Klarheit aus Karlsruhe? Was Vermieter und Mieter jetzt beachten müssen

Drei Entscheidungen aus Karlsruhe zu Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten liegen zwischenzeitlich vor, alle damit verbundenen Fragen sind aber längst nicht beantwortet.

Die Fälle „KiK“, „Hochzeitsfeier“ und „Urkundenklage“

Den Anfang setzte der BGH am 12.01.2022 (XII ZR 8/21) im Fall „KiK“, als der Senat entschied, dass eine Vertragsanpassung (Mietreduzierung) wegen Störung der Geschäftsgrundlage bei Covid-19-bedingter Geschäftsschließung aufgrund hoheitlicher Maßnahmen grundsätzlich in Betracht kommt, sich bei der Prüfung der Unzumutbarkeit aber eine pauschale Betrachtung („50 % / 50 % – Lösung“) verbietet. Maßgeblich sind vielmehr sämtliche Umstände des Einzelfalles einschließlich finanzieller Vorteile, die der Mieter aus sämtlichen ihm möglichen, auch staatlichen Hilfen erlangt hat. In seinen Folgeentscheidungen vom 16.02.2022 (XII ZR 17/21 – „Urkundenklage“) und vom 02.03.2022 (XII ZR 36/21 – „Hochzeitsfeier“) hat der BGH diese Sicht bestätigt und weiter konkretisiert.

„Herantasten“ an die Thematik

Die „Entscheidungs-Trias“ des BGH lässt sich im Ergebnis als ein „Herantasten“ an die sehr vielschichtige Thematik einstufen. Klargestellt ist aus Karlsruhe, dass zunächst auf Umsatzeinbußen des Mieters in der konkreten Mietfiliale abzustellen ist, allerdings dass „auch“ die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen sind, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich erhalten hat. Wie genau letzterer Passus zu verstehen ist, lässt der BGH offen. Gemeint sein könnte einerseits, dass nur die vom Staat erlangten Vorteile zu berücksichtigen sind. Andererseits könnte der Passus bedeuten, dass „auch“ die staatlichen Unterstützungsleistungen neben weiteren Vorteilen zu beurteilen sind. Einer Kompensation im Konzern hat der BGH eine Absage erteilt, wohingegen die Frage nach einer Kompensation durch Rücklagen des Mieters selbst vom Senat nicht angesprochen wurde. Zu berücksichtigen kann auch sein, so der BGH, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermeiden, wobei auch hier offen bleibt, ob damit nur Tätigkeiten „in Bezug auf die Mietsache selbst“ gemeint sind. Darlehensweise gewährte Vorteile sind namentlich nicht zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung weiterer denkbarer Kompensationen (z.B. Betriebsschließungsversicherungen, staatshaftungsrechtliche Ansprüche) ist vom BGH in seinen Entscheidungen wiederum nicht angesprochen worden. Zudem hat sich der BGH nur zu den Schließungsmonaten selbst geäußert und nicht zu den Kundenströmen im gesamten Jahr. Hier ließe sich zum einen auf den Standpunkt stellen, dass ein einmal unterbliebener Umsatz in den Schließungsmonaten nicht wiederholbar ist, während zum anderen ins Feld geführt werden kann, dass auf den gesamten Jahresumsatz abzustellen ist. Denn eine „Überkompensation“ soll mit dem BGH nicht erfolgen. Umgekehrt müssten dann aber auch Kundenrückgänge und damit verbundene Umsatzverluste infolge weiterer Restriktionen außerhalb der Schließungsmonate zu beachten sein. Auch diese Frage blieb in Karlsruhe unbeantwortet.

Fazit

Eine Vielzahl von Themen sind in Karlsruhe also noch nicht behandelt und gelöst worden, so dass den (Miet-)Vertragsparteien (weiterhin) zu raten ist, einvernehmliche (weitsichtige) vertragliche Lösungen zu finden, um die Herausforderungen der Zukunft meistern können.