Interview mit Frank Harting, Mitglied des Vorstands, HDI Global SE

Wie sehen Sie die derzeitige Stimmung zu Haftpflicht am Markt?
Grundsätzlich ist die Stimmung im Haftpflichtmarkt gut, wenngleich auch in dieser Sparte ein über viele Jahre „weiches“ Marktumfeld und natürlich auch das Zinsniveau Druck auf die Ergebnisse ausüben.

Differenzieren muss man dabei zwischen hoch exponierten und schadenträchtigen Risiken einerseits und gut verlaufendem Geschäft andererseits. Für Unternehmen aus exponierten Branchen, die in Hochhaftungsländern tätig sind und die ggf. auch noch einen angespannten Schadenverlauf haben, sehen wir in Deutschland eine deutliche Verhärtung des Marktes. Dies äußert sich durch Erhöhungen von Prämien und Selbstbehalten sowie durch die Verringerung von Kapazitäten im Markt.

Unternehmen, die weder hochexponiertes Geschäft betreiben noch besonders schadenauffällig sind und nur wenig in Hochhaftungsländern unterwegs sind, sind hiervon eher nicht betroffen. Dies trifft vor allem auf das typische SME-Segment zu. In diesem Segment kämpfen viele Mitbewerber um Marktanteile. Jedoch erwarten wir mit etwas zeitlichem Versatz auch Verhärtungstendenzen für dieses Marktsegment.

Wie verändert die Digitalisierung Ihr Geschäftsmodell, insbesondere Ihre Beziehung
zu Kunden?
Grundsätzlich unterscheiden wir das Thema Digitalisierung in drei Dimensionen.

Zum einen beschäftigen wir uns intensiv mit unseren internen Prozessen und IT-Systemen mit dem Ziel, Effizienz und Transparenz sicher zu stellen. Darüber hinaus arbeiten wir an der digitalen Interaktion mit unseren Kunden und Geschäftspartnern und abschließend digitalisieren sich unsere Kunden, wodurch neue oder veränderte Nachfragen nach Versicherungsschutz entstehen. Beispiele hierfür sind autonomes Fahren, Cyber Security, aber auch Risiken durch Softwareprogramme von Maschinenbauern.

Wie hat sich die Wichtigkeit von Datenanalysen zur Schadenbeurteilung in den letzten
Jahren entwickelt?
Bereits seit vielen Jahren wird die vergangenheitsbezogene Analyse von Schadendaten von Versicherungsunternehmen insbesondere dafür genutzt, Tarife und auch Wordings an Marktentwicklungen anzupassen. Dabei betrachtet man detailliert, wo die Erfahrungsdaten Auffälligkeiten für einzelne Industriezweige, Länder oder Deckungsbausteine zeigen.

Darüber hinaus analysieren wir auch risikobezogene Daten, um Entwicklungen der Zukunft früher zu erkennen und einen möglichen Einfluss auf unsere Versicherungsverträge zu antizipieren.

So nutzen wir beispielsweise für hoch exponierte Risiken sogenannte Risikotools, die mit externen Experten aus der Forschung und Lehre gemeinsam entwickelt wurden und unter anderem eine weltweite Marktbeobachtung beinhalten, mit deren Hilfe z.B. eine Häufung von Ansprüchen im Zusammenhang mit einem bestimmten Wirkstoff im Bereich pharmazeutischer Produkte sehr frühzeitig erkennbar wird. Auf Basis solcher Erkenntnisse können wir unmittelbar mit unseren Kunden in einem Risikodialog deren jeweilige Exponierung diskutieren.

Wie stellt sich der HDI hier für die Zukunft auf – strukturell oder personell?
Grundsätzlich bleiben wir ein dezentraler Versicherer, dass ist Teil unserer DNA.

Die Digitalisierung unser internen Prozesse sowie an den Interaktionspunkten mit unseren Kunden gehen wir mit neuen Arbeitsmethodiken und dedizierten internen Teams mit den dafür erforderlichen Fähigkeiten an. Zum besseren Verständnis der veränderten Anforderungen durch die Digitalisierung unser Kunden setzen wir verstärkt auf Kooperationen u.a. sind wir eine Kooperation mit NBT eingegangen und als erster Industrieversicherer der Mindsphere-Welt beigetreten. Zusätzlich haben wir in Berlin mit der HDI TH!NX eine neue Gesellschaft etabliert, um gemeinsame Innovationsinitiativen mit unseren Partnern und Kunden voranzutreiben.