Interview mit Dr. Marc Surminski (Zeitschrift für Versicherungswesen)

Vor welche Cyber-Risiken werden Versicherungsunternehmen in den nächsten Jahren gestellt?
Die Risikolage verändert sich kontinuierlich und dynamisch. Weil die Digitalisierung sich so schnell entwickelt und die technischen Sprünge so groß sind, hat die Cyber-Versicherung strukturell immer Mühe, hier mitzuhalten und die entsprechenden Schadenerfahrungen zu sammeln. Konkret sehe ich bei Cyber erhebliche Risiken im Bereich Internet of Things: Wenn irgendwann einmal unsere ganze Umwelt mit internetfähigen Sensoren bestückt ist, gibt es extrem viele Einfallstore für Manipulation und Schadsoftware.

Wie sehen Sie die derzeitige Stimmung zu Haftpflicht und D&O am Markt?
Haftpflicht ist weiter auf solidem Ertragskurs in Deutschland. Eine Markverhärtung sehe ich daher nicht. Anders sieht es in D&O aus: Hier ist die Lage unklar. Die offiziellen Marktzahlen zur Schadenbelastung sind katastrophal und schreien eigentlich nach tiefgreifender Sanierung. Als Außenstehender weiß man aber nicht, wie sich die hohen Reservierungen für D&O-Fälle langfristig auf die Ergebnissituation auswirken.

In welchem Bereich sehen Sie die größten Herausforderungen für Versicherungen in den nächsten Jahren?
Die Herausforderungen der Digitalisierung anzunehmen wird für die Branche zu einer Existenzfrage. Die industriellen Kunden sehen die Versicherungswirtschaft hier bislang im Rückstand. Neue Player bedrohen das Geschäft: Insurtechs haben mittlerweile auch in der Gewerbeversicherung Fuß gefasst; Internet-Giganten wie Amazon und Ping An könnten das Privatkundengeschäft bedrohen, wenn sie die Versicherer über die eigenen Plattformen vom direkten Kontakt mit den Kunden abschneiden

Welche anderen Branchen sollte sich die Versicherungsbranche zum Vorbild nehmen in Bezug auf Digitalisierung?
Die Banken sind in Vielem eindeutig weiter als die Versicherungswirtschaft. Das Online-Geschäft hat sie stark verändert; die meisten Anbieter haben inzwischen darauf reagiert. Das Filialsterben muss aber nicht bedeuten, dass Banking stirbt. Trotz einiger starker neuer Konkurrenten behaupten sich die Platzhirsche im Markt.