kein berechtigtes Interesse der Gesellschaft vor oder führt es trotz berechtigten Interesses zu einer unbilligen Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Geschäftsführers, so ist es sittenwidrig und nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

Eine solch unbillige Erschwerung wird angenommen, wenn dem Geschäftsführer eine Karenzentschädigung als Gegenleistung für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot völlig versagt wird. Bei Geschäftsführern gilt nicht die starre Regelung des § 74 Abs. 2 HBG („mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen“), die Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Geschäftsführers verlangt aber ebenso wie bei einem Arbeitnehmer eine im konkreten Fall angemessene wirtschaftliche Absicherung. Mangels einer gesicherten Rechtsprechung wird in der Praxis meist auch GmbH-Geschäftsführern eine Karenzentschädigung von 50 % der zuletzt bezogenen (Fest-)Vergütung zugesagt.

2. Kundenschutzklauseln
Im Gegensatz zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot verbieten Kundenschutzklauseln nicht generell die Tätigkeit des ausgeschiedenen Mitarbeiters für jeglichen Wettbewerber. Ihm wird lediglich untersagt, Kunden seines bisherigen Anstellungsunternehmens „mitzunehmen“. Das Verbot umfasst also nicht die Tätigkeit für Konkurrenten an sich, sondern nur die Ausnutzung der Kundenbeziehungen, die beim bisherigen Anstellungsunternehmen geknüpft wurden. Für die Kunden seines neuen Dienstgebers darf der Geschäftsführer dagegen uneingeschränkt tätig sein.

Das Phänomen der „Mitnahme“ von durch persönliche Betreuung aufgebauten Kundenkontakten zeigt sich besonders häufig bei Rechtsanwaltskanzleien und Steuerberatungsgesellschaften. Hier stellt sich der Kundenschutz als Mandantenschutz dar.

Lässt die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte allgemeine Mandantenschutzklauseln ohne Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung regelmäßig an § 74 Abs. 2 HGB scheitern, so werden Mandantenschutzklauseln bei Geschäftsführern grundsätzlich für zulässig gehalten.³

3. Mandantenübernahmeklauseln Eine Sonderform der Mandantenschutzklausel bildet die Mandantenübernahmeklausel. Eine Mandantenübernahmeklausel verbietet dem Geschäftsführer nicht die Mitnahme von Mandanten, sondern erlaubt sie ausdrücklich. Allerdings erlegt sie ihm im Gegenzug die Verpflichtung auf, für die übernommenen Mandate eine Ausgleichszahlung zu leisten. Solche Klauseln lauten bspw.:

„Übernehmen Sie bei oder im Zusammenhang mit Ihrem Ausscheiden aus den Diensten unserer Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar Mandate der Gesellschaft, so werden Sie als Entschädigung für einen Zeitraum von 5 Jahren seit dem Ausscheiden einen Betrag in Höhe von 20 % Ihres Gesamtumsatzes mit dem betreffenden Mandanten an die Gesellschaft abführen.“⁴

Solche Mandantenübernahmeklauseln enthalten keine Zusage zur Zahlung einer Karenzentschädigung. Gleichwohl sind sie selbst bei Arbeitnehmern grundsätzlich zulässig und verbindlich, soweit sie dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dienen und das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unbillig erschweren.⁵ Allerdings wird eine entschädigungslose Mandantenübernahmeklausel als Umgehung im Sinne von § 75 d Satz 2 HGB gewertet, wenn die Konditionen so ausgestaltet sind, dass sich die Bearbeitung der Mandate für den Arbeitnehmer wirtschaftlich nicht lohnt. Das BAG hat eine Mandantenübernahmeklausel ohne Karenzentschädigung, die einen angestellten Rechtsanwalt verpflichtet, bei einer anschließenden unselbständigen Tätigkeit einen Honoraranteil in Höhe von 20 % an seinen früheren Arbeitgeber abzuführen, deshalb als sog. verdeckte Mandantenschutzklausel für unwirksam erklärt.6

Bei Geschäftsführern besteht demgegenüber ein weiterer Spielraum. Für Geschäftsführer gelten die §§ 74 ff. HGB nicht, die Beschränkung ihrer Konkurrenztätigkeit muss lediglich einem berechtigten Interesse des Dienstgebers entsprechen und darf keine unbillige Erschwerung ihres beruflichen Fortkommens sein. Wann diese Grenzen überschritten sind, ist immer eine Einzelfallentscheidung und durch die Gerichte nicht abschließend geklärt.

Um das Risiko der Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB zu minimieren, sollten Unternehmen folgende Schranken beachten:

  • Mandantenübernahmeklauseln dürfen nicht von unbeschränkter Dauer sein, sondern höchstens für zwei Jahre nach Ausscheiden des Geschäftsführers vereinbart werden.⁷
  • Der abzuführende Honoraranteil darf nicht höher sein als 25 % der aus den übernommenen Mandaten erzielten Umsätze.⁸

Werden diese Schranken in der Mandantenübernahmeklausel nicht berücksichtigt, neigen die Gerichte zu der Annahme, die Übernahme der Mandate lohne sich wirtschaftlich nicht und stelle deshalb eine unbillige Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Geschäftsführers dar. Wird eine Honorarabführung von 20 % des Jahresumsatzes mit übernommenen Mandanten etwa für die Dauer von 5 Jahren nach Ausscheiden vereinbart, so ist das Verbleiben von Mandanten beim ehemaligen Mitarbeiter über einen derart langen Zeitraum nach Auffassung des BAG nicht auf den mitgegebenen „good will“ des ehemaligen Dienstgebers, sondern auf die eigene Leistung des ehemaligen Mitarbeiters zurückzuführen und die Vereinbarung deshalb unwirksam.⁹

III. Rettung zu weitgehender Mandantenübernahmeklauseln durch geltungserhaltende Reduktion?

Wird eine Mandantenübernahmeklausel für längere Zeit als zwei Jahre vereinbart oder der abzuführende Honoraranteil zu hoch angesetzt, stellt sich die Frage, ob sie durch eine geltungserhaltende Reduktion gerettet werden kann. Bei Arbeitnehmern scheitert ein Zurückführen der vereinbarten Regelung auf das noch zulässige Maß schon an § 75 d HGB. Stellt sich die Klausel als verdeckte Mandantenschutzklausel dar, die aufgrund zu lang andauernder oder zu hoher wirtschaftlicher Belastung für den Arbeitnehmer eine Übernahme der Mandate überhaupt infrage stellt, so liegt eine Umgehung der Pflicht zur Karenzentschädigung vor, die nicht durch eine geltungserhaltende Reduktion ungeschehen gemacht werden kann.10

Mandantenübernahmeklauseln für GmbHGeschäftsführer liegen jedoch außerhalb des Schutzbereichs der §§ 74 ff. HGB, weshalb der BGH hier bei Wettbewerbsverboten mit zu langer Bindung eine geltungserhaltende Reduktion zulässt.11 Erst recht muss dies für weniger einschränkende Mandantenübernahmeklauseln gelten. Höchstrichterlich ungeklärt ist aber weiterhin die Frage, ob Mandantenübernahmeklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen oder vorformulierte Vertragsbedingungen wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam sind, weil sie entschädigungslos eine Honorarabführungspflicht vorsehen, obwohl mit der Beendigung des Anstellungsverhältnisses die Verpflichtung, dem Anstellungsunternehmen keinen Wettbewerb zu machen, grundsätzlich endet.12 Da auch Fremdgeschäftsführer und Minderheitsgesellschaftergeschäftsführer nach der Rechtsprechung des BAG Verbraucher sind, besteht auch hier grundsätzlich das Risiko der AGB-Rechtswidrigkeit. Aus der Sicht von Geschäftsführern, die von ihren ehemaligen Anstellungsunternehmen aus einer Mandantenübernahmeklausel auf Zahlung von Honoraranteilen in Anspruch genommen werden, kann ein Blick auf den Umfang der zeitlichen und betragsmäßigen Bindung sowie auf die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit durchaus lohnend sein.

IV. Zusammenfassung

Um zu verhindern, dass Geschäftsführer nach ihrem Ausscheiden sofort bei einem Wettbewerber anheuern und „ihrer“ bisherigen GmbH Konkurrenz machen, werden oft nachvertragliche Wettbewerbsverbote vereinbart, die jedoch durch Zahlung einer Karenzentschädigung in der Regel teuer erkauft werden müssen. Als Alternative bieten sich gerade für Freiberufler-GmbHs sog. Mandantenschutz- bzw. Mandantenübernahmeklauseln an, die nicht die Konkurrenz per se, sondern nur bezogen auf den Mandanten- bzw. Kundenstamm einschränkt. Da für Geschäftsführer, anders als für Arbeitnehmer, die §§ 74 ff. HGB nicht anzuwenden sind, bietet sich hier ein deutlich größerer Spielraum. Auch bei solchen Vereinbarungen sollten jedoch stets die Grenze der Sittenwidrigkeit und die weitere Entwicklung der Rechtsprechung im Auge behalten werden.

1 BGH NZG 2008, 753
2 BGH NZG 1997, 3089
3 OLG Düsseldorf, NJW – RR 1994, 36; OLG Düsseldorf, GmbHR 1999, 120; OLG Düsseldorf, NZG 2000, 737
4 Sachverhalt gem. BAG, Urteil vom 07.08.2002 – 10 AZR 586/01
5 Ittmann in: beck-online Großkommentar Rn. 50 zu § 74 HGB
6 BAG, Urteil vom 10.12.2013 – 10 AZR 286/13, NZA 2014, 433
7 BGH, Urteil vom 29.10.1990, GmbHR 1991, 16; BGH, Urteil vom 08.05.2000, ZIP 2000, 1337; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.07.2008 – 17 U 140/07
8 Ittmann in: beck-online Großkommentar Rn. 51.4ff. zu § 74 HGB
9 BAG, Urteil vom 07.08.2002 – 10 AZR 586/01
10 BAG, Urteil vom 07.08.2002 – 10 AZR 586/01
11 BGH, Urteil vom 29.10.1990 – II ZR 241/89
12 vom Bundesarbeitsgericht ausdrücklich offengelassen im Falle eines angestellten Rechtsanwalts, BAG NZA 2014, 433